Die enttäuschendsten Storylines 2011/2012
Peter und die neue Realität (Fringe)

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Zweifelsohne war der Cliffhanger der dritten Staffel von "Fringe" ein Moment, der die Kinnläden der Zuschauer innerhalb weniger Sekunden in einer exorbitanten Geschwindigkeit hat herunterklappen lassen und sich die Zuschauer danach nur noch die Frage stellten, was zur Hölle das alles zu bedeuten hatte. Zurecht, schließlich stand Peter in einem Moment noch mit den anderen Charakteren in einem Raum und im nächsten Moment löste er sich im wahrsten Sinne des Wortes in Luft auf – ohne, dass das die anderen Figuren auch nur im Geringsten zu stören schien. Weshalb denn auch, schließlich habe Peter, wie uns am Ende von #3.22 Der Tag, an dem wir starben von einem der Beobachter mitgeteilt wurde, niemals existiert. Daaaa dam! Und damit endete die dritte Staffel – und das Unheil nahm seinen Lauf.

"This is gonna start getting annoying."

Foto: Joshua Jackson, Fringe - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Joshua Jackson, Fringe
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Die neue, peterlose Realität wurde von den meisten Zuschauern bereits von Anfang an mit allem anderen als Lob überschüttet. Das war irgendwo auch verständlich, schließlich wurden alle Entwicklungen zwischen den Charakteren, die man drei Jahre lang verfolgt hatte, mit einem Schlag zunichte gemacht. Die Liebesbeziehung zwischen Olivia und Peter, die in der dritten Staffel enorme Hürden meistern musste, gehörte nun der Vergangenheit an und auch die Entwicklungen bei Peter und seinem Vater, deren immer besser werdende Beziehung man die ganze Zeit mit einem riesigen Grinsen verfolgt hatte und immer eine Stärke der Serie war, fanden nun niemals statt. Deshalb musste man sich auch in den ersten Folgen der Staffel erst mal durch eine recht bedrückende Atmosphäre schlagen, die stellenweise interessant inszeniert wurde und besonders durch John Nobles Darstellung überzeugte. Aber irgendwo fühlte sich das Ganze einfach nicht nach der Serie an, die man mittlerweile so lieb gewonnen hatte. Als optimistischer Zuschauer nahm man das jedoch in Kauf, denn man glaubte die ganze Zeit fest daran, dass die Entscheidung der Autoren, eine neue Zeitebene ins Spiel zu bringen, auch einen größeren Sinn für die Serienmythologie haben wird, den man erst mit der Zeit erkennen würde.

So quälte man sich also mehr oder weniger durch diese Storyline, die auch nicht besser wurde, als Peter plötzlich wieder auftauchte. Die folgenden Episoden bestanden dann nämlich hauptsächlich daraus, dass Peter immer wieder einsehen musste, dass er offenbar in einer falschen Realität feststeckt und am Schluss einer jeden Episode die Entscheidung traf, in seine Realität mit den Menschen, die ihn lieben, zurückkehren zu müsse. Hier und da gab es dann immer wieder Annäherungen an Olivia und auch seine Beziehung zu Walter wurde des Öfteren thematisiert, doch wirklich interessante Entwicklungen blieben aufgrund Peters ständigen Glaubens, dass das ja gar nicht die Personen seien, für die er sie hält, aus. Und dann kam Peter am Ende von #4.15 Das Parfum zu der für die Zuschauer so ernüchternde Erkenntnis, dass er sich schon die ganze Zeit in der richtigen Realität befindet und die "alte" Realität einfach überschrieben wurde. Damit hatte sich das Thema für die Autoren dann offenbar auch erledigt, denn auf die Tatsache, dass Peter mal eben aus der Zeitebene gelöscht wurde, jedoch wieder auftauchte und sich nun in einer Realität wiederfindet, in der sich fast keiner der Charaktere an ihn erinnern kann, wurde lediglich in der drauffolgenden Episode noch einmal angeschnitten, fand aber sonst keinerlei Erwähnung mehr. Wieso auch, denn fortan fühlte es sich sowieso so an, als hätte das Ganze niemals stattgefunden.

Zwar erfuhr man als Zuschauer sowohl, weshalb er überhaupt durch die Beobachter aus der Zeitebene gelöscht werden sollte als auch, weshalb es nicht wirklich funktionierte, doch diese Antworten wirkten lediglich halbgar und letztlich wurde sowieso auf keine einzige der Antworten im Nachhinein noch einmal eingegangen. Zum Beispiel erfährt Peter von einem Beobachter, dass er ein Kind mit der Olivia aus dem anderen Universum hatte, das jedoch durch Peters Verschwinden aus der Zeitebene ausgelöscht wurde, um eine schreckliche Zukunft zu vermeiden. Jedoch wird weder darauf eingegangen, was genau es mit Baby Henrys katastrophalen Auswirkungen auf die Zukunft auf sich hat, noch wird danach überhaupt noch mal erwähnt, dass Peter nun weiß, dass er ein Kind mit der anderen Olivia hatte.

So war am Ende der vierten Staffel in dieser Hinsicht alles beim Alten. Von den Auswirkungen von Peters Verschwinden war nichts mehr zu spüren, da sich irgendwie alle Charaktere wieder genauso verhielten, wie in den Staffeln zuvor, obwohl sie sich alle, außer Olivia, eigentlich nicht mehr an Peter erinnern können. Und die Serienmythologie hat das Ganze auch nicht vorangetrieben, eher im Gegenteil. Weshalb die Autoren diese schlicht und ergreifend unnötige Handlung überhaupt gestartet haben? Nun, vielleicht wollten die Autoren einen Art Reboot starten, um verlorengegangene bzw. neue Zuschauer hinzuzugewinnen. Vielleicht wollten die Autoren ja auch einfach nur einen Weg finden, durch die neue Realität für einige unerwartete Momente zu sorgen, wie beispielsweise durch die Rückkehr todgeglaubter Charaktere oder die Darstellung völlig neu inszenierter Charakterbeziehungen, wie der eisigen Beziehung zwischen Walter und Nina Sharp. Vielleicht befanden sich die Autoren auch einfach nur in einem Vollrausch und waren im Glauben, "Fringe" würde noch weitere vier Jahre laufen, weshalb man unbedingt die Geschwindigkeit der Handlung drosseln müsse. Man weiß es nicht. Was man aber weiß, ist, dass der gesamte Storyarc sämtlichen relevanten Sinn vermissen ließ, inhaltlich des Öfteren mehr als unausgegoren wirkte und schrecklich unbefriedigend zu Ende gebracht wurde. Und dass die treuen Fans wegen eines solchen Murks über die Hälfte der Staffel auf Peter und Olivia als Liebespaar und auf die wunderbaren Vater/Sohn-Momente zwischen Peter und Walter verzichten mussten, haben sie alles andere als verdient.

Manuel H. - myFanbase

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