Musikalische Szenenuntermalung I
Wie auch in Filmen bedient man sich in TV-Serien der Musik um gewisse Szenen zu unterstreichen, Spannung zu erzeugen oder die gewünschte Gefühlsregung beim Zuschauer zu verstärken. In manchen Szenen läuft die Musik eher im Hintergrund und wird kaum wahrgenommen, während es daneben Szenen gibt, in der die Musik klar fokussiert wird. Auch werden Serien, wie beispielsweise "Glee" und "Nashville", produziert, in welche die Musik sogar zum Hauptthema der Serie gemacht wird. In der aktuellen "Was uns bewegt" Kolumne haben unsere Autoren und Autorinnen in ihren Texten versucht, die Szenen herauszusuchen, welche ihnen persönlich, unter anderem wegen der Musik, besonders in Erinnerung geblieben sind oder sie besonders berührt haben.
"My so-called life", #1.12 / Buffalo Tom - Late At Night
"I'd do it if I could
I hope you know I would"
Müsste ich die schönste Szene aus einer Serie aller Zeiten küren, so wäre das fraglos die Szene auf dem Schulflur zwischen Jordan Catalano und Angela Chase. Angela, das großherzige Mädchen, das sich selbst als graue Maus empfindet, und ihr Schwarm Jordan, der introvertierte Musiker, der einfach nicht gut im Umgang mit Menschen allgemein ist. Sie empfinden etwas füreinander, haben aber beide mit ihre Ängsten zu kämpfen. Sie glaubt, er will sie verstecken, während er seine Gefühle nicht offen zeigen kann. In diesem Schulflur dann vollzieht sich der Zauber. Jordan geht vor aller Augen zu Angela, bittet sie, mit ihm zu kommen und nimmt dann ihre Hand. Ein einfacher Moment, so unbeschreiblich viele Details! Jordan, der seinen Kumpel (gespielt genialerweise von Jared Letos Bruder Shannon) stehen lässt, Angela, die erst schwach lächelt, weil sie glaubt, Jordan wolle sie schon wieder verstecken, dann aber strahlt wie die Sonne, als er ihre Hand nimmt, und alle ihre Freunde drum herum mit ihren eigenen Emotionen ausgelöst von Angelas Glück in diesem Moment. Diese Szene ist einfach perfekt ausgeführt und lässt ahnen, dass Jared Leto und Claire Danes Großes vor sich haben. Dass diese Szene aber noch heute, 20 Jahre später, jedesmal wieder für Gänsehaut und feuchte Augen sorgt, ist nicht zuletzt Buffalo Toms "Late at night" geschuldet, dessen drängende Gitarren die Dramatik dieses kleinen Moments so mitreißend untermalen, dass er zum wichtigsten Moment auf der Welt wird.
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"Twin Peaks", #2.07 / Julee Cruise - The World Spins
"The sun comes up and down each day"
© Paramount Pictures
Auch das Küren der verstörendsten Szene einer Serie aller Zeiten fiele mir nicht schwer. Auch hier fällt meine Wahl ohne zu zögern auf eine 90er Jahre Serie. Laura Palmers mysteriöser Mörder Bob sucht in Darstellung und Inszenierung noch bis heute seinesgleichen, ebenso wie Agent Coopers Ermittlungen bis heute in ihrer Rätselhaftigkeit nicht zu überbieten sind. Die Szene, in der dem Zuschauer die wahre Identität des Mörders eröffnet wird, ist nichts anderes als betäubend in ihrer Machart. Die involvierten Figuren sitzen zum Großteil im Roadhouse und lauschen Julee Cruise' märchenhaftem Song "The World Spins", während Cooper eine Vision hat, in der der Riese ihm mitteilt: "Genau dasselbe geschieht wieder". Was tatsächlich geschieht, ist der Mord an Lauras zwillingsgleicher Cousine Maddie - und dieser ist auf eine derart monströse Art und Weise inszeniert, dass man die Bilder nie vergisst. Anschließend sind wir zurück im Roadhouse bei Julee Cruise und sehen Lauras Freunde Donna und Bobby, die unabhängig voneinander anfangen, bitterlich zu weinen, während der Greis Agent Cooper väterlich Trost zu spenden scheint, als diesem klarzuwerden beginnt, was "genau dasselbe" ist, das wieder geschehen ist, während sich, wie in Julees Song so engelsgleich besungen, die Welt weiterdreht.
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"Veronica Mars", #2.17 / The Perishers - Sway
"I don't wanna hurt you
I don't wanna make you sway
Like I know I've done before
I will not do it anymore"
© Warner Bros. Entertainment Inc.
