Die besten Storylines 2012/2013
Suche nach Drew Thompson (Justified)

Foto:

Serien wie "Justified" basieren auf einem altbekannten Erzählschema: Ein Protagonist muss einen (oder mehrere) Antagonist(en) innerhalb einer bestimmten Rahmenhandlung überwältigen und dabei meist verschiedene Hindernisse und eigene Schwächen überwinden. "Justified" hat in der Vergangenheit verschiedene Variationen dieses Schemas gezeigt: In Staffel 1 musste unser Protagonist Raylan Givens gegen Boyd und die Crowder-Sippe vorgehen, in Staffel 2 galt es, Matriarchin Mags Bennett das Handwerk zu legen, und in Staffel 3 gab es mit Robert Quarles und Ellstin Limehouse gleich zwei Gegner zu schlagen. Zweifellos gelang es "Justified" mit allen drei Storylines, sehr gut durchdachte und hochqualitative Serienunterhaltung zu liefern und sich als herausragendes Südstaaten-Crimedrama zu etablieren. Doch mit Staffel 4 wollten die Serienmacher etwas anderes, sie wollten etwas Neues wagen, sie wollten weg vom Schema Raylan vs. Bösewicht. Und so schickten sie Raylan auf die Suche nach Drew Thompson.

"First thing we're gonna do is we're gonna acknowledge that this guy's awesome."

Foto: Timothy Olyphant, Justified - Copyright: FX / SONY
Timothy Olyphant, Justified
© FX / SONY

Die Suche nach dem mysteriösen Drew Thompson beginnt sehr gemächlich. Zunächst bekommt Raylan eher zufällig eine Tasche in die Hände, durch die die Suche nach Thompson losgetreten wird. Thompson war vor Jahrzehnten vor Mafiaboss Theo Tonin geflohen, den er dabei beobachtet hatte, wie er einen Informanten der Regierung ermordet hat. Er landete mit einem Fallschirm und einer Tasche Kokain in Harlan County und tauchte unter. Die Marshals suchen daher nun nach einem Mann, dessen Gesicht und Identität sie nicht kennen. Dabei tappen sie leider erstmal lange im Dunkeln und gehen falschen Fährten nach, sodass die Storyline zumindest am Anfang durchaus ein wenig stagniert. Doch obwohl im Drew-Thompson-Fall in der ersten Hälfte der Staffel kaum etwas vorangeht, so sorgt er doch dafür, dass sich unser Protagonist mit einer zentralen Person in seinem Leben auseinandersetzt: Arlo, seinem Vater.

Und genau diese Tatsache ist es, die diese Storyline so gut macht: Der Fall Drew Thompson ist ein persönlicher Fall für Raylan und seine Konsequenzen reichen weit in seine Vergangenheit und auch die von Boyd. Thompson brachte damals das Kokain nach Harlan County und zog Leute wie Arlo Givens und Bo Crowder ins kriminelle Drogengeschäft. Noch dazu ist Arlo der einzige, der Thompsons wahre Identität kennt. Doch egal, wie oft Raylan mit Arlo zu verhandeln versucht, er weist seinen Sohn immer wieder vehement ab und verweigert ihm die Hilfe. Für Raylan ist dies ein herber Schlag, denn auch wenn er äußerlich vorgibt, emotional mit Arlo abgeschlossen zu haben, so trifft es ihn doch sehr, dass sein eigener Vater nicht einmal ansatzweise gewillt ist, mit ihm zu kooperieren, nicht einmal am Sterbebett. So stirbt Arlo schließlich mit dem Geheimnis um Thompsons Identität und hinterlässt einen enttäuschten und wütenden Sohn, der nun mehr denn je gewillt ist, Thompson zu finden.

Ab diesem Punkt nimmt die Story dann auch endlich an Fahrt auf und entwickelt sich zu einem komplexen Geflecht aus verschiedenen kollidierenden Interessen. Raylan und die Marshals wollen Thompson finden, damit er gegen Tonin aussagen kann; Tonin aber will Thompson ebenfalls finden, um genau dies zu verhindern und engagiert dafür Boyd. So arbeiten Raylan und Boyd erneut gegeneinander, geraten immer wieder in Konflikte, und erfahren schlussendlich auch, wer denn der ominöse Drew Thompson ist: Sheriff Shelby Parlow. Diese Überraschung gelingt ganz hervorragend, zum einen, weil sie durchaus unerwartet kommt, zum anderen, weil man mit Parlow einen Mann zum Gesuchten macht, der trotz allem ein grundsympathischer und eigentlich sogar recht anständiger Kerl ist, wodurch sich "Justified" mal wieder jeglicher moralischer Schwarz-Weiß-Malerei verweigert. Das Wettrennen zwischen, Raylan, Tonins Männer und Boyd bei der Suche nach Thompson (und später noch Ellen May) wird vor allem in den Episoden #4.08 bis #4.12 hochspannend und sehr clever inszeniert und bietet vielerlei großartige Stand-Offs – und auch die Nachwehen dieser Geschichte werden mit dem Staffelfinale konsequent behandelt und zufriedenstellend abgeschlossen.

Das Risiko der "Justified"-Macher, in Staffel 4 keinen Bösewicht zu präsentieren, sondern diese neue Plotstruktur einzuführen, hat sich letztlich mehr als gelohnt. Die Suche nach Drew Thompson überzeugt deshalb, weil sie einen noch tieferen Einblick in die Historie von Harlan County gewährt und sich nahtlos in diese einfügt, weil sie auf unsere Protagonisten persönliche Auswirkungen hat und sie vor große Herausforderungen stellt, und weil sie eine überraschende Auflösung bietet. So sieht intelligentes Storytelling aus.

Maria Gruber - myFanbase

Zur vorherigen Storyline | Zur Übersicht | Zur nächsten Storyline

Kommentare