Die besten Storylines 2011/2012
Held oder Täter? (Homeland)
Seitdem man bei "24 - Twenty Four" regelmäßig an der Nase herum geführt wurde, inwieweit ein Mensch das ist, was er sein vorgibt, bin ich immer wieder empfänglich für undurchschaubare Szenarien, die einen selbst nach jeder Episode neu spekulieren lassen. Bei "Homeland" dachte ich zunächst, dass die Voraussetzungen kaum Zweifel zulassen, doch ich wurde eines Besseren belehrt.
An American prisoner of war turned!
Alles, was man als Zuschauer wusste, ist, dass Carrie Mathison (Claire Danes) den Tipp erhalten hatte, dass ein Amerikaner nach seiner Gefangenschaft die Seite gewechselt hat und als Terrorist zurück kehren wird. Mit dieser Information und Carries unnachahmlichen Eifer, dass dieser Amerikaner Brody sein muss, machte man es dem Zuschauer eigentlich ziemlich einfach. Da Carrie Alleinkämpferin ist, weil ihr fast niemand diese unglaubliche Theorie abnimmt, liegt es an ihr allein, die nötigen Beweise zusammen zu bekommen, damit man ihr glaubt und den Terrorakt verhindern kann. Dieser der Kern der Staffel ist an sich schon eine gelungene Basis, die genügend Spannung mit all der Charakterarbeit zugelassen hätte. Doch die Serie konnte noch viel mehr überzeugen, indem sie die gefühlte Eindeutigkeit zunächst gelungen immer weiter abschwächte und man als Zuschauer mit Carrie immer mehr zu zweifeln begann. Da man als Zuschauer sogar mehr Informationen zu Brody hatte als Carrie, ist das umso verwunderlicher und überwältigender, dass man in dieser Storyline der Richtung der Autoren so hilflos ausgeliefert war. Die Argumente überschlagen sich im eigenen Kopf und man stellt alles in Frage.
Besonders nach der siebten Episode #1.07 The Weekend war ich drauf und dran, Brody seine gut durchdachte Geschichte komplett abzunehmen und ihn als Terroristen nicht mehr in Betracht zu ziehen. Es war eigentlich nur die Überzeugung, dass man genau das bewirken wollte, die mich an Brody als Täter festhalten ließ. Trotzdem wurde es phantastisch umgesetzt, wie man alle Argumente und Theorien von Carrie, die bis dato so deutlich schienen, aus der Welt geräumt und jeden Schritt von Brody erklärte. Gepaart mit all den Nebengeschichten, Carries Problemen, ihrer Aufopferung für die Arbeit, der Widerstand gegen ihre verwegene Theorie und die sich entwickelnde Liebe kommt man einfach nicht umhin, diese gesamte Staffel aufzusaugen und zu lieben. Die zentrale Storyline ist derart gut inszeniert, dass der Rest fast zum Selbstläufer wurde. Von ihr strahlte alles aus. Sie treibt die Charakterarbeit voran und sie ist vor allem noch nicht zu Ende. Zwar weiß man nun sicher, dass Carrie recht hat, aber ihr fehlen weiterhin die Beweise.
Selten wurde es bei einer Serie so deutlich, wie wichtig es ist, aus einer spannenden und interessanten Grundidee auch das Optimum heraus zu holen, um überzeugen zu können. Die erste Staffel hat jedenfalls zurecht zahlreiche Nominierungen und Preise ergattert, weil die Storyline um Brody ohne Schwächen das volle Potenzial auszunutzen wusste und Woche für Woche begeisterte.
Emil Groth – myFanbase
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