Seifenopern

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Der Beginn einer Ära

Von anspruchsvollen Serienfans eher verpönt und müde belächelt, sind die durchaus erfolgreichen Seifenopern aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Ihr grandioser Siegeszug begann bereits 1932 in den USA, mit der ersten Radioserie überhaupt "Betty and Bob". Ursprünglich wurden die fortlaufenden Soaps hauptsächliche erfunden, um Werbung für diverse Haushaltsprodukte, wie eben Seife, zu machen und man suchte daher eine geeignete Plattform, um die werberelevante Zielgruppe der Hausfrauen am besten zu erreichen. Und was eignete sich dazu besser als eine mitreißende Radioserie, die im Hintergrund laufen konnte, während die Hausfrau ihre alltäglichen Arbeiten verrichtete? Somit begann der erfolgreiche Siegeszug der Radioserien, in deren Handlung geschickt diverse Haushaltsprodukte eingebunden und damit beworben wurden. Produziert wurde diese erste Radio-Soap von dem Nahrungsmittelhersteller General Millsund und der gerissene Plan ging auf. Also sprangen immer noch weitere große Konzerne, wie zum Beispiel Procter & Gamble, auf den Zug auf und dies so erfolgreich, dass 1939 zeitgleich 22 Radio-Soaps dieses Unternehmens liefen, um Waschmittel und Co. an die Frau zu bringen. Den absoluten Höhepunkt erreichten die beliebten Radio-Seifenopern 1940, als insgesamt 64 Produktionen gleichzeitig gesendet wurden. Zu den damals erfolgreichsten Serien gehörten die britische Produktion "The Archers" und die amerikanische Seifenoper "Springfield Story". Letztere schaffte dann 1952 auch den Sprung ins Fernsehen, nachdem der Weg dorthin schon 1947 von der ersten TV-Seifenoper überhaupt "A Woman to Remember" geebnet wurde. 1961 wurde dann in den USA endgültig die letzte Radio-Seifenoper eingestellt und fortan beherrschten die sogenannten Daily Soaps das amerikanische Fernsehgeschehen.

Wer von uns hat nicht mindestens eine davon gesehen?

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Neighbours
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Neben der schon erwähnten "Springfield Story", die 1937 im Radio ihren erfolgreichen Werdegang begann und von 1952 bis 2009 im US-Fernsehen lief, kamen zahlreiche ähnliche Produktionen hinzu. Zu den bekanntesten amerikanischen Soaps zählen neben "Springfield Story" wohl "Jung und Leidenschaftlich", "General Hospital", "Zeit der Sehnsucht", "Liebe, Lügen, Leidenschaft", "All my Children", "Schatten der Leidenschaft", "California Clan", und "Reich und Schön". Fast alle diese ähnlich strukturierten Seifenopern fanden auch den Weg ins deutsche Fernsehen und wurden begeistert aufgenommen und so begann Mitte der Achtziger Jahre ein wahrer Boom an diversen US-Seifenopern im deutschen Fernsehen. Doch erst 1992 fing man in Deutschland an eigene Seifenopern zu produzieren und mit der ersten deutschen Daily Soap "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" wurde der Weg für diverse andere ähnliche Produktionen wie "Marienhof", "Unter Uns", "Verbotene Liebe" und "Alles was zählt" geebnet. Aber auch im Rest der Welt war man nicht untätig und produzierte fleißig Daily Soaps, die teilweise auch den Weg ins deutsche Fernsehen schafften. Besonders erfolgreich waren dabei zum Beispiel in Australien die Seifenopern "Nachbarn" und "Home and Away" die bis heute noch gesendet werden und beide schon über 6500 Episoden verzeichnen können. Doch auch die britische Soap "Coronation Street" läuft bereits seit 1960 ununterbrochen erfolgreich und sogar eine französische Produktion schaffte es mit "St.Tropez" ins deutsche Fernsehen.

