Galavant - Review, Staffel 2

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Aufgrund des fiesen Cliffhangers in der finalen Episode der ersten Staffel kommt man nicht umher, sich zu fragen, was die Serienmacher damit bezwecken wollten. Ging man fest davon aus, dass "Galavant" eine zweite Staffel erhalten würde oder versuchte man, das Network zu überzeugen, dass man aufgrund des offenen Endes unbedingt eine zweite Runde brauchte? Angesichts der Quoten dürfte jedoch niemand ernsthaft damit gerechnet haben, dass die Musical-Comedy-Serie überhaupt Chancen auf eine Verlängerung hat. Umso überraschter war es, dass ABC bei den Upfronts tatsächlich grünes Licht für eine zweite Staffel gab. Für die Serienmacher war es ein gefundenes Fressen, die gleich mal die erste Episode "Suck it, Cancellation Bear" nannten und sich fünf Minuten lang darüber amüsierten, dass sie tatsächlich weitermachen dürfen.

"f I'm just a jolly nothing
What am I supposed to do?
I don't have a skill, no niche to fill
No one to come home to"


Tatsächlich hat man sich einiger Kritikpunkte an der ersten Staffel angenommen und eine wirklich tolle, witzige und spannende zweite Runde geliefert. Wie sich bereits im letzten Jahr schnell herauskristallisierte, war Timothy Omundson der heimliche Star der Serie. Sein König Richard zählte für mich persönlich zu den besten Charakteren der vergangenen Season, da er liebenswert verschusselt, menschlich und gnadenlos witzig zugleich war. Das ändert sich auch in Staffel zwei nicht. Man gibt Richard jedoch auch genügend Spielraum, um weiter zu wachsen, von einer reinen Karikatur zu einem empathischen Herrscher zu avancieren, mit dem man jede Sekunde mitfiebert, den man bemitleidet und dem man nichts sehnlicher als ein Happy End wünscht. Timothy Omundson ist einmal mehr der "moste valuable player" der Season, auch wenn die anderen Charaktere allesamt wesentlich mehr Farbe bekommen.

So verzichtet man im großen und ganzen auf starke Einzelepisoden, sondern konzentriert sich auf eine fortlaufende Geschichte, die in einem großen Finale gipfeln wird. Der Weg dorthin ist amüsant und bietet jedem einzelnen Darsteller Raum sich zu entfalten. Galavant selbst ist dabei derjenige, der sich am wenigsten weiterentwickelt und hin und wieder sogar von anderen Charakteren so stark an den Rand gedrängt wird, dass es fast schon ein wenig ärgerlich ist. Gerade seine Szenen mit Richard jedoch, in denen die beiden unfreiwilligen Weggefährten sich allmählich annähern und zu etwas wie Freunden werden, trösten darüber hinweg, das die Liebesgeschichte zwischen Isabella und Galavant leider so gar nicht richtig aus den Puschen kommen mag.

Das mag eventuell daran liegen, dass das Pärchen über weite Strecken der zweiten Staffel kaum eine gemeinsame Szene hat. Der Funke mag einfach nicht so recht auf das Publikum überspringen, was man aber auch seitens der Autoren anscheinend merkt, weswegen man beide ernsthaft darüber sinnieren lässt, ob der einzige Kuss, den sie vor ihrer Trennung teilten, tatsächlich ein Kuss wahrer Liebe war oder ob man sich von dem Augenblick hat mitreißen lassen und alles in Wirklichkeit viel kühler und nüchterner gesehen werden muss. Galavant und Isabella sind also nicht das typische Märchenpaar, sondern plagen sich mit Selbstzweifeln und Unsicherheiten herum, die sie am Ende jedoch in einem schönen Moment beiseite räumen können, um auf ihr persönliches Happy End hinzusteuern.

