House of Lies - Review des Piloten
"House of Lies" ist die neue Single-Kamera-Comedy-Serie des amerikanischen Kabelsenders Showtime und dreht sich im Kern um eine Gruppe von gewieften Unternehmensberatern, welche sich ständig mit moralisch äußerst fragwürdigen Entscheidungen konfrontiert sehen. Die Serie basiert auf den Erfahrungen des Unternehmensberaters Martin Kihn, der seine Erlebnisse in der Welt der Unternehmungsberatung literarisch verarbeitet hat. Die Hauptrollen sind mit Serienstarlet Kristen Bell und Hollywoodstar Don Cheadle prominent besetzt. Die erste Staffel umfasst insgesamt zwölf Folgen und läuft immer am Sonntagabend zusammen mit der fünften Staffel "Californication".
© Paramount Pictures
Allein die Besetzung dieser neuen Showtime-Comedy-Serie sorgte für Aufsehen: Kristen Bell, die durch Serien, wie "Veronica Mars" und "Heroes" zur Königin der Seriennerds aufgestiegen ist und der sonst auf der großen Leinwand beheimatete Charaktermime Don Cheadle übernehmen die Hauptrollen in dieser zynischen, satirisch angehauchten Mischung aus "Californication" und "Boston Legal". Es geht hier zwar nicht um spitzfindige Anwälte sondern um gnadenlose Unternehmensberater, dennoch lassen sich durchaus Ähnlichkeiten zur Anwaltsserie von David E. Kelley finden. Besonders die Art des Humors ist ähnlich angelegt, wobei es bei "House of Lies" wesentlich deftiger und direkter zugeht. Deftiger und direkter sind auch die Sex-Szenen, die in ihrer Häufigkeit und Direktheit durchaus den sexuellen Eskapaden in "Californication" Konkurrenz machen können.
Aber was hat der Pilot, außer zahlreichen Sex-Szenen und der inflationären Benutzung des F-Worts noch zu bieten? Zum einen natürlich die zentrale Hauptfigur Marty, die von Don Cheadle mit einer ungeheuren charismatischen Selbstsicherheit gespielt wird und den Piloten fast vollständig dominiert. Es macht Spaß, Marty bei seinen sexuellen Ausschweifungen und unternehmerischen Tricks zuzusehen. Positiv zu sehen ist auch die Idee, die vierte Wand an manchen Stellen aufzubrechen und Marty direkt zum Zuschauer sprechen zu lassen. Dies geschieht immer dann, wenn bestimmte Details aus der Welt der Unternehmungsberatung erklärungsbedürftig werden. So behält der Zuschauer den Überblick über die recht komplizierten Details dieser eigenwilligen Jobbranche.
© Paramount Pictures
Die Figur des Marty kann im Piloten definitiv als Stärke gewertet werden, diese Stärke kann aber auch schnell zur Schwäche werden, denn die angedeutete Charakterzeichnung wirkt schon im Piloten arg schablonenhaft: Hier haben wir es wieder mit einem vordergründig selbstsicheren intelligenten Lebemann zu tun, der im Innern jedoch von Selbstzweifeln geplagt ist und versucht, seine eigene Unsicherheit zu kaschieren. Hier ähnelt die Figur dann doch sehr Hank Moody aus in Showtimes-Erfolgsserie "Californication". Die Jobbranche ist zwar eine gänzlich andere, die Art von Charatertyp bleibt gleich, inklusive Ex-Frau, von der beide einfach nicht loszukommen scheinen, wenn Martys Ex-Frau auch von einem ganz anderen Kaliber ist, als die herzensgute Karen.
Die Dominanz von Cheadles Charakter Marty führt zwangsläufig dazu, dass die anderen Charaktere ein wenig untergehen. Am ehesten hinterlässt noch Kristen Bells Charakter Jeanie Van Der Hooven einen bleibenden Eindruck, die vor allem in den Wortduellen mit Marty zu Hochform aufläuft. Die Tatsache, dass Jeanie über ein psychologisches Grundwissen verfügt und Marty so permanent hinterfragt, tut der Figurendynamik unheimlich gut und sorgt wohl für die stärksten Momente dieses Serienauftaktes. Die anderen beiden Mitglieder von Martys Team Josh und Ben bleiben leider komplett farblos und kommen über vereinzelte, belanglose kurze Dialogpassagen nicht hinaus. Bei einer recht großen Anzahl von Figuren, zu denen sich noch Martys Vater, sein Sohn und seine Ex-Frau, die gleichzeitig für die erfolgreichste Unternehmensberatung Amerikas arbeitet und somit zu Marty in Konkurrenz tritt, gesellen, müssen in einem halbstündigen Piloten verständlicherweise Abstriche gemacht werden.
Da es sich bei "House of Lies" um eine Comedy-Serie handelt, muss natürlich auch noch im Einzelnen auf den Humor eingegangen werden, der sich meist aus einfacher Situationskomik speist. Das führt zu vereinzelten ganz netten Momenten, wie der Auftakts-Schlafzimmer-Szene oder der im Restaurant, die wirklich großen Lacher bleiben aber leider aus. Da war der Auftakt von "Californication" doch noch ein ganzes Stückchen anarchischer. Ein weiterer Kritikpunkt ist auch der Hauptplot an sich, bei dem nie wirklich richtige Spannung aufgebaut wird, da einem ein aus dem Leid anderer profitierendes großkapitalistisches Unternehmen wirklich komplett egal ist und die satirische Überspitzung doch ein wenig lasch ausfällt. Gerade die Grundprämisse könnte auch zum Stolperstein werden, da es für den Zuschauer äußerst schwer sein wird, mit Unternehmensberatern zu sympathisieren, die wohl fast ausnahmslos moralisch-fragwürdige Firmen vertreten. Hier muss das Identifikationspotenzial über die Charaktere kommen, ein nicht ganz leichtes Unterfangen, dem die Serie sich stellen muss. Die Wahl der Grundsympathischen Kristen Bell als weibliche Hauptfigur ist da aber durchaus ein guter Anfang.
Fazit
Der Pilot von "House of Lies" hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Die grandiose Performance Don Cheadles wertet den Piloten merklich auf, auch wenn seine Figur schnell Gefahr laufen könnte den typischen "Harte Schale – Weicher Kern"-Klischees zu entsprechen. Bis auf Kristen Bell verstehen es jedoch die anderen Darsteller nicht wirklich, Akzente zu setzten, und der Fall der Woche überzeugt auch nur marginal, wobei das Setting durchaus Potenzial für satirisch überhöhte Gesellschaftskritik bietet. Das Motto für die Zukunft sollte also lauten: Weniger sexuelle Eskapaden, mehr Charakterarbeit und tiefergehende Gesellschaftskritik.
Moritz Stock - myFanbase
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