Logan und Veronica sind in die starcrossed lovers einer nicht-übernatürlichen Teenie-Serie schlechthin. Während Buffy und Angel aus lebensgefährlichen Gründen nicht zusammen sein dürfen, so können Logan und Veronica es im wahrsten Sinne des Wortes nicht, weil sie einander wieder und wieder auf höchst menschliche Weise weh tun. Das setzt natürlich voraus, dass sie einander unwahrscheinlich viel bedeuten, denn nur dann haben beide soviel "Macht", den anderen so schwer verletzen zu können, wie es bei Veronica und Logan der Fall ist. Veronica wählt den Weg, Logan von sich fernzuhalten, aber das Schicksal führt die beiden immer wieder zu einander. Und als bei einem Schulfest Veronica Logan plötzlich auf die Tanzfläche zieht, um ihn davon abzuhalten, eine Dummheit zu machen, ist die Spannung greifbar! Plötzlich sind sie sich nah, kein Puffer und kein Schutzschild dazwischen und nur die oben zitierten Worte hängen in der Luft, sanft gesungen vom Sänger der Perishers, und diese Worte sagen alles, was die beiden nicht aussprechen können. Gänsehaut!
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"Queer as Folk", #3.08 / Broken Social Scene - Lover's Spit
"You know it's time
that we grow old and do some shit
I like it all that way"
© Warner Bros. Entertainment Inc.
Brian und Justin sind fraglos ein Paar, das einen über fünf Staffeln so sehr zittern und mitfiebern lässt wie kaum ein anderes. Sie sind ein überaus gelungenes Beispiel dafür, dass Gegensätze sich anziehen, Liebe Selbstüberwindung kosten kann und auch dafür, dass Liebe manchmal blind macht und einen zur Selbstaufgabe treibt. Brian und Justin gehen unglaubliche Höhen und Tiefen durch und selbst, wenn es auf den ersten Blick so scheint, als sei die Liebe vor allem einseitig, so steckt doch soviel mehr dahinter und das Verletzungspotenzial ist auf beiden Seiten hoch, selbst wenn es bei Brian nicht so offen zu Tage tritt. Nachdem die beiden also eine ihrer verschiedenen Trennungen durchlebt haben und Justin das Glück beinahe bei jemand anderem gefunden hat, finden sie schließlich doch wieder zusammen, und während sie aufeinander zugehen und endlich das tun, worauf man als Zuschauer so sehr gewartet hat, nämlich leidenschaftlich intim werden, ertönen die ersten wohligen Klänge des Songs von Broken Social Scene. "Kiss like you mean it" sagte Gale Harold über seine Art, Liebesszenen zu spielen, und die großartige Chemie zwischen ihm und Randy Harrison wird für den Zuschauer so perfekt von der warmen, getragenen Stimmung des Songs untermalt, dass einem richtig feierlich zumute wird.
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"One Tree Hill", #5.02 / The Hours - Back When You Were Good
"I wish I knew you back when you were good."
© Warner Bros. Entertainment Inc.
"One Tree Hill" war in Staffel 1 bis 4 eine Teenie-Serie, die es wie kaum eine andere geschafft hat, dass einem die Charaktere wie Freunde ans Herz wuchsen und das selbst, wenn man sich als Zuschauer schon jenseits der Mitte 20 befand. Nach Staffel 4 jedoch wurde nicht zuletzt dem Alter der Darsteller Tribut gezollt, indem man einen Zeitsprung von vier Jahren machte, uns als Zuschauer aus den Geschichten herausriss und uns zusammen mit den Charakteren in das Leben nach dem College hineinwarf. Wohl aufgehoben aber fühlte man sich als Zuschauer trotzdem, da es den Figuren in etwa eben so schwer fiel, den Einstieg in den eigenen Ernst des Lebens zu finden. Der "The Hours"-Song bildet den Soundtrack zur Schlussmontage des Staffelauftakts und an dieser Stelle kann ich nur mein Fazit aus meiner damaligen Review zitieren: Wir sehen jeden der Hauptcharaktere noch einmal in der neuen Situation, in der er sich befindet und können diese am Ende nochmal damit vergleichen, was wir von den Charakteren bisher gesehen haben. Um dies mit den Worten des Refrains zu verbinden, wir kannten jeden der Charaktere, als sie noch "gut waren": Die geduldige, hilfsbereite Haley, den unverletzten, siegessicheren Nathan, den nachdenklichen, kreativen Lucas, die phantasievolle, mutige Peyton und die risikofreudige, selbstbewusste Brooke. Nicht jeder von ihnen hat sich diese Eigenschaften bewahrt. Der Hymnencharakter des Songs jedoch verspricht, dass es jetzt noch einmal so richtig losgehen wird!
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Nicole Oebel - myFanbase
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