Die besten Staffeln 2013/2014
Fargo, Staffel 1

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Die Anthologie-Serien sind gerade der allerletzte Schrei, was mit "American Horror Story" begann und dort immerhin schon bald ins vierte Jahr geht, hat in der TV-Season 2013/2014 mit den neuen Anthologie-Formaten "True Detective", "Penny Dreadful" und "Fargo" seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden. Dabei hatte ich persönlich in die Neuauflage beziehungsweise Nacherzählung des Kultfilms der Coen-Brüder, ohne deren direkte Beteiligung, die geringsten Erwartungen. Im Gegenteil, ich konnte mir gerade in dem Falle so gar nicht vorstellen, wie die Sache funktionieren könnte. Aber am Ende gehörte die erste Staffel von "Fargo" zu meinen absoluten Lieblingsserien dieser TV-Season, denn Serienmacher Noah Hawley gelang das Kunsstück, einerseits altbewährte, meist stilistische Elemente, der Vorlage mit vollkommen neuen Motiven zu verknüpfen.

"Lester, is this what you want? Yes or no?"

Foto: Allison Tolman, Fargo - Copyright: 2014, FX Networks. All rights reserved.; FX/Matthias Clamer
Allison Tolman, Fargo
© 2014, FX Networks. All rights reserved.; FX/Matthias Clamer

Dabei sind die Details der Geschichte irgendwie ähnlich der Vorlage, Martin Freemans Lester erinnert an William H. Macys Figur aus "Fargo", ohne eine eins zu eins Nacherzählung zu sein und Billy Bob Thornton als Lorne Malvo ist zwar vollkommen neu hier, wirkt aber wie aus einem anderen Coen-Film direkt importiert. Das wahre Kunststück ist der Serie aber vor allem mit Molly Solverson gelungen, die von der absoluten Newcomerin Allison Tolman fantastisch verkörpert wird. Der Schatten von Frances McDormand war derart lang, dass Noah Hawley sich einen besonderen Plan überlegte, die die Zuschauer Molly als vollkommen eigenständige Person kennenlernen sollten, bevor man den Vergleich zu ihrer Vorlage zog. Ich will hier nicht zu viel verraten, denn der entscheidende Punkt in der achten Episode der Staffel, der den Bogen in Bezug auf Molly zum Film "Fargo" zieht, war eine der größten und vor allem gelungensten Überraschungen der letzten Season. Nur so viel sei gesagt, Molly ist ein einzigartiger Charakter, der die TV-Landschaft deutlich bereichert hat und Allison Tolman hoffentlich zu einer großen Karriere verhelfen wird.

Aber nicht nur was das Casting (wozu man unbedingt auch noch Colin Hanks und Keith Carradine erwähnen muss) und die gelungene Umsetzung der Coen-Stimmung angeht, konnte "Fargo" komplett überzeugen. Die Serie hat es von Beginn an geschafft, eine spannende Kriminalgeschichte zu erzählen, in der die Rollen von Gut und Böse entgegen der überwiegenden Tendenzen des Kabelfernsehens der letzten Jahre, überraschend klar verteilt waren. Man konnte im Mittelteil der Geschichte sogar Interpretationen anwenden, die in Lorne Malvo die Inkarnation des übernatürlichen und in Lester die des alltäglichen Bösen sieht, aber trotz dieser klaren Rollenverteilungen war es nie langweilig und es hat der Geschichte auch nicht an der nötigen Tiefe gefehlt. Ich persönlich habe es genossen, meine Sympathien hier einer durch und durch guten und gleichzeitig intelligent und kompetenten Figur wie Molly zu schenken, während ich Lester immer mehr und mehr verachten durfte. Gerade diese klaren Gefühle haben es ermöglicht, diese in sich abgeschlossene Geschichte in vollen Zügen zu genießen. Dazu kommen die großartige Atmosphäre, die durch die verschneite Landschaft und die geniale Kameraarbeit verströmt wurde und die spezifischen Nebenfiguren, die nicht alle dazu dienten, das große Ganze voranzutreiben, sondern vielfach einfach nur die wunderbar skurrile Welt bevölkerten.

"Fargo" ist ein Beweis dafür, dass die lange totgeglaubte Form der Miniserie aktuell eine absolute Blütezeit erlebt. Dabei beschreitet man nun auch einen neuen Weg und verknüpft auch die angekündigte zweite Staffel (die in der Vergangenheit eines der Nebencharaktere spielen wird) lose mit der ersten und diese wiederum mit der Welt, in der bereits der Film spielte. Man beweist damit Fantasie und Einfallsreichtum und den Mut, die Möglichkeiten die einem das Medium Fernsehen ermöglicht, voll auszuschöpfen.

Cindy Scholz - myFanbase

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