Galavant - Review, Staffel 1
Eine Musical-Comedy-Serie ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Die Singerei und Tanzerei auf dem kleinen Bildschirm ist hin und wieder als Event wie in Serien wie "Scrubs" oder "Buffy" ganz unterhaltsam, aber Episode für Episode dabei zuzusehen, wie der Cast bei jeder sich bietenden Gelegenheit in einen Song ausbricht, das ist ein ganz anderes Kaliber. So etwas muss man mögen. Dazu die mittelalterliche Ritter und Königs-Thematik; das könnte sicherlich den ein oder anderen Zuschauer abschrecken. Dennoch funktioniert Galavant, vielleicht gerade aus dem Grund weil es das ganze Märchen-Musical-Drama eben so genüsslich auf die Schippe nimmt und weit davon entfernt ist, sich selbst ernst zu nehmen.
"I'm not an animal. I mean sure, I'll kidnap a woman and force her to marry me. But after that, I'm all about a woman's rights. I'm a modern 13th century man"
Nach einer gerade einmal acht Episoden umfassenden ersten Staffel ist mir die Serie enorm ans Herz gewachsen. Die Geschichten sind nicht unbedingt innovativ oder besonders spannend, aber etliche Charaktere erscheinen dem Zuschauer mittlerweile so interessant, dass man definitiv wissen möchte, wie es mit ihnen weitergeht. Vor allem, der im Staffelauftakt noch recht blass gebliebene Held der Geschichte, Galavant, mausert sich innerhalb der kurzen Staffel zu einem liebenswerten, durchaus mit Fehlern behafteten Ritter, der das Herz am rechten Fleck hat und bei dem es Spaß macht, ihm bei seinen Abenteuern zu begleiten. Dass er das typische Klischee eines Helden verkörpert, ist dabei nicht besonders tragisch, da er zwischendurch immer mal wieder Momente hat, in denen er herrlich normal und unspektakulär wirkt, wie zum Beispiel als er von dem ganzen Training für einen Zweikampf plötzlich Muskelkater bekommt.
In den Schatten gestellt wird seine Figur jedoch durch zwei andere Charaktere: König Richard und dessen Berater und besten Freund Gareth. Timothy Omundson geht in seiner Rolle als König vollends auf. Man merkt, dass er Spaß daran hat, den schusseligen Herrscher zu spielen, der gerne so viel mehr wäre, als er letztendlich ist. Denn schnell wird klar, dass Richard alles andere als ein grausamer Tyrann ist. Vielmehr ist er ein liebenswert verpeilter Herrscher, der sich leider in die falsche Frau verliebt hat und der er nun alles recht machen möchte, daran jedoch aufgrund ihrer zickigen Boshaftigkeit und abgrundtiefen Gleichgültigkeit gegenüber ihrem Mann ein ums andere Mal scheitert. Omundson gehören während der ersten Staffel nicht nur meist die besten Lacher, sondern im Laufe der erzählten Geschichte auch die emotionalsten Momente und die größte Charakterentwicklung. Wirkt er zu Beginn wie der typische, ruchlose König, dem alles egal ist, solange es ihm selbst gut geht, so ist er am Ende der Staffel ein desillusionierter Mensch, der eigentlich nur von jemandem geliebt werden will und just in dem Moment, als er erkannt hat, dass er anfangen muss, für sich selbst einzustehen, entthront wird. Viel schlimmer jedoch: Er verliert nicht nur seine Frau und seine Krone, sondern fürs erste auch seinen besten Freund Gareth.
Die Freundschaft zwischen Richard und Gareth ist eines der Higlights der Staffel. Der schwache König, der von dem starken Berater an seiner Seite profitiert, bekommt eine enorme Tiefgründigkeit verliehen, je weiter die Episoden fortschreiten. Der kleine Ausflug in die Vergangenheit von Richard zeigt, dass die beiden eigentlich nur eine Zweckgemeinschaft bildeten, weil Richard alleine viel zu schwächlich gewesen wäre, um zu regieren. Doch im Laufe der Zeit entwickelte sich eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden. Gareth sorgt sich um Richard, auch wenn er dies öffentlich niemals zugeben würde.
Umso brisanter ist es, dass in der finalen Episode genau diese beiden Charaktere in einem Duell auf Leben und Tod aufeinandertreffen sollen. Man löst das Dilemma am Ende geschickt und zeigt deutlich auf, das Gareth hinter seiner harten Schale einen weichen Kern hat, den er zwar meist ganz gut zu verstecken weiß, der jedoch nicht zu verleugnen ist. Vinnie Jones in der Rolle des Gareth ist neben Omundson DIE Entdeckung in der Serie, wobei mir nicht gefällt, dass er am Ende an der Seite von Madalena endet und wohl deren neuer König werden soll.
