Die besten Charaktere 2012/2013
Jaime Lannister (Game of Thrones)
Mit Daenerys Targaryen ist bereits eine Figur aus "Game of Thrones" in der illustren Runde der besten Charaktere vertreten, die durch ihren imposanten, bildgewaltigen Siegeszug und ihre wachsende innere Stärke in der dritten Staffel überzeugen konnte. Der tiefe Fall von Jaime Lannister mag dazu zwar im krassen Gegensatz stehen, doch die Komplexität, die der einst so strahlende und unantastbare Anführer der Königsgarde dadurch erhält, wurde so brillant herausgearbeitet, dass auch dieser Charakter einen Platz in dieser Kategorie erhält.
"Kingslayer. Oathbreaker. Man without honor."
Dass hinter der aalglatten Oberfläche des schlagfertigen, skrupellosen Schönlings mehr steckt, wurde schon seit der ersten Staffel immer wieder angedeutet und die Serie hat hier auch hervorragende Vorarbeit geleistet, um die Vielschichtigkeit des Charakters anzulegen, wie zum Beispiel in der Unterhaltung zwischen Ned und Jaime im Thronsaal nach der Ankunft in Königsmund. In der dritten Staffel offenbart sich diese Komplexität schließlich mit voller Macht: Nachdem man bislang nur erlebt hat, wie Jaime jedem Gegner furchtlos und mit verächtlicher Arroganz entgegen tritt, treibt er seine Spielchen gegenüber Locke zu weit und seine vermeintliche Überlegenheit und Unantastbarkeit wird ihm zum Verhängnis. Denn der Gefolgsmann von Roose Bolton schafft es in seiner sadistisch-brutalen Art, Jaime mit einem (Beil-)Schlag seine Identität zu nehmen, indem er ihm seine Schwerthand abschlägt. Dabei verliert Jaime auch die unsichtbare Rüstung aus Stolz und Gleichgültigkeit, die er sich seit Roberts Rebellion zugelegt hat und die es ihn all die Jahre ertragen ließ, als "kingslayer" gebrandmarkt zu werden.
Nach #3.03 Der Weg der Züchtigung zeigt sich der gebrochene Mann oder besser gesagt der gebrochene Jüngling, den Jaime tief in sich vergraben hatte, und der zentrale innere Konflikt dieser Figur offenbart sich in #3.05 Vom Feuer geküsst in einer der atmosphärisch dichtesten Szenen der gesamten Serie. Beim gemeinsamen Bad mit Brienne, das kammerspielartig inszeniert wird, macht er nicht nur ihr, sondern auch dem Zuschauer klar, wie tief es ihn verletzt, dass die mutigste Tat seines Lebens der Grund ist, dass er als Eidbrüchiger verachtet wird. Niemand interessiert sich dafür, dass er mit dem Mord an Aerys Targaryen nicht nur seinen eigenen Vater, sondern tausend Unschuldige in Königsmund und ganz Westeros vor dem Wahnsinn des Verrückten Königs gerettet hat. Was zählt ist einzig und allein die Tatsache, dass er als Mitglied der Königsgarde seinen Schwur, den König mit seinem eigenen Leben zu beschützen, gebrochen hat. Nun ist es relativ einfach, einem Charakter eine tragische Vorgeschichte aufs Auge zu drücken, aber es funktioniert bei weitem nicht immer, diese Komplexität mit der nötigen Tiefe zu versehen. Nikolaj Coster-Waldau gelingt es jedoch in dieser einen Szene, die ganze Seelenlast des Charakters bloßzulegen und die jahrelange Verachtung, unter der er stoisch gelitten hat, für den Zuschauer absolut greifbar zu machen.
Doch Jaimes Entwicklung in der dritten Staffel ist damit noch nicht beendet: Nach diesem Moment der größten Verletzlichkeit und Offenheit schwingt er sich noch zu wahrem Heldentum auf und rettet Brienne vor dem quälenden, aber sicheren Tod durch Locke und dessen kranken Ideen. Er beweist, dass der moralische Jüngling, der einst Aerys ermordet hat, noch immer in ihm steckt und eilt seiner Feindin zu Hilfe, für die er in ihrer gemeinsamen Zeit trotz seiner Abneigung so viel Respekt aufgebaut hat, dass er es nicht mit sich vereinbaren kann, sie ihrem Schicksal zu überlassen. Das Bemerkenswerte dabei ist jedoch, dass Jaime trotz dieser neuen Facetten, die zu einem besseren Verständnis der Figur führen, sein bisheriges Gehabe nicht einfach verliert. Er bleibt weiterhin arrogant, schlagfertig und skrupellos, aber die grandiosen Momente, die nach und nach die Schichten hinter dieser Fassade enthüllen, stellen auf überragende Weise wieder einmal heraus, wie meisterhaft sich "Game of Thrones" darauf versteht, ambivalente Figuren zu erschaffen, die sich nicht einfach in eine Schublade stecken lassen. Außer in die der besten Charaktere.
Lena Stadelmann - myFanbase
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