Die besten Staffeln 2012/2013
Mad Men, Staffel 6
"Mad Men" ist wie ein gutes Glas Whisky: erfrischend, belebend und, wenn man nicht aufpasst, süchtig machend. So wie man beim Ansetzen des Whiskyglases mit Spannung und Vorfreude den kühlen Genuss des Getränks erwartet und bis zum letzten Schluck genießt, so ist auch die Vorfreude auf jede neue "Mad Men"-Staffel jedes Jahr aufs Neue enorm und jedes Jahr aufs Neue genießt man von Episode 1 bis 13 die grandiose TV-Unterhaltung, die einem geboten wird. Auch mit der nunmehr sechsten Staffel konnte Matthew Weiner unter Beweis stellen, was für ein außerordentlich talentierter Geschichtenerzähler ist, wie großartig durchkonzipiert seine Vision von "Mad Men" ist und dass diese Serie einfach zum Besten gehört, was das US-Fernsehen aktuell zu bieten hat.
"I always thought you learned more from disappointment than you do from success."
Und dabei ging Weiner für Staffel 6 ein sehr hohes Risiko ein: Er beschloss, seinem enigmatischen Protagonisten, dem scheinbar so unantastbaren Übermann Don Draper, den Boden unter den Füßen wegzuziehen und ihn in eine astreine Midlife-Crisis schlittern zu lassen. Dass Don schon immer einen Hang zur Selbstzerstörung hatte, war bereits bestens bekannt, doch was da in Staffel 6 passiert, kann nur als völlige Dekonstruktion dieses Charakters beschrieben werden. Wunderbar ist es dabei, wie undramatisch Weiner vorgeht, und stattdessen Schritt für Schritt und ohne Rücksicht auf Verluste den Niedergang des Don Draper herbeiführt: die Ehekrise zwischen Don und Megan (inklusive einer relativ unnötigen Affäre mit der Nachbarin), Dons Distanzierung von Schützling Peggy bis hin zu deren offener Abneigung ihm gegenüber, die Vernachlässigung seiner Kinder, sein völlig egozentrisches und verantwortungsloses Verhalten bei Sterling Cooper & Partners – und so endet Don letztlich unweigerlich dort, wo er vielleicht enden musste, um sich seiner Misere bewusst zu werden: am Abgrund.
Diese Abwärtsspirale wird dramaturgisch und schauspielerisch (anbetungswürdig: Jon Hamm!) derart meisterhaft erzählt, dass man vor "Mad Men" nur mal wieder den Hut davor ziehen kann, wie phänomenal es darin ist, die Charakterstudie des Don Draper auch im sechsten Jahr zu so einer derart faszinierenden Angelegenheit zu machen. Gleichzeitig wird aber auch die Entwicklung der anderen Protagonisten konsequent vorangetrieben: Ganz hervorragend etwa ist Peggys stetige Emanzipierung zu einer knallharten und versierten Werbetexterin, die sich auch im schwierigen Spannungsfeld zwischen ihrem alten Mentor Don und ihrem neuen Chef und späteren Liebhaber Ted Chaough zu behaupten versteht. Letzterer erwies sich im Laufe der Staffel als eine enorme Bereicherung, nicht nur wegen seiner Involvierung mit Peggy, sondern vor allem auch als moralischer Gegenpol zu Don Draper. Quasi nahtlos hat man Chaough ins Geflecht der Hauptcharaktere aufgenommen, ein völlig organischer Prozess. Gleiches gilt für Bob Benson, der durch seine gemeinsamen Storylines mit Pete und Joan bald nicht mehr aus der Serie wegzudenken war. Während Pete parallel zu Dons Midlife-Crisis eine Art Quarterlife-Crisis durchlebte (was dem fabelhaften Vincent Kartheiser mal wieder Momente bot, in denen er glänzen konnte), wurde Joan in dieser Staffel leider ein wenig vernachlässigt und hätte ruhig noch viel mehr in das Gesamtgeschehen eingebunden werden sollen. Doch das ist nur einer von sehr wenigen Vorwürfen, die man "Mad Men" in Season 6 machen kann.
So viele Dinge müssten eigentlich noch Erwähnung finden: die immerwährende Genialität des Roger Sterling (der quasi parallel zu Don und Pete in der Three-Quarterlife-Crisis sitzt), die emotionsgeladene Reunion von Don und Betty, die teilweise unfassbaren WTF-Momente (Stepptanz im Büro! Bajonett im Bauch! Kugel im Auge!), Kiernan Shipkas mal wieder außerordentliche Leistung und überhaupt die Brillanz des gesamten Casts... man könnte hier noch unendlich weitermachen. Fakt ist jedenfalls: "Mad Men" hat auch in seiner sechsten Staffel überhaupt nichts von seinem Reiz verloren, ganz im Gegenteil. Es ist und bleibt ein Meisterwerk und muss auch 2012/2013 zu den Top-Serien gezählt werden. Darauf kann man mit einem Glas Whisky anstoßen – cheers!
Maria Gruber - myFanbase
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