Wenn die Realität die Fiktion beeinflusst
Todesfälle von Schauspielern

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17. Juli 2013 | Personen des öffentlichen Interesses, ob Politiker, Musiker, Schauspieler oder sonstige Persönlichkeiten, rücken durch die stetige Medienpräsenz so sehr in den Fokus, dass deren Schicksalsschläge auch 'Normalsterbliche' emotional berühren können. Vor allem beim Tod einer bekannten Person kann es somit durchaus vorkommen, dass man eine tiefe Trauer empfindet, obgleich man die betroffene Person nicht persönlich kannte. Doch diese Personen haben einen eben über eine lange Zeit medial begleitet und sind somit nicht selten auch im übertragenen Sinne ein wichtiger Teil des eigenen Lebens geworden. Sei es durch die Musik, die man vom Künstler gehört hat, durch die Filme, in denen der Schauspieler einen begeistern konnte, die politischen Ansichten, die man mit dem Verstorbenen teilte oder durch den Charakter, den die Person dargestellt hat und der einem ans Herz gewachsen ist.

Von der persönlichen Trauer um diesen Schicksalsschlag abgesehen, beeinflusst der Tod eines Schauspielers, der aktiv in einer Produktion eingebunden ist, natürlich auch die Arbeit an diesem Projekt selbst. So verstarb Heath Ledger bspw. während der Dreharbeiten zu "Das Kabinett des Dr. Parnassus", sodass man sich entschloss seine Rolle auf vier Schauspieler zu verteilen und Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell für diesen Job gewinnen konnte. Bei Serienproduktionen verhält es sich noch mal ein wenig anders, da diese ein fortwährender Prozess sind. Die Verantwortlichen müssen entscheiden ob und inwieweit sie den Tod eines Schauspielers einbinden, ob ein neuer Darsteller für den Charakter eingesetzt wird, ob der Charakter 'off-screen' verstirbt und wie man dieses Ereignis der Realität generell in die Fiktion der Serie einspielen lässt.

"If the people we love are stolen from us, the way to have them live on is to never stop loving them."

Generell werden US-Serien nur mit wenigen Wochen Vorlauf parallel zur Ausstrahlung gedreht, Ausnahmen bilden hier vor allem Serien von Kabelsendern wie bspw. "Game of Thrones". Dies bedeutet auf der einen Seite, dass Todesfälle von Schauspielern direkt den Produktionsprozess beeinflussen, da man innerhalb der Serie das plötzliche Verschwinden des Charakters irgendwie einbinden muss. Auf der anderen Seite ergibt sich dadurch gleichermaßen die Möglichkeit, umgehend und ohne erheblich größeren Aufwand einen solchen Verlust zu kompensieren, denn zum Großteil werden auch die Drehbücher erst parallel zur Ausstrahlung geschrieben. Im jüngsten Fall von "Glee", wo Hauptdarsteller Cory Monteith wenige Wochen vor Drehbeginn der fünften Staffel tot aufgefunden wurde heißt das zunächst einmal, dass Ryan Murphy und die anderen Autoren der Serie lediglich die ersten Drehbücher der Staffel abändern müssen, um dieses Ausscheiden irgendwie in "Glee" einzubinden.

Foto: Andy Whitfield & Erin Cummings, Spartacus: Blood and Sand - Copyright: Twentieth Century Fox Home Entertainment
Andy Whitfield & Erin Cummings, Spartacus: Blood and Sand
© Twentieth Century Fox Home Entertainment

Einen ähnlichen Fall gab es zuletzt bei "Spartacus". Nach der Ausstrahlung der ersten Staffel erfuhr Hauptdarsteller Andy Whitfield, dass er am Non-Hodgkin-Lymphom erkrankt ist. Zunächst wollten die Verantwortlichen auf ihren Hauptdarsteller warten und verschoben den Produktionbeginn der zweiten Staffel nach hinten, in der Hoffnung, dass Whitfield den Krebs so weit bekämpfen und sich erholen konnte, um weiterhin den Titelhelden zu verkörpern. Doch der Zustand des Darstellers verschlechterte sich überraschend, sodass er selbst darauf pochte, dass ein anderer Darsteller für seine Rolle gecastet wurde. Wer die Ereignisse etwas ausführlicher nachlesen will, kann das mit unserer Kolumne "Der neue Spartacus" tun.