Während die Männer in der Serie durchaus zu überzeugen wissen, wirken die Frauenfiguren ein wenig blass. Prinzessin Isabella ist in ihren Geschichten und Abenteuern an der Seite von Galavant zwar ganz süß und an den richtigen Stellen auch durchaus schlagfertig, doch im Prinzip geht es hier nur darum, Galavant eine neue Perspektive zu geben, nachdem er erkannt hat, dass seine angehimmelte Madalena nicht das ist, was er in ihr zu glauben gedacht hatte. Ihr gemeinsamer Song am Ende der Staffel, als sie und Galavant über ihre aufkeimende Liebe singen, ist zwar süß, aber ab diesem Moment hört die starke, unabhängige Isabella auf zu existieren und sie mutiert zu einer typischen Märchenprinzessin, die auf die Rettung durch ihren Geliebten hofft. Hatte man dieses Klischee zu Beginn der Serie hervorragend umschifft, ist es umso ärgerlicher, dass man das ganze "Jungfrau in Not"-Drama hier wieder einführt.
Mir gefällt Isabella nämlich immer dann gut, wenn sie Galavant auf den Boden der Tatsachen zurückholt und sie stark und furchtlos ist. Als sie sich am Ende jedoch wie ein braves Mäuschen in einen pinken Kerker sperren lässt und dort geduldig auf ihren Ritter Galavant hofft, der zu ihrer Rettung eilen soll, da komme ich um ein kleines Stirnrunzeln nicht herum. Es wirkt an dieser Stelle alles etwas überhastet, so als hätte man hier unbedingt noch etwas Dramatik in die Geschichte bringen wollen. Doch pfeift man leider hier vollkommen auf Kohärenz was ihren Charakter betrifft und lässt sie sich bereitwillig in ihr Schicksal fügen, ohne sich zu wehren. Gegen ihren Cousin, der gerade mal um die zehn oder elf Jahre alt ist. Das wirkt komplett "out-of-character+ in diesem Moment und stört im Finale ungemein.
Auch der zweite weibliche Hauptcharakter, Madalena, ist nicht sonderlich vielschichtig. Sie ist eine biestige Zicke, die machthungrig, manipulativ und egozentrisch ist, aber das war sie bereits nach der ersten Episode. Es findet hier keinerlei Veränderung statt. Sie ist der ultimative Bösewicht der Serie und es fällt schwer, sich auch nur annähernd irgendwie mit ihr zu identifizieren. Hier fehlt mir ein wenig der Einblick in ihre Beweggründe und der ihr Wesen an sich – wie ist sie zu dieser Frau geworden, der alles egal ist, solange sie nur oben auf schwimmt. Gerade in ihrem Aufeinandertreffen mit Galvant hätte ich erwartet, dass wenigstens ein klein wenig von der Liebe, die in den ersten Minuten der Serie thematisiert wurde, wieder aufflammt, doch ihr Herz ist so kalt, dass man kaum glauben mag, dass sie wirklich auch nur eine Sekunde in ihrem alten Leben glücklich gewesen sein konnte. Hier hätte ich mir durchaus ein wenig mehr erhofft, als ihr ständig dabei zuzusehen, wie sie die Augen rollt und mit dem Hofnarren ins Bett hüpft.
Leider bleibt auch der Rest des Casts recht blass. Der im Piloten eingeführte Koch ist der einzige, der ein wenig an Bedeutung gewinnt, doch so recht will weder seine Freundschaft mit dem König, noch die aufkeimende Romanze mit der Zofe Gwynne nicht in Gang kommen. Auch Galavants Knappe Sid bekommt zwar seine eigene Episode, doch auch hier ist angesichts der recht kurzen Staffel keine Zeit, seinen Charakter richtig kennen zu lernen.
"And now, like every great king that has come before us, we shall choose a champion to fight in our stead while we watch from a safe distance while sloppily eating over-sized turkey legs."
Größtes Manko ist bei der Serie leider die erzählte Geschichte. Während sich in der ersten Episode vor allem in den ersten 5 Minuten die Ereignisse quasi überschlagen, passiert in den einzelnen Episoden oft rein gar nichts, das etwas an der Grundsituation ändert oder neue Impulse gibt. Klar, hin und wieder gibt man den Charakteren Zeit und Gelegenheit, sie (etwas) tiefer zu ergründen, aber an der Grundsituation ändert sich eben gar nichts.
Der Ausflug in Sids Heimatdorf beispielsweise ist eher langweilig, als witzig und auch der Besuch in dem Kloster zieht sich in die Länge und dient in erster Linie eigentlich nur, um Isabella ein schlechtes Gewissen zu machen, dass sie Galavant hintergeht und dem König ausliefert. Richtig spannend wird es an keiner Stelle, aber das ist wohl auch nicht die Intention der Serienmacher. Stattdessen konzentriert man sich oft auf die Skurrilität der Ereignisse, in die unsere Helden geraten. So treffen sie auf ihrem Weg zum Schloss von Isabella unter anderem auf gestrandete Piraten, die sich darum zanken, wie sie ihr Schiff wieder zur See bringen könnten, sich in der Zwischenzeit, weil sie sich nicht einigen können, allerdings eher dem Gärtnern widmen. Der Song herzu ist zwar grandios, aber unglaublich irrelevant, denn sie verschwinden nach einer Episode einfach wieder in der Versenkung. (Ja, am Ende tauchen sie ganz kurz nochmal auf, aber hier hat niemand auch nur ein Wort Dialog!)
