Die enttäuschendsten Charaktere 2015/16
Elizabeth Keen (The Blacklist, Staffel 3)

Foto:

"The Blacklist" hat immer wieder das Problem, dass es zwar interessante Einzelepisoden gibt und auch die episodenübergreifende Geschichte durchaus spannend inszeniert ist, die Akteure sie jedoch nicht sonderlich gut tragen können, weil man sich seitens der Serienmacher zu sehr auf die Präsenz von James Spader verlässt. Der Rest des Casts ist, wenn man ehrlich ist, nette Staffage zu einer durchaus ansehnlichen One-Man-Show von Spader, was sich in der vergangenen dritten Staffel besonders deutlich gezeigt hat.

"This is life, Lizzie. Someone is always one step behind"

Foto: Megan Boone, The Blacklist - Copyright: Sony Pictures Home Entertainment; Craig Blankenhorn/NBC
Megan Boone, The Blacklist
© Sony Pictures Home Entertainment; Craig Blankenhorn/NBC

Elizabeth Keen, die neben Spaders Raymond Reddington eigentlich Dreh- und Angelpunkt der Serie sein sollte, verkommt in der dritten Staffel zu einer austauschbaren Protagonistin, deren folgenlange Abstinenz am Ende nicht einmal wirklich ins Gewicht fällt. Dabei war es eine gar nicht so schlechte Idee, sie "die Seite wechseln" zu lassen, indem sie in Staffel 2 die Waffe gegen Tom Connolly erhob und ihn ermordete. Man durfte gespannt sein, wie das Leben auf der Flucht und an der Seite von Reddington sie verändern würde, denn es war klar, dass es eigentlich für sie kein Zurück in ihr altes Leben als integere FBI-Agentin mehr geben würde.

Doch leider blieb von der taffen Frau am Ende nicht sehr viel übrig. Notgedrungen begab sie sich in Reddingtons Hände und ließ sich von ihm ein ums andere Mal aus schier ausweglosen und brenzligen Situationen befreien. Während er alles daran setzte, ihren Namen reinzuwaschen, lief sie artig mit und versuchte hin und wieder, ihm ein paar Informationen zu ihrer Familie zu entlocken, die er jedoch stets abblockte. Also begann sie lieber zu jammern, ob ihrer Entscheidungen oder ihres Lebens und der ach so gemeinen Welt. Sie wirkte über weite Strecken hilflos und all ihrer Möglichkeiten beraubt, die sie als FBI-Agentin noch hatte. Dies ändert sich ganz kurz, nachdem ihre Flucht beendet war und sie von ihrem Freund und einstigen Kollegen inhaftiert wird und nur ganz knapp einem Mordanschlag entgehen kann. Spätestens jedoch mit ihrer Rehabilitierung wurde klar, dass man sich nicht so recht sicher war, was man jetzt mit Elizabeth Keen anstellen sollte. In den Dienst des FBI konnte sie aufgrund des Mordes an Connolly, der zwar als Totschlag tituliert und unter den Teppich gekehrt wurde, nicht zurückkehren und so versuchte man sie als Beraterin zu etablieren, die an den einzelnen Ermittlungen nur noch am Rande involviert war.

Dies hatte jedoch zur Folge, dass ihr Privatleben einmal mehr in den Fokus gerückt wurde. Die Romanze mit Tom Keen, die Babygeschichte und ihr letztendlich fingierter Tod jedoch zeigten, wie uninteressant der Charakter Elizabeth Keen eigentlich ist. Ihre Szenen voller Selbstzweifel waren kaum emotional und ihr ständiges Hin und Her mit Reddington, indem sie ihn einmal überschwänglich umarmt, nur um ihn Momente später wieder zu verteufeln und von sich weg zu stoßen, ist nur schwer erträglich. Einerseits verdankt sie ihm ihr Leben und ist dankbar, dass ihr Name vom Vorwurf des Terrorismus reingewaschen wurde, zum anderen nervt es sie, dass er sie (und bald auch ihr Baby) andauernd in Gefahr bringt. Und dass sie am Ende auch noch Mutter wird, verhindert eigentlich, sie in der nächsten Staffel wieder irgendwie in FBI-Ermittlungen zu integrieren, sollte es eine Rückkehr zum gewohnten case-of-the-week-Schema geben, was ich nicht bezweifle.

Was also soll man mit Elizabeth Keen in der vierten Staffel anstellen? Sie immer wieder als treusorgende Mutter darstellen, die weiterhin als private Beraterin für das FBI arbeitet, das immer noch Ray Reddington zuarbeitet? Als braves Hausmütterchen, das Reddington endlich aus ihrem Leben verbannt und ein glückliches Leben an der Seite ihres Ehemannes führt. Nein, natürlich wird man erst einmal den Vater-Tochter-Konflikt mit Konstantin Rostov aufarbeiten müssen und daher wieder mal unerträglich oberflächliche Szenen ertragen müssen, in denen wieder viel angedeutet, nichts aber aufgedeckt werden wird.

Natürlich bleibt man als Zuschauer bei "The Blacklist" am Ball, aber doch eher wegen der immer wieder amüsanten Monologe von James Spader und dessen unglaublicher Leinwandpräsenz selbst in kurzen, scheinbar kaum relevanten Szenen. Elizabeth Keen jedoch tangiert den Zuschauer kaum mehr, selbst wenn ihre Geschichte die ist, die die Serie eigentlich trägt.

Melanie Wolff - myFanbase

Zurück zur Übersicht der enttäuschendsten Charaktere 2015/2016


Kommentare