Serienentdeckungen 2011

Wirft man einen Blick auf unsere Seite wird jeder erkennen, dass es eine immense Menge an Sendungen gibt, die im Fernsehen laufen oder liefen. So kann es auch bei Leuten, die regelmäßig Serien schauen, vorkommen, dass einem eine ganz bestimmte Serie schlichtweg durch die Lappen gegangen ist, die einem später aber richtig gut gefällt. Wir werfen hier einen Blick auf die Shows, die zwar schon seit einer Weile laufen oder sogar schon abgeschlossen sind, die unsere Autoren aber erst in diesem Jahr für sich entdeckt haben.


Entdeckungen von Cindy Scholz

Bei meinem eigenen Pensum an Serien, die ich in den letzten fünf Jahren regelmäßig verfolgt habe und über die ich mir oftmals auch ordentlich den Kopf zerbrach, mag man kaum glauben, dass in meinem Portfolio noch Lücken sind, aber allein was die großen Klassiker angeht, habe ich auch heute noch einiges aufzuholen. Dabei konzentriere ich mich mittlerweile auf die wirklich großen Namen, denn um so mehr ich mich mit dem Medium der TV-Serie beschäftige (und das tue ich dank myFanbase mittlerweile ausgiebigst), umso weniger bin ich mit dem Standard-Einheitsbrei zufriedenzustellen. Nichts gegen ein wenig leichte Kost, während die Bügelwäsche abgearbeitet werden muss, aber um Futter fürs Hirn und stundenlange Gespräche unter Gleichgesinnten zu garantieren, müssen schon höhere Kaliber herhalten.

Deadwood

Foto: Ian McShane, Deadwood - Copyright: Paramount Pictures
Ian McShane, Deadwood
© Paramount Pictures

Ganz oben auf der Liste meiner grandiosen TV-Erinnerungen des Jahres 2011 steht für mich die erste Staffel des HBO-Western "Deadwood". Dass dieses Serienkleinod zu den zweifelsohne besten Dramen der 2000er Jahre gehört, war mir schon lange klar, aber bisher habe ich es noch nie geschafft diese Bildungslücke zu schließen. Aber im Sommer sollte es nun endlich soweit sein und schnell hat mich diese Serie so richtig gefangen gennommen. Hier stimmt einfach wirklich alles, angefangen von grandiosen Darstellern, allen voran Ian McShane, der mit Al Swearangen einen der besten Seriencharaktere aller Zeiten auf die Leinwand bannt, bis hin zu Timothy Olyphant, Brad Dourif und Powers Boothem, aber auch den faszinierenden Frauenrollen verkörpert von Paula Malcolmson, Molly Parker und Robin Weigert. Ausgestattet mit einer ganz spezifischen, Shakespeare ähnlichen Sprache (nicht vom Inhalt, sondern vom Sprachrhythmus her) die einen mit all ihren "Cocksucker" und "Fucks" in den Bann zieht und hat "Deadwood" einen einzigartigen Unterhaltungswert zu bieten, wie ich ihn im TV noch nie erlebt habe. Dazu kommt die der Geschichte zu Grunde liegende Betrachtung, wie sich zivilisierte Gesellschaften bilden und wie aus einem Haufen gesetzloser Halunken eine funktionierende Gemeinde innerhalb eines Staates wird. Das klingt jetzt vielleicht trocken, verleiht dem Geschehen innerhalb der Serie aber dermaßen viele Ebenen an Tiefgang, dass man nicht müde wird darüber nachzudenken. Dazu kommen zutiefst menschliche Charaktere voller Schwächen, die man aber einfach gern haben muss und mit denen man einfach gerne seine Zeit verbingt. Denn neben all dem Tiefgang und der gesellschaftlichen Philosophie geht der Unterhaltungswert nie verloren. Ich lache jetzt noch, wenn ich an die Pfirsiche aus der Büchse in Gems Saloon denke und ich bin zutiefst gerührt, beim Gedanken an den letzten Tanz des Docs mit der gehbehinderten June. "Deadwood" ist ganz großes Kino auf der kleinen Leinwand, das alle Zutaten, die eine Serie für mich haben sollte nahezu perfekt für die Ewigkeit festhalten konnte und ich freue mich darauf, demnächst in Staffel 2 und 3 eintauchen zu können.

