Interview mit Annabelle Wallis

Annabelle Wallis spielt Jane Seymour, eine der Ehefrauen Henry VIII, in der historischen Dramaserie "The Tudors". Annabelle erzählt uns, wie sie den Charakter der kurzzeitigen englischen Königin einschätzt, wie es war, in den opulenten Kostümen zu spielen, und sie gibt auch eine witzige Anekdote von der Zusammenarbeit mit Hauptdarsteller Jonathan Rhys Meyers zum Besten.

Das Originalinterview steht euch wie immer auch zur Verfügung.

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1. Was war der schönste Moment deiner Kindheit?

Das gibt es so viele. Strandpicknicks mit all meinen Freunden aus Kindertagen, Musik und Tanzen im Garten, Reisen nach Afrika.

2. Wann und warum hast du dich entschieden, Schauspielerin zu werden?

Als Kind wurde ich immer ermuntert zu entdecken, was mir wirklich wichtig ist. Meine Eltern haben mich in allem unterstützt, was ich gern machen wollte. So haben sie mir Selbstvertrauen gegeben, daran zu glauben, dass alles möglich ist. Ich war schon immer theatralisch, aber auch unglaublich schüchtern beim Aufwachsen. Für mich hat Schauspielen viel mit persönlicher Erfahrung, Weisheit und dem Bewusstsein seiner selbst und anderen zu tun. Ich habe immer gewusst, dass ich schauspielen möchte, aber es zuzugeben und auch zu machen, braucht seine Zeit. Ich war ungefähr 13/14, bis ich zuversichtlich genug war, mich um Auftritte zu bemühen.

3. Du hast Jane Seymour in "The Tudors" gespielt. Wie war es, für diese Rolle vorzusprechen?

Ich hatte vom Konzept der "Tudors" gehört und gedacht, es ist eine gute Idee, aber auch ein großes Risiko, ein historisches TV-Drama zu machen, welches nicht nur eine kleine Nische anspricht (wie es meist bei historischen Sendungen der Fall ist), sondern ein Massenpublikum. Ich war begeistert von Michael Hirsts Drehbüchern. Michael ist in der Lage, geschichtliche Ereignise aktuell und zugänglich zu gestalten, während er sich gleichzeitig an die Fakten hält. Er brachte zusätzlich Glamour und modernen Sex Appeal in seine Drehbücher. Nachdem ich eine Episode gelesen hatte, war ich am Haken. Sie baten mich, für Jane vorzusprechen, und ich ging hin so klassisch aussehend, wie ich konnte. Ich erinnere mich, dass ich nach aller Recherche für das Vorsprechen Jane so liebenswürdig wie möglich spielen wollte. Jane war Henrys große Liebe, eine ehrliche und ehrenwerte Frau. Beim Vorsprechen kannst du dich der "Wahrheit" nur nähern und die Darstellung natürlich halten. Das hab ich getan.

4. Warst du speziell daran interessiert, eine historische Figur zu spielen?

Historische Figuren sind immer eine interessante Herausforderung. Auf der einen Seite hat man all die Literatur zum Recherchieren und eine Idee davon zu bekommen, wie der Charakter, den man spielen soll, war: als Mensch, als Monarch, als Liebhaber, als Freund. Aber in unserer Zeit ist soviel Information erhältlich, dass es zu einer Herausforderung wird, zu wissen, welcher Quelle zu deinem Charakter du trauen kannst. Eine Königing zu spielen, ist natürlich eine Ehre, aber es entsteht auch großer Druck, es richtig zu machen. Historische Stücke sind unglaublich reich an Dialog und Kostümen. "The Tudors" ist so opulent und bildlich beeindruckend; es war ein Traumset. Ich liebe Geschichte, und daher ist das Spielen eines historischen Charakters immer etwas, das mich interessiert.

5. In deiner Darstellung wirkt Jane Seymour wie eine sehr großzügige, liebenswerte und gütige Frau. Glaubst du, sie wäre eine gute Königin neben Henry VIII gewesen, wenn sie länger gelebt hätte?

Ich glaube, Jane wäre eine wundervolle Herrscherin gewesen. Sie war sehr intelligent darin, wie sie mit ihrer Position umgegangen ist. Sie war, was ich gerne einen "ruhigen Sturm" nenne. Sie wusste, dass es sie in eine sehr mächtige Position versetzte, diejenige zu sein, die Henry liebte und der er vertraute. Dennoch fällte sie jede durchdachte Entscheidung im Hinblick auf ihren Glauben und die Wiederzusammenführung Henrys mit seinen Töchtern Mary und Elizabeth, welche die Monarchie und Henry selbst bei seinen Untertanen wieder in ein besseres Licht rückte. Ich glaube, sie liebte Henry wirklich und sie wäre eine gute Stimme der vernunft gewesen. Ich denke, sein Herz war ehrlich gebrochen, als sie starb. So ein trauriges Ende.

