Cliffhanger in Serien

Cliffhanger, also offene Handlungsausgänge, die erst in einer nächsten Folge wieder aufgegriffen und dann beantwortet werden, sind in der Serienwelt nicht mehr wegzudenken. Besonders fies sind dabei meistens die Cliffhanger, die an Staffelenden einer Serie platziert sind. Diese fallen nämlich gerne einmal richtig hinterhältig aus und zwingen den Zuschauer dazu, auch nach einer langen Ausstrahlungspause der Serie treu zu bleiben und den jeweiligen Staffelauftakt nicht zu verpassen, um zu sehen, wie der Cliffhanger der vorherigen Staffel aufgelöst wird.

Foto: Ian Somerhalder, Nina Dobrev & Paul Wesley, Vampire Diaries - Copyright: Warner Bros. Television Entertainment/ Andrew Eccles
Ian Somerhalder, Nina Dobrev & Paul Wesley, Vampire Diaries
© Warner Bros. Television Entertainment/ Andrew Eccles

Wie oft liest man in irgendwelchen Foren, in denen gerade über ein Staffelfinale diskutiert wird, die Frage, wie uns die Autoren der Serie nur mit so einem gemeinen Cliffhanger zurück lassen könnten, gepaart mit Unmut darüber, nun mehrere Monate auf die Auflösung warten zu müssen. Aber mal ehrlich: Wie könnten sie nicht? Schließlich sind gelungene Cliffhanger eben nicht nur sichere Garanten dafür, die meisten Zuschauer auch nach einer langen Pause wieder zum Einschalten zu bewegen, sondern irgendwo auch ein Phänomen geworden, das man nicht mehr missen möchte. Logisch, wir alle sind irgendwo sauer, wenn unser Lieblingscharakter am Ende einer Staffel mit seinem Auto gegen einen Baum brettert und wir lange Zeit im Ungewissen darüber bleiben, ob er überleben wird oder nicht. Aber fiebern wir während eines Staffelfinales nicht immer irgendwo auch dem Ende entgegen und sind gespannt, mit welchem Paukenschlag sich die Serie in ihre Pause verabschieden wird? Welche überraschende Entwicklung unsere Kinnladen ins 13. Untergeschoss befördert? Oder welcher Moment unser Herz für drei Sekunden zum Stehen bringen lässt? So sehr auch gegen Cliffhanger an Staffelabschlüssen gewettert wird, so enttäuscht sind die meisten von uns doch auch, wenn der erwartete Paukenschlag ausbleibt, oder?

Cliffhanger haben im Übrigen schon eine lange Tradition. Besonders in der Comic- und Romanbranche war es schon sehr früh Gang und Gäbe, die neuste Ausgabe mit einer Szene enden zu lassen, in der der Protagonist in eine mehr als bedrohliche Situation gerät und somit das Schicksal des Helden offen blieb, das dann erst in der nächsten Ausgabe gezeigt wurde. Der Begriff "Cliffhanger" kam übrigens erst durch einen solchen Roman zustande. Im 19. Jahrhundert war es nämlich noch üblich, dass Romane immer Auszugsweise in Zeitungen abgedruckt wurden. Um die Leser dazu zu animieren, auch die Fortsetzungen lesen zu wollen, lies der Autor Thomas Hardy den Auszug eines seiner Romane mit einer Szene enden, in der der Protagonist des Buches kurz davor ist, eine tiefe Klippe hinunterzustürzen und sich nur noch an einem Grasbüschel festhalten kann. Andere Autoren waren von dieser Idee begeistert und gaben ihr den Namen "Cliffhanger" – Klippenhänger.

Mit der Zeit fanden Cliffhanger auch ihren Weg ins Fernsehen und immer mehr Serien fingen damit an, ihre Zuschauer am Ende einer Staffel in eine kleine Schockstarre zu versetzen. Einer dieser Cliffhanger ist so populär geworden, dass nur eine Frage ausreicht und die meisten bereits wissen, um was es geht: "Who shot J.R.?". Denn mit dieser Frage ließen die Macher von "Dallas" die Fans nach der dritten Staffel zurück, als ein Unbekannter nachts in das Büro des berühmtberüchtigten Charakters J.R. Ewing eindringt und hinterrücks zwei Schüsse auf ihn abfeuert. Das Ende polarisierte nicht nur die treuen Fans, sondern auch Menschen, die vorher gar nichts mit der Serie anfangen konnten. Die Frage, wer der Attentäter war, beschäftigte fast eine ganze Nation und auch noch heute ist dieser Cliffhanger wohl der berühmteste Staffelabsch(l)uss, den eine Serie zu bieten hatte. Das merkt man alleine daran, wie oft dieser Cliffhanger in anderen Serien, auch heute noch, kopiert oder persifliert wurde. Das jüngste Beispiel dürfte "Desperate Housewives" mit der Folge #7.10 Der Aufstand sein, die damit endete, dass Paul Young nachts auf offener Straße von einer unbekannten Person eine Kugel in die Brust geschossen bekam. Dass man damit bewusst auf den "Dallas"-Cliffhanger anspielen wollte, machte der Trailer für #7.11 Attentäter klar, in dem die Frage "Who shot Paul Young?" dick und fett eingeblendet wurde. J.R. höchstpersönlich fand im Übrigen noch in der gleichen Staffel seinen Weg in die Serie – oder besser gesagt Darsteller Larry Hagman, der in #7.13 Die Puppe und #7.14 Der Spender einen Gastauftritt absolvierte.

