Better Things - Review
1.01 Sam/Pilot

Foto:

Ein kleines Kind schreit und tobt, suhlt sich im Weltschmerz und zieht so den Blick einer älteren Dame auf sich, die skeptisch auf die daneben sitzende Mutter schaut: Es ist ein anklagender Blick, den die Mutter ertragen muss, ein Blick welcher Antipathie und großer Skepsis am Erziehungsstil der Betreuungsperson ausdrückt. Diese reagiert darauf aber pointiert, humorvoll und direkt mit einer Frage: "You want to buy her the earrings?" Der Ton des neuen Projekts von Pamela Adlon und Louis C.K. wird hier gleich zu Beginn innerhalb einer kurzen einführenden Szene pointiert deutlich gemacht: Es geht in dieser autobiographisch-inspirierten kleinen Serie um jene von Pamela Adlon gespielte Mutter dreier junger Mädchen mit dem Namen Sam, welche die Balance zwischen der alleinigen Erziehung ihrer Töchter, dem Voranbringen ihrer Schauspielkarriere und der Gestaltung ihres Privatlebens irgendwie zusammen bringen muss.

Die Regie der Pilotfolge übernahm Adlons langjähriger Freund und Kollaboratur Louis C.K., mit dem sie schon bei der kurzlebigen HBO-Serie "Lucky Louie" und C.K.s kleiner Dramedy-Revolution "Louie" zusammenarbeitete. Das die FX-Serie "Louie" für den Stil und die Stimmung der Serie Pate stand verwundert daher nicht, auch wenn Adlon inhaltlich ihre ganz eigene Stimme im Rahmen des Genreformats einer melancholisch, leisen humrovollen Dramedy erklingen lässt. Im Vordergrund steht hier weniger ein ausgefeilter linearer Plot, sondern die Ästhetisierung teils ganz profaner alltäglicher Problemstellungen: Die zwei älteren Kinder pubertieren so vor sich hin und versuchen sich langsam von der eigenen Mutter zu emanzipieren, während die Jüngste die Nähe und Wärme der in diesen Jahren so zentralen mütterlichen Bezugsfigur noch dringend braucht. Dazu gilt es die Karriere voranzubringen, was bedeutet bei verschiedenen Vorsprechen anzutanzen, die in dem Moment sofort vorbei sind, wenn "Modern Family"-Star Julie Bowen für die präferierte Rolle vorzusprechen gedenkt. Dazu muss nebenher auch noch der wenig glamouröse Job der Synchronarbeit bei einer Zeichentrick-Serie für Kinder erledigt werden.

Externer Inhalt

An dieser Stelle ist Inhalt von einer anderen Website (z. B. YouTube, X...) eingebunden. Beim Anzeigen werden deine Daten zu der entsprechenden Website übertragen.

Externe Inhalte immer anzeigen | Weitere Informationen

Adlon, die selbst sehr aktiv in der Synchronbranche tätig ist und anderem schon bei Animationsserien wie "Phineas und Ferb" oder "Bob's Burgers" zu hören war, schöpft besonders bei den Hollywood-Showbusiness-Szenen aus ihrem umfangreichen Erfahrungsschatz, was zu allerhand bittersüßen Momenten führt, die durch Gaststars wie "UnREAL"-Star Constance Zimmer oder eben Julie Bowen noch weiter veredelt werden. Es ist bemerkenswert, wie sich aus dem Blick hinter die sonst verschlossenen Türen Hollywoods noch unterhaltsame und nicht völlig abgestanden wirkende Momente generieren lassen. Hier führen die Synergien von Adlon und C.K. zu einer authentisch und aufrichtig wirkenden Betrachtung ihres eigenen sehr speziellen Berufsstandes.

Die wirklich interessanten und der Serie ihren ganz eigenen Charme verleihenden Momente werden aber nicht aus den "Inside Hollywood"-Plots, sondern aus der Betrachtung der lebensweltlichen Anforderungen einer alleinerziehenden Mutter dreier Kinder generiert. Die nie zynische, sondern stets aufrichtige Betrachtung alltäglicher Familienarbeit, welche geprägt ist durch Phasen von Genervtheit, Anstrengung und Unverständnis, aber auch Momenten kleinen und großen Glücks, werden durch die authentisch-einfühlsame Gestaltung dieser kleinen Alltagsmomente zu etwas Besonderem. Da braucht es keine großen Schlachten und Plot-Twists im Minutentakt, sondern einfach nur eine Szene, in der Adlons Sam ihre kleine Tochter ins Bett bringt, um die größte mögliche emotionale Resonanz zu erzeugen. Auch sehr gelungen ist der spielerische Umgang mit Gegenwärtigem und Vergangenem, welcher durch die Verquickung des gegenwärtigen Plots mit vergangenen Impressionen dargestellt wird und so die Komplexität familiären Zusammenlebens sichtbar und fühlbar macht.

Die Serie "Better Things" ansehen:

Fazit

In Zeiten wo sich der Serienmarkt immer weiter ausdifferenziert, wird auch mehr Platz frei für kleine, sehr persönliche Serienprojekte, die von ganz alltäglichen Herausforderungen und Problemstellungen erzählen und hochtalentierten Geschichtenerzählerinnen wie Pamela Adlon endlich die Chance geben, sich kreativ zu verwirklichen. Das Ergebnis ist eine sehr präzise, authentische, anrührende, aber auch oft sehr witzige Reflexion der Mutterrolle in der heutigen Zeit. Wer von seinen Serien nicht nur ein schnell voranpreschendes Narrativ verlangt, sondern auch einfach das Einfangen besonderen Stimmungen und Gefühlslagen schätzt, ist hier genau richtig.

Moritz Stock - myFanbase

Zurück zur "Better Things"-Übersicht

Kommentare