Rezept für eine Soap Opera

Doch was ist das Geheimnis der berühmten Daily Soaps? Wie schaffen es diese doch simpel aufgebauten Serien, täglich Millionen von begeisterten Zuschauern vor den Bildschirm zu locken? Das Geheimnis ist eigentlich recht einfach, man nehme gut aussehende Darsteller, mischt sie mit verschiedenen durcheinanderführenden Handlungssträngen (der sogenannten Zopfdramaturgie) und rührt danach noch etwas seichte Spannung und fingierte Dramatik hinzu. Denn der simple Aufbau einer klassischen Seifenoper erfolgt immer nach dem gleichen Prinzip. Es gibt zum ersten einen wesentlich größeren Hauptcast als bei den gängigen normalen Serien. Jeder dieser einzelnen Hauptcharaktere hat seine eigene Story und so laufen verschiedene Handlungsstränge gleichberechtigt quasi endlos nebeneinander her. In der täglichen Folge wird somit nicht nur ein Thema behandelt, sondern diverse Storylines fortgeführt, die sich natürlich zwischendurch kreuzen können, aber im Großen und Ganzen separat voneinander laufen. Und dabei geht es meist um Probleme des alltäglichen Lebens, die mal mehr und mal weniger dramatisch ausgeschmückt werden. Der wichtigste Punkt ist dabei in jedem Fall der Cliffhanger am Ende jeder Folge, um die Spannung aufrecht zu halten und den Zuschauer auch am nächsten Tag wieder einschalten zu lassen. Die diversen Handlungen in Seifenopern finden somit auch nie ein wirkliches Ende, sondern werden immer und immer weiter fortgeführt. Durch das langsame Erzähltempo passiert auch in den einzelnen Folgen meistens nicht besonders viel und man kann beruhigt auch mal einige Folgen verpassen, ohne den Faden zu verlieren. Generell werden die gängigen Daily-Soaps mit einem relativ kleinen Budget gedreht, was auch ihren Wirkungskreis einschränkt. Somit spielen die Handlungen fast immer an den gleichen Orten und es gibt kaum Außenaufnahmen und wenn doch, dann auch meistens an den gleichen Plätzen, die oftmals eigens dafür auf dem Studiogelände gebaut wurden. Somit werden natürlich die Kosten im Rahmen gehalten, da ein einmal aufgebautes Set immer und immer wieder benutzt wird. Durch den relativ straffen Zeitplan fehlt auch oft die Zeit, um Aufnahmen zu wiederholen. Somit gehen auch teilweise Szenen auf Sendung, die vielleicht nicht wirklich perfekt sind. Der größte Unterschied zu herkömmlichen Serien ist auch der fortlaufende Sendezeitraum. Denn während normale Serien in Staffeln gedreht werden und circa 24 Folgen pro Jahr beinhalten, wird die klassische Seifenoper fünf Tage die Woche, das ganze Jahr über, gesendet.

Foto: Patrick Duffy, Dallas - Copyright: TNT/Mark Seliger
Patrick Duffy, Dallas
© TNT/Mark Seliger

Totgesagte leben länger…

Während man bei den früheren Radioserien noch versuchte, realistisch das Alltagsleben eines Durchschnittsamerikaners darzustellen, um eine Identifikation mit den Protagonisten und somit auch mit dem zu bewerbenden Produkt herbeizuführen, wurden die amerikanischen Fernsehsoaps dann immer realitätsferner. Spätestens seit Bobby Ewings spektakulärer Auferstehung von den Toten, am Ende der neunten Staffel von "Dallas", scheint wirklich alles erlaubt zu sein. Nicht selten drehen sich die gängigen amerikanischen Soaps um den lange gehegten Zwist zweier verfeindeter Familien ("Reich und Schön", "Denver Clan", "California Clan" und weitere) und ihrer jeweiligen Imperien. Sei es nun Mode, Öl oder Weinanbau - es gibt immer einen triftigen Grund, schamlos zu intrigieren. Brisant wird es dann natürlich immer wenn sich zufällig (!) zwei Sprösslinge der verfeindeten Familien hoffnungslos ineinander verlieben. Besonders beliebt sind auch plötzlich auftauchende verschollene Familienmitglieder, von denen vorher niemand etwas ahnte, wie uneheliche oder adoptierte Kinder, die sich dann natürlich auch rein zufällig in ihre richtigen Geschwister verlieben, von denen sie ja nicht ahnen, dass es sich um Blutverwandte handelt. Prinzipiell würde ich behaupten: je absurder die Handlung, so erfolgreicher die Soap. Dem Einfallreichtum der Autoren sind in Soaps jedenfalls keine Grenzen gesetzt. Hauptsache der Zuschauer wird gut unterhalten und kann bei der Stange gehalten werden.

Zum zweiten Teil der Seifenoper-Kolumne

Nina V. - myFanbase