Zwar haben wir hier einen Fall vorliegen, bei dem der Tod nicht urplötzlich kam, aber dennoch die gleichen Auswirkungen hatte, da Andy Whitfield seine Rolle nicht mehr spielen konnte. Die Verantwortlichen mussten sich die Frage stellen, ob man die Serie aufgrund dieser Tragödie einstellen sollte oder ob man den Schauspieler auswechselte. Eine andere Option, wie beispielsweise das bloße Herausschreiben des Charakters, war in diesem Fall nicht möglich, da die Serie eben genau das Leben des titelgebenden Heldens Spartacus behandelte.

Foto: Larry Hagman, Dallas - Copyright: TNT/Mark Seliger
Larry Hagman, Dallas
© TNT/Mark Seliger

Mitten im tatsächlichen Produktionsprozess verstarb unlängst Serienlegende Larry Hagman, der in der Neuauflage "Dallas (2012)" erneut in die Rolle des berühmten Fieslings J.R. Ewing schlüpfte. Als Larry Hagman am 23. November 2012 verstarb, hatte er bereits einige Szenen für die zweite Staffel abgedreht, sodass J.R. bis einschließlich der Episode #2.07 Alles oder gar nichts mehr noch in die Handlungsstränge involviert war. Einige der gezeigten Szenen der zweiten Staffel setzen sich aus Archivmaterial zusammen, damit man die Storyline noch bis zu einem gewissen Grad aufrechterhalten konnte. Außerdem degradierte man die beiden Charaktere Sue Ellen Ewing und Bobby Ewing zu Nebenrollen, da sie am meisten mit J.R. Ewing interagierten. In #2.08 Der Tod des J.R. Ewing wurde dann letztlich Abschied vom Charakter genommen und Larry Hagman gleichermaßen Tribut gezollt. In der Episode gab es deshalb auch einige Gastauftritte von Schauspielern aus der einstigen Mutterserie, die für die Beerdigung des legendären Seriencharakters nochmals in ihre alten Rollen schlüpften. Die Reaktion von Sue Ellen auf den Tod ihres Exmannes, findet sich in unserem Serienrückblick 2012/2013 folglich als bester Moment wieder. Die restliche zweite Staffel war auch von diesem tragischen Ereignis bestimmt und behandelte die Frage, wer J.R. Ewing umgebracht hat, DIE Frage, welche die Originalserie 1980 bestimmte und eine große Marketingkampagne nach sich zog.

Vor einer ähnlichen Herausforderung standen 2003 die Verantwortlichen von "Meine wilden Töchter", da Hauptdarsteller John Ritter plötzlich an Aortendissektion verstarb. Die ersten drei Episoden der zweiten Staffel waren zu diesem Zeitpunkt schon komplett abgedreht, sodass man diese ausstrahlte und einen Monat später die Doppelepisode #2.04 Abendessen im Himmel und #2.05 Dads letzter Artikel sendete. So plötzlich wie der Tod von John Ritter seine Familie und Kollegen ereilte, so unverhofft wurde auch der Tod seines Charakters Paul Hennessey in die Serie geschrieben, indem er off-screen in einem Supermarkt zusammenbrach und verstarb. Nach dem Tod wurde der Originaltitel "8 Simple Rules for Dating My Teenage Daughter" auf "8 Simple Rules" gekürzt und die Verarbeitung des Todes wurde immer wieder in einzelnen Episoden aufgegriffen. Außerdem entschied man sich die ersten vier Episoden nach dem Ableben von John Ritter ohne Live-Publikum zu drehen.

Where do we go from here?

Es zeigt sich leider, dass der plötzliche Tod von Cory Monteith kein Einzelfall gewesen ist. In den vergangenen Jahren ist es immer mal wieder vorgekommen, dass ein Serienschauspieler unverhofft verstarb und somit nicht nur Angehörige und Freunde in tiefe Trauer stürzte, sondern gleichermaßen den Berufsalltag der Kollegen beeinflusste. Wie man letztlich Cory Monteiths Ableben in der fünften Staffel von "Glee" verarbeiten wird, ist bisher noch nicht bekannt. Mit großer Sicherheit wird man den Charakter nicht mit einem anderen Darsteller ersetzen, doch inwiefern sich besonders Lea Michele, die auch off-screen die Lebensgefährtin von Cory Monteith war, nach diesem schrecklichen Ereignis aus der Serie zurückziehen wird, ist derzeit nicht abschätzbar.

Annika Leichner - myFanbase

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