Die besten Beziehungen 2012/2013
Hannibal & Will (Hannibal)
Die neue TV-Serie "Hannibal" beleuchtet das Kennenlernen und die frühe Beziehung zwischen Will Graham und Dr. Hannibal Lecter. Will Graham ist ein Profiler des FBI, befindet sich zu Beginn der Serie allerdings nicht im Dienst, da er sich nach eigener Aussage in einem Zustand zwischen Asperger Syndrom und Autismus befindet. Tatsächlich verfügt Will über "pure Empathie", er kann sich vollständig in Psychopathen und andere Menschen mit oder ohne Persönlichkeitsstörung hineinversetzen und ihr Handeln sowie ihre Motivation nachzeichnen bzw. auch in etwa vorhersehen. Seine Vorstellungskraft ist nahezu grenzenlos, allerdings kann er diese Gabe kaum kontrollieren und verliert selber mehr und mehr den Hang zur Realität. Unterstützt wird dies von einer starken Enzephalitis, einer Entzündung seines Gehirns, von der er nichts weiß, die sowohl Halluzinationen hervorruft, als auch für seine Autismus-ähnliche Verhaltensstörung verantwortlich sein kann. Als er durch Chef-Profiler Jack Crawford zurück in den Dienst zitiert wird, um einen Serienkiller zu schnappen, wird ihm der forensische Psychiater Dr. Hannibal Lecter zur Seite gestellt, den er konsultieren soll, um die Auswirkungen seines intensiven Auseinandersetzens mit Mördern und Opfern auf seinen eigenen Geisteszustand zu überwachen, aber auch seine Erkenntnisse und Theorien über Täter und Crime Scenes durchzusprechen und zu prüfen.
"You cannot function as an agent of friendship for a man who is disconnected from the concept as a man who is disconnected from the concept."
Hannibal ist ein sehr eleganter Mann mit exquisitem Geschmack und einem Sinn für Musik, Kunst und Literatur. Er selbst und alles um ihn herum ist wie aus dem Ei gepellt, die Oper treibt ihm Tränen in die Augen, und aus seiner Nahrung, die er stets selber kocht, macht er ein Fest für die Sinne. Er ist ungemein beherrscht und wählt die wenigen Menschen, mit denen er sich umgibt, sorgfältig aus. Und das nicht ohne Grund, schließlich ist er ein kannibalischer Serienmörder, der in seinen kunstvoll zubereiteten Gerichten meist seine Opfer mitverarbeitet. Da ist es speziell interessant, dass er sich gerade für Will Graham so sehr interessiert, da dieser aufgrund seiner Fähigkeit und beruflichen Tätigkeit genau derjenige sein könnte, der ihn entlarven wird. Aber genau das scheint für Hannibal eine unwiderstehliche Herausforderung zu sein, denn so sehr sich die beiden Männer in einigen Dingen unterscheiden, so sehr meint Hannibal in Will eine verwandte Seele anzutreffen. Sie sind beide Einzelgänger, beide auf gewisse Weise der Realität und dem "normalen Leben" entrückt, beide überdurchschnittlich intelligent, feinsinnig und empfindsam und haben beide ein intrinsisches Verständnis für den Akt des Tötens, wenn ihr Umgang damit auch ausgesprochen unterschiedlich zu sein scheint.
Hannibal ist fasziniert von Wills ausgeprägter Fähigkeit zur Empathie, und er bedient sich im Laufe der ersten Staffel verschiedener Manipulationsstrategien, um Wills Handeln zu beobachten und seine Reaktionen zu studieren. Dabei hilft er Will zunächst, in seinem ersten Fall das Leben der Tochter eines Serienkillers zu retten, um im weiteren Verlauf über die Position der gemeinsamen Retter des Mädchens, Abigail Hobbs, auch eine Bindung zwischen sich und Will herzustellen. Wieder und wieder bezeichnet er sich und Will als Ersatzfamilie Abigails. Zudem arbeitet Hannibal extrem mit dem schlechten Gewissen Wills, der letztlich derjenige war, der den Serienkiller Hobbs bei der Konfrontation - ebenfalls durch Hannibal manipuliert - erschossen hatte. Er leitet Will an, selbst zu der Erkenntnis zu kommen, dass Töten gut sein und sich gut anfühlen kann.
Hannibal greift mehrfach in die Ermittlungen ein, indem er sein Insiderwissen nutzt. Mal betätigt er sich als Copycat-Killer, ergänzt aber Details, um zu sehen, wie sie auf Will wirken und ob sie ihn auf die richtige Spur bringen. Mal begeht er einen Mord, um etwas zu vertuschen oder die Schuld auf jemand bestimmten zu schieben, und immer durchschaut Will dieses Verhalten ganz genau, bis er schließlich kombiniert, dass es sich bei dem Copycat-Killer bzw. der Person, die die Ermittlungen beeinflusst, um jemanden aus den eigenen Reihen handeln muss. Zu diesem Zeitpunkt aber hat Hannibal Wills Vertrauen schon vollkommen auf seiner Seite. Er hat sich mehrfach als Wills Freund bezeichnet, eine Rarität sowohl in Wills Leben als auch in Hannibals, er hat sich immer ansprechbar für Will gezeigt und ihn gleichzeitig von Jack Crawford distanziert, und im Zusammenhang mit Abigail hat er dafür gesorgt, dass Will und er ein dunkles Geheimnis teilen, nämlich dass diese nicht ganz so unschuldig ist, wie Hannibal das FBI hat glauben lassen. Will konsultiert also in jeder möglichen und unmöglichen Situation einzig und allein Hannibal und vertraut ihm vollkommen. Und so informiert er ihn auch arglos darüber, wie dicht er ihm eigentlich schon auf den Fersen ist.
Hannibal, der Will einem CT unterzogen, ihm seine Diagnose der Enzephalitis anschließend aber vorenthalten hat, nutzt nun wiederum seinen Trumpf im Ärmel, und macht nicht nur Will glauben, dass er geisteskrank und damit in gewissem Maße von ihm abhängig ist, er impft diesen Gedanken auch Jack Crawford ein und schiebt so die Schuld an den Insider-Morden auf Will, während er sich gleichzeitig als Wills einzigen echten Freund hinstellt. Interessant dabei ist, dass es oftmals so wirkt, als würde er Will wirklich gerne als einen echten Freund sehen. Er äußert dies zumindest auch seiner eigenen Psychiaterin gegenüber und er scheint sich auf gewisse Weise tatsächlich um Will zu sorgen, während er aber zugleich derjenige ist, der Wills adäquate Behandlung und Genesung verhindert. Diese verschiedenen Ebenen machen die Dynamik in der Beziehung der beiden Hauptfiguren unwahrscheinlich spannend.
Gut möglich, dass Hannibal Will vollständig isolieren und ihn in eine Position bringen will, in der er selbst glaubt, ein Mörder zu sein, um dann zu betrachten, inwieweit sie wirklich Gleichgesinnte sind. Eventuell verrät das Staffelfinale schon mehr darüber; was diese Beziehung aber schon jetzt zu einer der besten der vergangenen TV-Season macht, ist die überaus gelungene emotionale Manipulation des Zuschauers, der sich diese echte Freundschaft zwischen Hannibal und Will über alle Maßen wünscht, all der grausamen und grotesken Fakten über Dr. Lecter zum Trotz. Und das sei nicht zuletzt der herausragenden Darstellung Hugh Dancys und Mads Mikkelsens gedankt, die einen vergessen lassen, dass diese Rollen in der Vergangenheit bereits von einigen der besten Schauspieler unserer Zeit gespielt wurden.
Nicole Oebel - myFanbase
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