6. Es muss schwer gewesen sein, einen Mann wie Henry VIII zu lieben. Sie hat sogar seine Untreue verständnisvoll hingenommen. Kannst du ihr Verhalten nachvollziehen?

Viele Leute fragen mich, wie sie mit seiner Untreue zurecht gekommen ist. Was die meisten Leute nicht wissen, ist, dass es zu Zeiten der Tudors üblich für verheiratete Männer war, sich Geliebte zuzulegen. Es war die Gewohnheit von reichen und angesehenen Männern, Affären zu haben. Als Frau, die ihren Mann wirklich liebt, wie Jane Henry geliebt hat, war das natürlich hart. Ich glaube, Jane war in der Lage, eine sanftere Seite Henrys zu Tage zu bringen. Das Publikum hat so die Möglichkeit, Henry als Menschen mit einer sanfteren Seite zu sehen, der mehr Mitgefühl zeigt.

Ein Mann mit so viel Macht trifft leicht schlechte Entscheidungen, und es sind immer die schlechte Entscheidungen, über die historische Figuren definiert werden. In den Episoden mit Jane wird dem Publikum erlaubt, etwas mehr mit Henry mitzufühlen und mehr den Menschen zu sehen, als den Tyrannen, als der er bekannt ist. Die Art, wie Johnny (Jonathan Rhys Meyers) ihn gespielt hat, war wundervoll, und falls Henry dem irgendwie ähnlich war, zärtlich und sanft mit der Einen, die er liebte, wie kann das weibliche Herz dann anders? Wenn ein mächtiger Mann sich öffnet, nur um dich allein zu lieben. Man kann nicht beeinflussen, wen man liebt, aber wenn Henry eine Frau wollte, dann hatte er sie. Ich bezweifle, dass sie eine andere Wahl hatte!

7. Wie war es am Set mit all den historischen Kostümen, Kulissen und Pferden? Fühltest du dich, als wärest du in der Zeit zurückgereist?

Die Kostüme bei "The Tudors" waren nicht von dieser Welt. Für einen Schauspieler ist das Kostüm ein großer Teil des in den Charakter Schlüpfens, und durch ein geschichtliches Set verändert sich alles... auch deine Haltung aufgrund des Korsetts und dem Gewicht der Kleidung. Die Arbeit mit den Pferden war großartig, aber der Versuch, mit dem vierlagigen Königinnengewand, einem deckenartigen Unterrock plus einem Pelzmantel auf ein Pferd aufzusteigen, war so gut wie unmöglich!! Ich hätte genauso gut eine Person auf dem Rücken tragen können!!

Man fühlt sich, als wäre man in der Zeit zurückgereist. Wir drehten die Szenen bei Hofe, und man schaute sich im Raum um und sah alle seine Freunde in zeitgemäßen Kostümen und lachte! Es ist, als spielte man als Erwachsene Verkleiden.

8. Kannst du dir vorstellen, bei Hofe zu leben? Niemals allein zu sein, immer umgeben von Kammerzofen und den Intrigen der Höflinge und Emporkömmlinge.

Bei Hofe zu leben, wäre wie das Leben in einem Dorf, wo jeder weiß, was du machst. Ich weiß nicht, ob das was für mich wäre, allerdings hat mir auch noch kein Prinz einen Antrag gemacht... vielleicht würde mich das ins Schwanken bringen. Je mächtiger du bei Hofe wurdest, desto mehr musstest du auf dich selber aufpassen. In einer Zeit, als du nach deinem Glauben und deiner moralischen Einstellung gelebt hast und auch dafür gestorben bist, konnten dich Gerüchte dein Leben kosten. Man wundert sich manchmal, wie Herrscher zu solchen Tyrannen wurden, und natürlich ist jedes Handeln, dass anderen Schmerzen zufügt, unentschuldbar. Aber wenn man von lauter Höflingen, Zofen, Knechten und Adligen umgeben ist, die alle auf Abruf zur Verfügung stehen, kann man sich schon vorstellen, dass es leicht ist, frustriert oder verdorben zu werden. Mir kommt es so vor, als sei der Hof eine Brutstätte für Schleimer und Emporkömmlinge, die dich aus dem Weg haben wollen. Sollte der Prinz mir doch noch einen Antrag machen, werde ich es mir wohl gründlich überlegen müssen ;)

9. Wie war es, mit Jonathan Rhys Meyers zu arbeiten? Er ist ein sehr intensiver Schauspieler und stellt Henry mit einer atemberaubenden Wirkung dar. Wie war die Atmosphäre zwischen den Szenen?

