Die besten Charaktere 2014/2015
Kimmy Schmidt (Unbreakable Kimmy Schmidt, Staffel 1)

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15 Jahre verbrachte Kimmy Schmidt zusammen mit drei anderen Frauen in einem Bunker, stets in dem Glauben, dass die Welt, wie sie sie kannte, durch eine nukleare Katastrophe unbewohnbar gemacht wurde und der Reverend, der sie damals im Alter von 14 Jahren unter seine Fittiche genommen hatte, nur ihr Bestes wollte. Als sie von einem Sondereinsatzkommando befreit werden, werden die vier "Maulwurffrauen", wie die Presse sie wenig schmeichelhaft nennt, von Talkshow zu Talkshow gereicht, während sie über ihr Leben unter der Erde sprechen. Anders als ihre drei Mitstreiterinnen will Kimmy nach ihrer Befreiung jedoch nicht in ihr altes Leben zurückkehren, sondern etwas von der Welt sehen. Sie beschließt kurzerhand, in New York einen Neuanfang zu wagen.

"My name is not Kimmy Smith. It's Kimmy Schmidt. From Indiana. As in the Indiana Mole Women. I was kept in a bunker for 15 years by an insane preacher. I thought the world had ended. I thought I would die there. But I survived, because that's what women do. We eat a bag of dirt, pass it in the kitty pool and move on."

Foto: Ellie Kemper, Unbreakable Kimmy Schmidt - Copyright: Eric Liebowitz/Netflix ® All Rights Reserved.
Ellie Kemper, Unbreakable Kimmy Schmidt
© Eric Liebowitz/Netflix ® All Rights Reserved.

Junge Frau versucht ihr Glück in der großen Stadt... Die Thematik der Serie ist nicht neu und stolpert von einer Lebenskrise in die nächste. Sie sucht sich selbst, aber eigentlich doch am Ende immer wieder einen Mann. Mit ihren Freundinnen hat sie kein anderes Thema, als die große oder kleine Liebe. Egal ob "Sex and the City" oder "Girls", Frauen haben erschreckend wenig in ihrem Leben, für das es sich zu leben lohnt. Wie erfrischend ist es, wenn eine Serie eine Protagonistin vorstellt, die auch ohne Fixierung auf Männer auskommt.

Die amerikanische Cartoonistin Alison Bechdel entwickelte einst einen einfachen Test. Anhand drei einfachen Fragen lässt sich dabei herausfinden, ob Frauen in einer Serie ernst genommen werden oder nur als Projektionsfläche für Klischees dienen. Frage 1: Kommt in der Serie mehr als eine Frau vor und haben sie einen Namen? 2. Frage: Sprechen die Frauen miteinander? 3. Frage: Sprechen die Frauen miteinander über etwas anderes als Männer. Zugegeben, Frage eins und zwei sind leicht zu knacken, die Krux liegt in Frage drei. Erinnert man sich an "Sex and the City" beispielsweise, so hatten die vier Frauen doch selten ein anderes Thema als Männer.

Die Netflix-Serie "Unbreakable Kimmy Schmidt" ist anders. Es geht nicht darum, dass Kimmy am Ende ihren Traummann findet. Die Serie zeigt uns eine lebenslustige junge Frau, die einen Platz in der Gesellschaft sucht, die ihr so fremd ist und in der sie sich nicht zu bewegen weiß. In ihrer Unbeholfenheit stolpert Kimmy in den ersten Minuten über die schrullige Alt-Hippie Lillian Kaushtupper, die ihr zu einer Wohngemeinschaft mit dem schwarzen homosexuellen Künster Titus Andromedon verhilft, der sie gerne aufnimmt, gerade weil sie so bescheiden ist und sich selbst über winzige Kleinigkeiten kindlich freut.

Kimmy ist ein Teenager in einem erwachsenen Körper. Sie ist lebenslustig und unbekümmert, dankbar für jede Kleinigkeit und begeisterungsfähig wie ein Kleinkind - das erste was sie sich beispielsweise in New York leistet, sind blinkende Turnschuhe. Doch Kimmy ist auch einfühlsam und hilfsbereit. Sie freundet sich mit der hochnäsigen Jacqueline Vorhees an, bei der sie irgendwie einen Job als Babysitterin und Assistentin ergattert und die sie in einer Tour beleidigt und ausnutzt. Doch Kimmy sieht hinter die Fassade, einfach weil sie sich von Oberflächlichkeiten nicht blenden lässt. Die beiden avancieren im Laufe der ersten Staffel zu so etwas wie Freundinnen und während Jacqueline nichts anderes als ihren Mann im Sinn hat, zeigt Kimmy ihr auf, dass das Leben auch ohne ebendiese lebenswert ist.

Natürlich sprechen die Frauen auch hier hin und wieder über Männer, doch diese nehmen nie eine zentrale Rolle ein. Kimmy geht es nicht darum, eine Liebe zu finden, sondern ihr Leben zu finden. Ihre Naivität, ihre Lebenslust und die lockeren Versuche mit Popkultur der 90er Jahre zu überzeugen machen sie zu einem liebenswerten Charakter, dem man gerne dabei zusieht, wie sie die Welt um sich herum neu entdeckt.

Natürlich lässt die Zeit im Bunker sie nicht los und immer wieder kehren Erinnerungen an die Zeit unter der Erde zurück, die sicherlich einige Spuren auf ihrer Seele hinterlassen haben. Die dramatischen Momente sind es jedoch nicht, die Kimmy definieren. Es sind die kleinen Siege, die sie davon trägt, wie als sie endlich kapiert, was es mit Mathematik auf sich hat oder als sie Jacqueline dazu bringt, sich ihrer Familie wieder anzunähern. Kurzum, Kimmy Schmidt ist nicht nur ein gnadenlos witziger, liebenswerter Charakter, sondern eine tolle, ernst zunehmende Frau, die zeigt, dass Männer nicht immer notwendig sind, um glücklich zu sein. Es ist schön, wenn sie einen auf dem Weg begleiten, aber Frauen definieren sich nicht nur über Beziehungen, Männer und Affären. Dafür haben wir Comedy-Ikone Tina Fey zu danken, die mit Kimmy Schmidt einen der interessantesten und besten Charaktere der vergangenen TV-Season kreiert hat.

Melanie Wolff - myFanbase

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