Eine schrecklich nette Familie - Review
Der Titel "Eine schreckliche nette Familie" mag den meisten Zuschauern auf Anhieb nichts sagen, doch wenn der Name Al Bundy fällt, wissen gleich viele Menschen bescheid. Dieser Damenschuhverkäufer mit der herzhaften Abneigung gegen sein eigenes Leben hat sich in das Bewusstsein der Fernsehkonsumenten eingebrannt. Von meiner Mutter habe ich, als ich ein Kind war, öfter einmal die Frage "hast du wieder Al Bundy geguckt?" zu hören bekommen. Sie war nicht gerade ein Fan und ich war eigentlich noch zu jung für die Serie. Genau wie "Eine schreckliche nette Familie" in den USA nicht zuletzt deshalb erfolgreich war, weil gewisse Moralapostel gegen sie protestiert haben, war auch ich eine interessierte Zuschauerin, weil die Serie unter Eltern so verpönt war. Die Hälfte der Gags habe ich damals natürlich noch gar nicht wirklich verstanden.
Mittlerweile bin ich erwachsen, meinen Eltern ist es egal, was ich im Fernsehen gucke, und die Gags verstehe ich auch alle. Ich betrachte die Serie nun weit nüchterner. Zunächst einmal sind die Hauptcharaktere natürlich bemerkenswerte Antihelden, die viele Eigenschaften zur Schau stellen, die tief verborgen in den meisten Menschen schlummern, aber selten betont werden, wie zum Beispiel Unzufriedenheit, Faulheit, Rücksichtslosigkeit und das Gefühl, sowieso die ärmste Sau der Welt zu sein. Im Gegensatz zu vielen anderen Sitcoms bietet "Eine schreckliche nette Familie" am Ende einer Episode keine lehrreiche Abschlussmoral und auch keine Erinnerung daran, dass das Leben schön ist, sondern eher die gegenteilige Message, dass manchmal einfach alles beschissen und einige Menschen nichts anderes als Verlierer sind. Das ist eine nette Abwechslung, allerdings nutzt sich dieser Effekt mit der Zeit auch ab.
In den 260 Episoden von "Eine schreckliche nette Familie" wiederholen sich viele Gags ständig und wirken mit der Zeit recht platt. Al empfindet es als Folter mit seiner Frau schlafen zu müssen und geht lieber in die Nacktbar, Bud steht auf Gummipuppen, Marcys Weiblichkeit wird angezweifelt, übergewichtige Frauen werden beleidigt ... all diese komischen Elemente, die zumindest zu Beginn noch komisch sind, werden wie in einer Endlosschleife immer wieder abgespult. Das verliert mit der Zeit einfach an Reiz und büßt auch den provozierenden Effekt ein.
Zudem werden die prägenden Eigenschaften der Charaktere im Laufe der Zeit immer übertriebener und realitätsferner dargestellt, wie Kellys unfassbare Dummheit oder Buds totale Unfähigkeit, eine Freundin zu bekommen. Waren die Charaktere zu Beginn der Serie stellenweise noch glaubwürdig, sind sie dies zum Ende nicht mehr. Die Versuche, neue Charaktere einzuführen, wie das Pflegekind Sieben, scheiterten kläglich, so dass diese schnell wieder in der Versenkung verschwanden. Wie so viele Serien, hat es "Eine schreckliche nette Familie" verpasst, auf dem Höhepunkt zu enden, und wurde letztlich wegen stark nachlassenden Zuschauerinteresses abgesetzt.
Was das Thema Frauenfeindlichkeit angeht, die der Serie oftmals vorgeworfen wurde, sehe ich für niemanden einen Grund, sich auf den Schlips getreten zu fühlen, denn die Männer kommen auch nicht besser weg. Die drei weiblichen Hauptcharaktere sind dumm (Kelly), faul (Peggy) und zickig (Marcy), dafür sind die Männer allesamt Versager und Schlappschwänze. Die Männer werden jedenfalls nicht als den Frauen überlegen dargestellt, davon kann gar keine Rede sein. Die dennoch unvermeidlichen Proteste bestimmter Moralapostel haben die Serie erst recht populär gemacht, was wohl Fluch und Segen zugleich war, denn die Autoren scheinen sich damit dem Zwang unterworfen zu haben, die anfänglich als besonders provozierend empfundenen Elemente ständig zu wiederholen. Wie erwähnt, hat man dies wohl mindestens zwei bis drei Staffeln zu lange gemacht.
Nichtdestotrotz hat sich die Serie dank eines Antihelden wie Al Bundy und dem Entschluss, auch mal eine dysfunktionale Familie in den Fokus einer Sitcom zu stellen, ihren Platz in der Fersehgeschichte verdient.
Maret Hosemann – myFanbase
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