Battlestar Galactica

Foto: Edward James Olmos, FedCon 2009 - Copyright: sichtlichmensch-fotografie
Edward James Olmos, FedCon 2009
© sichtlichmensch-fotografie

Von Perfektion kann man bei "Battlestar Galactica" nicht sprechen und streng genommen habe ich die Science-Fiction-Saga auch nicht erst 2011 für mich entdeckt, da ich aber den Großteil (mitsamt dem epischen Finale) davon in diesem Jahr gesehen habe, und es ja letztes Jahr auch noch nicht diese Kolumne gab, landet "Battlestar Galactica" ohne Frage auf meiner Liste. Denn auch wenn es in den vier Staffeln der Serie neben den vielen Hochs auch ein paar Tiefs gab, bleibt für mich am Ende eine der besten Serien aller Zeiten stehen. Das liegt an der stimulierenden Geschichte, die wie keine andere aktuelles, zeitpolitisches Geschehen verarbeitet und kritisch hinterfragt, ohne mit einfachen Lösungen aufzuwarten. Keine Serie der letzten 15 Jahre hat die amerikanische Gegenwartspolitik so schonungslos durchleuchtet und deren Schwächen aufgezeigt, aber all das ohne von einem hohen moralischen Ross aus zu predigen, sondern in einer Art und Weise, die den Zuschauer auch immer wieder mit seinen eigenen moralischen Schwächen konfrontiert. Keine Serie hat bei mir einen derart großen Gesprächsbedarf ausgelöst, weil das Geschehen einfach durch Diskussion über Diskussion aufgearbeitet werden musste. Und keine Serie hat mir ihre Charaktere so ans Herz gebracht und bei mir nach deren Ende eine derartige Leere ausgelöst. Laura Roslin, Kara Thrace, Gaius Baltar, Bill Adama, Colonel Tigh, sie alle fehlen mir immer noch in einer Art und Weise, wie ich es bei Seriencharakteren nur selten derart intensiv spüre. Das ist ein Vermächtnis an glaubhafte und immer ihren Eigenschaften treue Figuren, die zwar niemals perfekt waren, aber in sich immer schlüssig und inhaltlich absolut logisch entwickelt.

Foto: Michael Hogan, FedCon 2009 - Copyright: sichtlichmensch-fotografie
Michael Hogan, FedCon 2009
© sichtlichmensch-fotografie

Das Serienfinale von "Battlestar Galactica" ist in der Internetgemeinde umstritten und gilt für manche als misslungen, ich kann mich diesem Urteil überhaupt nicht anschließen. Für meine Begriffe ist der Abschluss der Saga nahezu tadellos umgesetzt worden. Alle wichtigen Fragen wurden aufgelöst und was noch wichtiger ist: die Reise der liebgewonnen Charaktere wurde auf zufriedenstellende Art und Weise abgeschlossen. Ich weiß nicht, was die anderen hier erwartet haben, aber meiner Meinung nach hat man deutlich ab dem Ende der 3. Staffel gespürt, dass die Autoren rund um Ronald D. Moore auf das Ende hin gearbeitet haben und sie hatten vor Augen, was ihnen dabei wichtig war. Offensichtlich lag ich mit meinen eigenen Erwarzungen nah an deren Vorstellungen, denn ich bin mit einem wirklich positiven Gefühl zurückgeblieben. Der gesamte Lauf von "Battlestar Galactica" war ein erhabenes Erlebnis, auf emotionaler, intellektueller und auf unterhaltsamer Ebene, den ich jedem Serienfan, egal ob Sci-Fi-Liebhaber oder nicht, wärmstens ans Herz legen kann.

Arrested Development

Kommen wir nun zu etwas ganz Anderem.... OK, zugegeben, dieses berühmte Zitat der Comedy-Geschichte stammt nicht von den Bluths, aber bis zu meinem Aufeinandertreffen mit dieser irren Familie kam für mich bisher keine Comedy-Serie an die skurille Genialität der "Monthy Pythons" heran. Aber dies ist mit "Arrested Development" nun gelungen und bevor ich wieder in Superlative verfalle und lang und breit erkläre, was die Serie zur mit Abstand besten und witzigsten TV-Serie macht, sag ich nur eins: Ich habe noch nie innerhalb der jeweiligen Episoden so viel gelacht wie bei "Arrested Development". Und auch wenn all die Running Gags, die zeitgenössisch-politische Satire und natürlich der makellose Cast einen Riesenanteil am Charme der Serie haben, das Wichtigste ist wirklich, dass diese einfach zum Totlachen ist.

Ich hoffe im nächsten Jahr hier an dieser Stelle euch vom weiteren Schließen meiner TV-Bildungslücken erzählen zu können, da steht natürlich der restliche Lauf von "Deadwood" an, die Serienklassiker schlechthin "Die Sopranos" und "The Wire", aber auch "The Shield". Der Nachschub an exzellenter Unterhaltung sollte mir also so schnell nicht ausgehen und zum Glück kommt ja 2012 auch endlich wieder "Mad Men" aus seiner ewig langen Pause zurück.

Cindy Scholz - myFanbase

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