Allerspätestens seit dem Attentat auf J.R. scheinen die Autoren verschiedener Serien Gefallen daran gefunden zu haben, einen ihrer Hauptcharaktere am Ende einer Staffel in eine mehr als prekäre Situation zu bringen. Doch ist das wirklich so? Müssen sämtliche Hauptdarsteller einer Serie am Ende einer Staffel immer schweißgebadet die Drehbücher des jeweiligen Finales öffnen und vorsichtshalber schon mal ihren Agenten beauftragen, nach neuen Rollen Ausschau zu halten?

Foto: Bethany Joy Galeotti, One Tree Hill - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Bethany Joy Galeotti, One Tree Hill
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Wir von myFanbase haben uns ein paar Serien rausgepickt und die Cliffhanger deren Staffelfinale noch einmal angeschaut. Betrachtet wurden die verschiedenen Staffelenden von "Grey’s Anatomy", "Desperate Housewives", "Veronica Mars", "Vampire Diaries", "One Tree Hill", "O.C., California", "Dr. House", "Criminal Minds", "True Blood", "Private Practice" und "White Collar", wobei wir bei letzterer Serie auch die Cliffhanger der Sommerfinale hinzugezogen haben. Zusammengekommen sind damit 56 Staffelfinale, von denen natürlich nicht jedes einen wirklichen Cliffhanger zu bieten hatte. Bei den Finale, die den Zuschauer jedoch mit einem Cliffhanger zurückließen, viel eindeutig auf: Ja, der potentielle Tod eines Charakters scheint ganz oben auf der Beliebtheitsskala der Autoren zu sein. Denn von den 56 Staffelfinale endeten 17 davon damit, dass ein oder mehrere Charaktere dem Tod nah zu sein schienen, man jedoch offen ließ, wer stirbt und wer nicht. Acht von den 56 Schlussszenen waren da schon etwas konsequenter, denn hier wurden die Zuschauer Zeugen, wie einer der Charaktere wirklich das Zeitliche segnete. Summa summarum enden also fast die Hälfte der von uns betrachteten Staffelfinale mit dem Thema Tod. Doch abgesehen davon spielt auch ein anderer Überlebenskampf in vielen Cliffhangern eine Rolle, nämlich der Überlebenskampf mancher Beziehung. So spielte in insgesamt 14 finalen Cliffhangern das Thema "Beziehung" eine zentrale Rolle. Vier der in Betrachtung gezogenen Staffeln endeten mit einem Kuss zwischen zwei Charakteren, während wiederum drei finale Szenen die Trennung eines Paares zeigte. Und drei andere Staffelfinals vielen besonders gemein aus, indem sich ein männlicher Charakter zwischen zwei oder mehreren Frauen entscheiden musste und die Frage offen blieb, für wen dessen Herz wirklich schlug. Andere Staffelfinals endeten hingegen nicht mit einem Knall, sondern mit Glockengeläute, denn in vier von ihnen sollten zwei Charaktere endlich den Bund der Ehe eingehen.

Also, der (potentielle) Tod eines oder mehrerer Charaktere scheint für die Autoren der bestmögliche Weg zu sein, eine Staffel abzuschließen. Doch auch die Beantwortung des Ausgangs mancher Beziehungsfragen wird gerne mal bis zur jeweiligen nächsten Staffel aufgespart, schließlich fiebern die Fans einer Serie oftmals genauso sehr mit Beziehungen ihrer Lieblinge mit, wie mit dem Schicksal einzelner Charaktere selbst. Der Vollständigkeit wegen hier auch noch die restlichen interessanten Cliffhanger, die die oben erwähnten Serien zu bieten hatte: In drei der Staffelfinale wird ein überraschendes Geheimnis preisgegeben, zwei der Staffeln enden mit einer Szene, in der ein Charakter die Serie (lebendig) verlässt, während ebenfalls zwei der Serien mit der Rückkehr altbekannter Charaktere überraschen und eine der Serien versetzt die Zuschauer in der letzten Szene einer Staffel fünf Jahre in die Zukunft, von wo an das Geschehene weitererzählt wird.

Foto: Jared Padalecki & Jensen Ackles, Supernatural - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Jared Padalecki & Jensen Ackles, Supernatural
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Im Übrigen haben wir bei unserer beispielhaften Auswahl an Serien Science-Fiction– und Mysteryserien bewusst ausgeklammert. Denn hier fallen Cliffhanger oftmals bei weitem origineller aus und lassen kaum ein einheitliches Schema erkennen, was eben auch an der jeweiligen Thematik der Serien liegt. Hier haben Serien wie "Lost", "Fringe" oder "Supernatural" eben einen kleinen Vorteil, da die Cliffhanger hier meistens wirklich sehr viel überraschender, vielseitiger und unvorhersehbarer ausfallen. Das soll natürlich keine Kritik an den oben aufgelisteten Serien sein, die schließlich nicht mal eben eine Staffel damit enden lassen können, dass einer der Charaktere sich in einem Paralleluniversum wiederfindet oder zwei Hauptfiguren dabei zuschauen, wie Satan aufersteht ... wäre aber mal richtig interessant, meint ihr nicht?

So, jetzt seid ihr dran. Was haltet ihr allgemein von Cliffhangern? Könntet ihr gut auf sie verzichten? Gibt es Serien, die euch mit ihren Cliffhangern an Staffelenden immer wieder begeistern können? Oder gibt es gar einen speziellen Cliffhanger, der euch auch heute noch mehr als positiv in Erinnerung bleibt? Teilt uns eure Meinung mit, indem ihr im Forum euren Senf dazu abgebt. Einige der myFanbase-Autoren gehen mit gutem Beispiel voran und teilen euch mit, welche Serien ihnen persönlich aufgrund genialer Staffelenden wohl für immer in Erinnerung bleiben werden oder welches spezifische Staffelende ihnen beim ersten Mal Anschauen die Schuhe ausgezogen hat.


Manuel H. - myFanbase

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