Die enttäuschendsten Staffeln 2012/2013
Grey's Anatomy, Staffel 9

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Genau genommen ist die Bezeichnung "enttäuschendste" Staffel nicht korrekt. Die neunte Staffel von "Grey's Anatomy" konnte mich im klassischen Sinne gar nicht enttäuschen, da ich bereits im Vorfeld befürchtet habe, dass sie mir nicht gefallen würde. Der Flugzeuabsturz im Finale der achten Season war mir einfach zu heftiges, gewolltes und unüberzeugend insziniertes Drama, um der neunten Staffel positiv entgegenzusehen. Ich hätte mich aber auch irren können. Die neunte Staffel hätte wider erwarten richtig toll werden und mich begeistern können. Dem war aber leider nicht so.

Der Tod ist allgegenwärtig

Nachdem das Finale der achten Staffel bereits einen tödlichen Ausgang für den Charakter Lexie Grey genommen hat, stirbt zu Beginn der neunten Season auch noch Mark Sloan. Damit brechen nicht nur zwei beliebte Figuren weg, die seit vielen Jahren ein fester Bestandteil von "Grey's Anatomy" waren, die Serie verliert auch eines ihrer meist diskutierten und geschätzten Paare. Ich war nicht von Anfang an Fan dieser beiden Charaktere, aber sie sind mir im Laufe der Zeit ans Herz gewachsen. Vor allem Lexie hat immer viel Humor in die Serie gebracht und es Meredith ermöglicht, in die Rolle einer großen Schwester hineinzuwachsen. Eine Rolle, die ihr sehr gut stand.

Obwohl "Grey's Anatomy" natürlich auch von den medizinischen Fällen lebt, die ein Gemisch aus tragischen, dramatischen skurrilen, romantischen und sozialkritischen Geschichten darstellen, bilden die Hauptcharaktere und ihre folgenübergreifenden Storylines letztlich das Fundament einer jeden Staffel. Am Ende bleiben weniger die einzelnen Patienten, sondern die Entwicklungen der Ärzte in Erinnerung. Die neunte Staffel kann mit vielen ihrer Charakter-Storylines jedoch einfach nicht punkten.

Den Verlust von Lexie und Mark sowie von Teddy Altman, welche ebenfalls im Finale von Staffel acht ihren letzten Auftritt hatte, sollen die fünf neuen Assistenzärzte Shane Ross, Jo Wilson, Heather Brooks, Leah Murphy und Stephanie Edwards kompensieren. Dies funktioniert allerdings nicht sonderlich gut. Sie werden uns Zuschauern regelrecht aufs Auge gedrückt und wirken dabei doch oftmals nur wie blasse Schatten der altgedienten Hauptcharaktere.

Besonders herausgestellt wird von Beginn an Jo Wilson, die sich sehr vorhersehbar zu Alex Karevs neuem Schwarm entwickelt. Die Romanze zwischen Jo und Alex verläuft weitestgehend nach dem üblichen Schema und kann daher nicht mitreißen. Statt dass die Chance genutzt wird, die Entstehung einer platonischen, geschwisterlichen Freundschaft zu zeigen, wählen die Autoren wie so oft den Weg der komplizierten Liebesgeschichte und des Beziehungsdreiecks.

Der Mangel an Begeisterung für dieses neue Paar liegt auch sehr stark in Jo als Person begründet. Sie erscheint als sehr unausgewogene Mischung aus Meredith (verkorkst und stark zugleich), George O`Malley (sensibel, etwas tollpatschig und gutherzig), Izzie Stevens (hübsch und unterschätzt) und Alex (schwere Kindheit, die Spuren hinterlassen hat). Mal verhält sie sich sehr weinerlich und selbstmitleidig, was angesichts der vielen Kastatrophen, die den anderen Figuren der Serie zuletzt widerfahren sind, vollkommen stört, dann wieder kommt sie sehr kämpferisch rüber. Es dauert wirlklich lange, bis man ansatzweise mit ihr warm wird.

Ein richtiges Desaster ist die Entwicklung zwischen April und Jackson, die sich ihren Platz unter den enttäuschendsten Beziehungen 2012/13 redlich verdient haben. Was sich zwischen den beiden abspielt, ist furchtbar nervig und schadet dem Gesamteindruck dieser Staffel enorm, zumal keine richtig starke Storyline vorhanden ist, die dieses frustrierende Geschehen ausgleicht.

Natürlich wird auch der Flugzeugabsturz aufgearbeitet, aber auf eine Weise, die viele Fragen offen lässt und den Zuschauer nicht zufrieden stellt. Zunächst gehen die betroffenen Ärzte um Meredith gegen die Fluggesellschaft vor und wollen sich nicht mit einem Vergleich abspeisen lassen, da es ihnen wichtiger ist, dass der Absturz eindeutig aufgeklärt wird und sich in dieser Form nicht wiederholen kann. Das leuchtet ein. Plötzlich verlagert sich der Fokus jedoch völlig und das Seattle Grace/Mercy West selbst bekommt die Schuld zugesprochen, da es von Mängeln bei der Fluggesellschaft wusste, diese aber trotzdem engagiert hat. Als Zuschauer weiß man gar nicht richtig, wie einem geschieht. Es ist nicht wirklich nachvollziehbar, warum die Fluggesellschaft von einem Moment auf den anderen völlig raus aus jeder Verantwortung ist, obwohl sie doch offensichtlich ein fehlerhaftes Flugzeug gestellt hat. Auch wenn das Seattle Grace/Mercy West wusste, dass die Fluggesellschaft mangelhafte Leistung bringt, entschuldigt das die mangelhafte Leistung nicht.

Dem Seattle Grace/Mercy West droht nach den Entschädigungszahlungen, die es leisten muss, der finanzielle Ruin. Daraus ergeben sich einige durchaus spannende und emotionale Facetten, die aber nicht darüber hinwegtäuschen können, dass die ganze Problematik an sich nicht ganz stimmig ist. Am Ende wird das Seattle Grace/Mercy West gerettet und erhält den neuen Namen Grey + Sloan Memorial Hospital. Das Krankenhaus wechselt fast so häufig seinen Namen, wie die Ärzte dort sterben.

Maret Hosemann - myFanbase

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