Es ist ein anderes Paar, das dieses Mal zu überzeugen weiß und das hätte man so nicht wirklich erwarten können… Maddalena und ihr neuer "König" Gareth bilden das zentrale Paar der zweiten Staffel. Ohne es wirklich zu wollen, nähern sich die beiden im Laufe der Staffel an, entdecken Gemeinsamkeiten und beginnen damit, sich einander zu öffnen. Das verleiht Maddalena zwischenzeitlich fast etwas Menschliches, auch wenn sie weiterhin als despotische Tyrannin porträtiert wird, der eigentlich nichts wichtiger ist, als sie selbst. Die zaghaften Annäherungsversuche der beiden, die alles andere als romantisch sind, dafür jedoch aufrichtig und ehrlich, sind wirklich nett anzusehen. Ohne dass sich groß der Charakter der beiden verändert, gibt es beiden Protagonisten Raum zu entfalten und über ihre Stereotypen hinaus zu wachsen. Ihre Duette sind herzerfrischend, und ihre beider Szenen unglaublich witzig zugleich. Vinnie Jones macht eine unglaublich gute Figur als brummender Möchtegernsänger und zeigt, was Gareth schon in der ersten Staffel ausgemacht hat – er ist ein harter Kerl mit einem weichen Kern, der zwar gerne mal draufhaut, aber sein Herz am rechten Fleck hat, solange man ihn jedenfalls nicht auf den Keks geht.

Wer leider vollkommen fehl am Platz ist, ist das Pärchen Gwynne und Chefkoch, die Mitte der Staffel mal eben komplett verschwinden, weil wohl auch die Autoren erkannt haben, dass sich all ihre Geschichten eigentlich immer nur darum drehen, dass sie arm sind und kurz vor dem Hungertod stehen. Und so vermisst man die beiden nicht wirklich, als sie beschließen, unterzutauchen.

"If I am feeling
Some stupid feeling
Why can't it just go away?
Why do all of these feelings have to start?
Tearing at my armor plated heart
What if, god forbid, they're here to stay?
How can I unfeel the way I feel today?"


Die Geschichten, die in der zweiten Staffel erzählt werden, verbinden sich am Ende zu einem großen Ganzen, was der Serie merklich gut tut. Es geht nicht mehr nur darum, einzelne Songs aneinander zu reihen, sondern die Lieder dienen dazu, den Charakteren mehr Tiefgang zu verleihen und sie letztendlich alle auf ein Ziel hinarbeiten zu lassen. Viele kleine Einzelgeschichten münden in ein großes, spektakuläres Finale mit einem Ausgang der zu erwarten war und tollen Momenten zwischen dem Ensemble.

Allen voran die persönliche Reise von Richard, der erkennen muss, dass er ein mickriger König ist, der sein Volk weder kennt, noch von diesem respektiert worden ist, ist wohl die interessanteste Geschichte. Nach einem Bad im Selbstmitleid entdeckt er jedoch, dass er sich nur zusammenreißen braucht, um am Ende über sich hinaus zu wachsen und den "Big Bad" dieser Staffel (einen herrlich skurrilen Hochzeitsplaner/Despoten) auszuschalten. Während er langsam aber sicher sein Selbstvertrauen entdeckt, findet er gleichzeitig in einer alten Freundin eine aufkeimende Liebe. Richard und Roberta sind ein wirklich niedliches Paar, gerade weil Richard noch so viel von einem unerfahrenen und unsicheren Kind in sich trägt. Roberta mag keine wirklich zentrale Rolle in den Geschichten einnehmen, sie ist es jedoch, die Richard aus seinem Schneckenhaus befreit und ihn am Ende zu einem Mann werden lässt, der zum ersten Mal seit seiner Kindheit auf eigenen Beinen steht. Und so freut es doch, dass die beiden am Ende ebenfalls auf ein Happy End zusteuern.

Am vielversprechendsten war am Ende der ersten Staffel wohl die angedeutete Buddy-Comedy zwischen Richard und Galavant und auch wenn es nicht unbedingt so geworden ist, wie man es sich vorstellte, so harmonierten die beiden doch hervorragend. Richard ging Galavant gehörig auf die Nerven, doch letzterer schaffte es nicht, seinen einstigen Widersacher wirklich sich selbst zu überlassen, auch wenn er ihn hin und wieder gerne eins über die Rübe gezogen hätte. Die Zweckgemeinschaft endet zwar nicht in einer richtigen Freundschaft, aber immerhin muss Galavant erkennen, dass Richard trotz seiner vielen Fehler jemand ist, der Loyalität hochhält und ihn auch dann nicht im Stich lässt, als er beschließt, in den Krieg zu ziehen. Seite an Seite kämpfen die beiden am Ende in einer fast schon epischen Schlacht (in der sogar eine Zombiearmee mit von der Partie ist) und beweisen sich so gegenseitigen Respekt, auch wenn sie zuvor nicht immer einer Meinung und aneinander geraten waren.

