Die besten Staffeln 2011/2012
Mad Men, Staffel 5
Seit wir auf myFanbase unseren jährlichen Season-Rückblick veranstalten, ist kein Jahr vergangen, in der "Mad Men" nicht in der Kategorie der besten Staffeln vertreten war. Kaum eine – um nicht zu sagen, keine – aktuelle Serie hält ein derart kontinuierlich hohes und anspruchsvolles Niveau wie das 60er-Jahre-Drama aus dem Hause AMC, das Jahr für Jahr immer wieder mehr Risiken wagt, überrascht, mitreißt und dem Publikum jedes Mal aufs Neue emotional etwas abverlangt. Auch in seinem fünften Jahr setzte "Mad Men" eine enorm hohe Qualitätsmesslatte und lieferte 13 sehr stringent und kohärent konzipierte Episoden ab, die jede für sich eine faszinierende Kurzgeschichte erzählten, und insgesamt wieder eine hochinteressante Studie menschlicher Verhaltensweisen und Charakterzüge darstellten.
"What is happiness? It's a moment before you need more happiness."
Staffel 5 war von einem zentralen Motiv geprägt, das mit dem Titel des Staffelfinales, #5.13 The Phantom, einen konkreten Namen bekam: das Jagen nach dem Besseren, dem Mehr, den eigenen Träumen von Glück, Selbstbestimmung, Liebe und Sinn, das sich letztlich als das Jagen nach einem Phantom herausstellt. Doch so sehr alle Charaktere in dieser Staffel auch versuchen, dieses Phantom zu fangen, es entwischt ihnen immer wieder. Immer wieder schleicht sich das Gefühl der Unzufriedenheit, der Unvollkommenheit, des Mehr-Wollens ein. Einige schaffen es, sich dieser ständig neuen, zehrenden Herausforderung zu stellen, andere scheitern daran – und darin liegt der Reiz von "Mad Men".
So haben wir mit Protagonist Don Draper einen Mann ersteren Schlags, der es immer wieder versucht und diesmal mit einer neuen Frau an seiner Seite ein besserer Mann werden will. Tatsächlich ist die Entwicklung, die Don in dieser Staffel durchmachte, bemerkenswert, gestand er seiner emanzipierten Ehefrau Megan doch Stück für Stück mehr Freiheit zu, bis er sie letztlich als gleichwertigen Partner respektierte – die Untreue, die Geheimnistuerei, all das scheint hinter Don zu liegen, und doch ist es ein ständiger Kampf gegen seine alten Dämonen. Gleichzeitig etablierte sich Megan spielend leicht als neue Frau neben dem enigmatischen Werbemann, bot ihm Paroli, stand ihm zur Seite, und bereicherte die ohnehin schon so schillernde Palette an Charakteren maßgeblich.
Nicht weniger interessant sind die Entwicklungen der anderen Charaktere, die alle ausnahmslos ihren Platz in der Staffel gefunden haben und die allesamt ihre Daseinsberechtigung bestätigten: Peggys berufliche Frustration und letztliche Kündigung bei Sterling Cooper Draper Pryce führte – mal wieder – zu einer herausragenden Szene zwischen Jon Hamm und Elisabeth Moss, und man darf nur beten, dass Peggy uns in Staffel 6 erhalten bleiben wird (!). Bettys Gewichtsprobleme, bedingt durch ihre eintönige Existenz als Vorstadthausfrau und den Konsequenzen ihrer Scheidung, zeigten eine weitere Facette des harten Kampfs um Glück und Zufriedenheit. Und vor allem Petes berufliche und private Verbitterung, und die daraus resultierende Abwärtsspirale in Ehebruch und regelrechte Depression, stellte mal wieder heraus, welch geniale Ambivalenz bei diesem Charakter besteht, den man einerseits hassen möchte, andererseits aber doch irgendwie bemitleidet und versteht.
Das Jagen nach dem Phantom, nach dem besseren Leben, wurde letztlich durch zwei Charaktere besonders dramatisch und schockierend dargestellt: Zum einen durch Joan, die ein unmoralisches Angebot annahm, und den Zuschauer damit vor ein moralisches Dilemma stellte. Zum anderen durch Lane Pryce, der aus seiner finanziellen und auch privaten Misere nur noch den Selbstmord als Ausweg sah und sich erhängte – ein drastischer Moment, der einem in seiner Tragik definitiv als dramaturgischer Höhepunkt der Staffel im Gedächtnis bleibt, gerade auch weil es enorm schade um Pryce und seinen Darsteller Jared Harris ist, der definitiv eine Bereicherung für "Mad Men" war.
Neben den zentralen Akteuren boten aber auch die Nebenfiguren viele großartige Subplots: Roger Sterlings Erfahrung mit LSD und der Zusammenbruch seiner zweiten Ehe mit Jane; die Thematisierung der aufstrebenden Alternativ- und Untergrundkulturen des damaligen Amerika durch das Wiedersehen mit Paul Kinsey; Michael Ginsberg als neuer Kreativgenius bei der Agentur und Freundfeind von Peggy; Ken Cosgroves literarische Ambitionen und seine standfeste Moralität; und vor allem alle Szenen mit der wunderbaren Kiernan Shipka – "Mad Men" schöpfte aus einer Fülle von Ideen und Talenten, und übertraf sich immer wieder selbst. Es gilt also mal wieder ein riesiges Danke an Matthew Weiner und seinen Stab, ein Danke für 13 Episoden meisterhafte TV-Unterhaltung und ein Danke für eine weitere Staffel der schlichtweg besten Serie, die es momentan im US-Fernsehen zu sehen gibt.
Maria Gruber - myFanbase
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