Solche Geschichten gibt es Zuhauf bei "Galavant". Es sind hier vor allem die Gastdarsteller, die einem Leid tun können, denn sie haben ihren kurzen Auftritt, um dann wieder in der Versenkung zu verschwinden. Große Namen wie Hugh Bonneville, Ricky Gervais oder auch John Stamos verlieren dadurch an Bedeutung, denn sie werden zu kleinen Staffagen degradiert und hätten gut durch jeden x-beliebigen Schauspieler ersetzt werden können. Auch Rutger Hauer als Richards Bruder ist komplett unterfordert und gerade als es interessant wird und er nicht einfach nur dazu dient, Richard auf den Zeiger zu gehen, wird er von Madalena niedergestreckt. Warum sie ihn gebraucht hat, um Richard loszuwerden, bleibt mir zu diesem Zeitpunkt ein Rätsel.
Ein großes Problem zum Ende hin werden leider auch die Songs. Nicht ein einziges Lied reicht auch nur an die Sogkraft des Titelliedes "Galvant", das sich in der ersten Folge zu einem wahren Ohrwurm gemausert hatte, heran. Klar, Song wie "Lords of the Sea“ oder "We're off on a secret mission... but first another drink!" sind zum Brüllen komisch und sprühen vor Wortwitz, doch leider bringen sie die Geschichte keinen Deut nach vorne. Ich rufe hier gerne immer wieder gerne "Once More, With Feeling" von "Buffy" in Erinnerung, in der die Songs einem Zweck dienten und nicht nur schön oder lustig anzuhören waren, sondern auch der Geschichte einen neuen Impuls verliehen haben. Das fehlt bei "Galavant" gänzlich und es scheint auch so, als wüssten die Autoren dies auch selbst. In der Episode vor dem Finale, als Galavant andauernd unterbrochen wird, als er über seine Chance, ein Held zu sein, singen will, knüppelt ihn irgendwann der Bruder des Königs mit dem Worten "Sorry. That was annoying." nieder. Er sprach mir an dieser Stelle wirklich aus der Seele.
"Our season ends right there With questions everywhere Like will the princess waste her whole life waiting? Will Gareth and the Queen rule the entire scene? Will all this singing kill our Nielsen ratings? Sid, the peasants, the entire crew... Will they be back for season two? Who knows? But if there are more shows then off our hero goes and so the legend grows... The legend known as Galavant."
Das klingt jetzt alles furchtbar negativ und ein bisschen auch so, als könne man an "Galavant" keinen Spaß finden. So ist es sicherlich nicht. Man muss Abstriche machen, sowohl bei den Charakteren, wie auch bei den Geschichten, aber dennoch hat mich die Staffel durchweg gut unterhalten. Man darf eben nur nicht allzu genau hinsehen. Die Serie nimmt sich selten wirklich ernst und das ist wahrscheinlich ihr größter Pluspunkt. Es geht einzig und alleine darum, zwanzig Minuten pro Episode Spaß zu haben, ein wenig zu singen und zu tanzen und verrückte Sachen anzustellen.
Wen kümmert es da schon, dass nicht alles logisch ist, Witze teilweise auch Rohrkrepierer sind oder Charaktere ganz plötzlich vollkommen anders agieren, als in den Episoden zuvor. Es geht in "Galavant" darum, zu unterhalten. Und trotz einiger teils eklatanter Schwächen gelingt es den Serienmachern, die Zuschauer bei Laune zu halten. Bestes Beispiel ist in dem eher langweiligen Finale von Staffel eins beispielsweise Richards Wiegenlied über die Freundschaft, die einem fast schon ein Tränchen ins Auge treibt oder der Moment, in dem klar wird, dass Gareth trotz aller Beteuerung durchaus Richard als Freund sieht und Galavant androht, ihn zu jagen und zu töten, sollte er es zulassen, dass Richard auf ihrer Flucht vor Kingsley und Madalena etwas geschieht. So etwas lässt viele Dinge, die nicht sonderlich gut funktioniert haben, vergessen.
Als dann auch noch Jester, der Hofnarr, anfängt, in seinem Finalsong darüber zu sinnieren, ob es vielleicht eine zweit Staffel gibt oder die Serie hier mit den vielen offenen Handlungssträngen endet, da bekommt man unweigerlich Lust darauf, erneut in die Welt von Galavant einzutauchen. Sie war gewiss nicht perfekt, stellenweise sogar dumm (die "deine Mama“-Witze aus Episode #1.02) und völlig uninteressant (die singenden Mönche von Valencia), aber man hatte die meiste Zeit Spaß mit den Charakteren.
Die Aussicht auf eine Buddy-Comedy zwischen Galavant und Richard könnte mich angesichts des großartigen Zusammenwirkens in dem "secret Mission"-Song durchaus wieder dazu bewegen, einzuschalten. Ob es denn wirklich zu einer zweiten Staffel reicht, muss man sehen. Wäre Galavant hier an dieser Stelle beendet, wäre es jedoch auch zu verschmerzen, auch trotz der vielen offen gebliebenen Geschichten.
Melanie Wolff - myFanbase
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