Johnny ist so fantastisch. Er spielt den Tyrannen so glaubhaft, aber was die Leute nicht wissen, ist, dass er sehr lustig ist. Er bringt jeden zum Lachen und unterstützt neue Darsteller am Set unheimlich. Er stellte mir immer solche Fragen, wie welche Kartoffelchips-Sorte ich am meisten hasse, und ich sagte: "Hmmm... ich würde sagen Cheese and Onion sind wohl am widerlichsten." Der nächste Dreh war eine Kussszene und - wer hätte das gedacht? - er hatte den Mund voll Cheese and Onion-Chips, um mich damit zu küssen. Sehr witzig, Johnny!

10. Du hattest einen Gastauftritt in "Jericho". Was hast du in guter Erinnerung behalten?

Das Maß an Professionalität. Die Kostüme. Es lief alles wie ein Uhrwerk. Ein sehr inspirierendes Set.

11. Wenn du die gesamte Crew für einen Film oder eine Serie zusammenstellen könntest: Wer wäre der Regisseur? Wer wäre der Drehbuchautor, und wer bekäme die Hauptrollen?

Das ist eine sehr schwere Frage. Ich würde sagen Regisseur: Chris Cunningham. Er ist ein Freund von mir und hat einen einzigartigen Blick. Ich habe überaus großen Respekt vor seiner Arbeit und bewundere sie sehr. Ich weiß, er würde mich herausfordern und das Beste aus mir herausholen. Duncan Jones könnte das Drehbuch schreiben. Besetzung... hmmm. Marion Cotillard, Meryl Streep, Leo DiCaprio, Al Pacino... gut genug?

12. Was ist dein Lieblingsort auf der Welt? Wo fühlst du dich am wohlsten?

Afrika und Portugal sind meine Lieblingsorte auf der Welt. Afrika ist der am meisten lebensverändernde Ort auf der Welt. Die Landschaft, die Tiere, die Menschen. Wenn ich einen Rat geben darf... man sollte Afrika erkunden, bevor es sich zu sehr verändert. Portugal ist meine Heimat. Ich bin dort aufgewachsen. Es ist meine Inspiration und das Land, das mich zu der Person gemacht hat, die ich bin. Dort fühle ich mich zuhause und glücklich.

13. Kannst du uns etwas über den Film erzählen, an dem du derzeit arbeitest?

Madonna ist meine Regisseurin. Es geht um Edward und Wallis Simpson und spielt in den späten 30er Jahren.

14. Was hälst du als Künstler von Plattformen wie Twitter, Facebook und Myspace?

Ich halte mich von Natur aus der Öffentlichkeit fern. Ich finde es schwer zu akzeptieren, dass die Leute so einfach an deinen Aufenthaltsort und sonstige Informationen herankommen können. Aber es ist auch eine großartige Form von Existenzialismus. Man sich immer wieder selbst neu erfinden. Das Angebot an Musik, Film, Mode und jeder Form von Kreativität ist so erstaunlich... Wir sind eine Generation inmitten einer kreativen Revolution; die Technologie, um Kunst zu erschaffen und zugängig zu machen, ist für uns direkt griffbereit. Es geht nur darum, kreativ zu sein, aber auch verantwortungsvoll im Umgang damit und, als Künstler, uns selbst davor zu schützen, dass sich zuviel Information und ständige Erreichbarkeit negativ auswirken.

15. myFanbase ist eine Website, die sich Fernsehserien widmet. Hast du eine Lieblingsserie?

"Curb Your Enthusiasm". Ich bin totaler Larry David-Fan. Ich bin so verknallt, das ist schon albern. Abgesehen davon, wir sind im Zeitalter des Fernsehens. TV rivalisiert nun mit Film in jeder Hinsicht. Ich habe "The Pacific" gesehen und war überwältigt. Serien wie "Mad Men", die sowohl visuell atemberaubend sind als auch intelligent geschrieben, sind auch großartig.

Nicole Oebel - myFanbase