"Gosh! So much to dump upon your doormat
In our half-hour sitcom format
Still There's plot holes we must fill
And though I doubt we will
We're gonna try on Galavant! "


Wenn man sich mit "Galavant" beschäftigt, dann sind die Songs ein unglaublich wichtiges Mittel, die Geschichte nach vorne zu bringen. Gab es in der ersten Staffel noch viele Einzelperformances, die zwar witzig waren (man erinnere sich nur an das Piratenlied), so dienen viele der Songs in der zweiten Staffel doch dazu, Charakterarbeit zu betreiben. "If I was a Jolly Blacksmith" und "My Dragon Pal and Me" sind hervorragende Musicalnummern, die einen tollen Einblick in das Seelenleben von Richard erlauben, "What am I Feeling" lässt Maddalena zum ersten Mal verletzlich und menschlich wirken und "Worlds Best Kiss" zeigt unverblümt die Unsicherheit zwischen Galavant und Isabella, die nach nur einem Kuss nicht wissen, wo sie eigentlich stehen. Die Songs sind dabei weniger witzig als tiefgründig und heben sich gerade daher von den anderen ab. Natürlich gibt es auch einfach nur Gute-Laune-Stücke wie etwa "Off with his Shirt", in der niemand geringeres als Kylie Minogue ihr Gesangstalent zum Besten gibt. Doch es sind die leisen Nummern, die zu überzeugen wissen.

Was den Autoren und Komponisten jedoch dieses Mal nicht gelingt ist ein grandioser Ohrwurm wie der "Galavant"-Theme-Song aus dem letzten Jahr, was allerdings nicht weiter schlimm ist. Der Song zu Beginn der Staffel oder auch der Abschluss-Song, in dem man wieder mal die Frage stellt, ob der Sender sich traut, auch eine dritte Staffel in Auftrag zu geben, sind gnadenlos witzig, weil man sich selbst klar ist, dass die ganze Staffel einfach nur darauf beruht, dass man irgendwo in den Reihen der Senderverantwortlichen jemandes Herz berührt hat und so kostensparend produziert hat, dass der Sender grünes Licht für zehn weitere Episoden gegeben hat.

Richtig genial ist auch die "was bisher geschah"-Zusammenfassung des Hofnarren zu Beginn der vorletzten Episode, in der endlich mal wieder der "Galavant"-Theme aufgegriffen wird und binnen zwei Minuten die gesamte Geschichte der zweiten Staffel rekapituliert wird, so dass man gewillt ist, am Ende gemeinsam mit dem versammelten Cast Beifall zu klatschen.

Fazit

War die erste Staffel noch geprägt durch klasse Einzelleistungen und eine herrliche Portion Spaß, so glänzt die zweite mit tollen Charaktermomenten, einer nachvollziehbaren und sich toll entwickelnden Geschichte. Kurz gesagt: "Galavant" avanciert vom reinen Spaß zur ernstzunehmenden Comedyserie, in der es alles gibt, was das Herz begehrt. Und wenn ABC ein Herz für die Zuschauer hat, so verlängert man diese Serienperle für eine dritte Runde, denn wie die singenden Mönche ja so schön zum besten gaben: "There's not much left to tell, and hey, that's just as well, Unless we get one more surprise renewal Now We'll prob'ly have to go and get work On some cheap-ass cable network, But-The door is not quite shut!". Man hat noch einige Asse im Ärmel, auch wenn der Cliffhanger in dieser Staffel zu verkraften ist und die meisten Charaktere doch am Ende ein Happy End bekommen.

Melanie Wolff - myFanbase

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