Die enttäuschendsten Charaktere 2015/16
Owen Hunt (Grey's Anatomy, Staffel 12)

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Mit dem Kugelschreiber in einer Luftröhre und einem überraschenden Kuss mit Cristina trat Owen Hunt erstmals in der 5. Staffel von “Grey´s Anatomy – Die jungen Ärzte ” auf und schaffte es blitzschnell, sich zu einem der prägnantesten und wichtigsten Charaktere der Serie zu entwickeln. Sein Kriegstrauma sowie seine emotionale Beziehung mit Cristina katapultierte ihn sogar zu den besten Charaktere des Serienjahres 2007/2008 und in den folgenden Jahren konnte Owen sowohl in der Beziehung zu Cristina als auch als Arzt, Mentor von April und sogar als Chefarzt des Sloan Grey Memorial Hospital überzeugen. Mit dem Serienausstieg von Sandra Oh wurde auch Owens Status in der Serie in Frage gestellt, was sich jedoch in kürzester Zeit minderte, als man Kevin McKidd Caterina Scorsone alias Amelia Shepard an die Seite stellte. Die Liebesgeschichte der beiden ist zwar unumstritten, kann mich persönlich aber durch die Verletzlichkeit beider Figuren überzeugen. Und so sah ich mit Freuden der zwölften Staffel entgegen und freute mich auf weitere positive Entwicklungen für Owen Hunt. Und wurde bitter enttäuscht.

Foto: Kevin McKidd, Grey's Anatomy - Copyright: 2014 ABC Studios; ABC/Ron Tom
Kevin McKidd, Grey's Anatomy
© 2014 ABC Studios; ABC/Ron Tom

Ausschlaggebend für Owens Auftauchen ist allerdings zunächst nicht er selbst, sondern die Einführung des Charakters Nathan Riggs, mit dem er eine gemeinsame Vergangenheit teilt. Dieser war nämlich mit Owens Schwester Megan liiert, die er aber während eines gemeinsamen Kriegseinsatzes betrog. Sie bestieg daraufhin einen Hubschrauber, der abstürzte und nie gefunden wurde. Abgesehen davon, dass weder der Zuschauer noch Figuren wie Teddy oder Owens Mutter je Megan erwähnt haben und die Geschichte partout an den Konflikt zwischen Meredith und Amelia erinnert, hatte der Handlungsstrang an sich durchaus Potenzial und hätte Owens Trauma eine weitere, emotionale Ebene verleihen können. Dieses wurde jedoch durch Owens Verhalten komplett verschwendet.

Er ist Nathan gegenüber komplett unprofessionell und scheut nicht vor psychischer und physischer Gewalt zurück, um ihn in seine Schranken zu weißen und ihn loszuwerden. Nicht eine Sekunde versucht er sich in Nathan hineinzuversetzen, nicht eine Sekunde kann er verstehen, dass Nathan ebenfalls jemand verloren hat und darunter leidet. Ein Schema entwickelt sich nach und nach zwischen den beiden Figuren: Owen gibt Nathan in dramatischer Weise zu verstehen, ihn und seine Freunde in Ruhe zu lassen, während Nathan Owen bittet, es sein zu lassen und ihm den Spiegel vors Gesicht hält. Manchmal treten sogar Momente auf, in welchen man die einstige Bindung zwischen den beiden Männern erkennt, doch diese Entwicklung wird immer gleich wieder abgebrochen. Dadurch wird der Neuling Nathan mit der Zeit auch immer sympathischer und wächst dem Zuschauer auch durch seine Annäherungen mit Maggie und Meredith ans Herz. Owen jedoch verharrt in seinen irrationalen Hass- und Rachegedanken ihm gegenüber, spielt sich immer wieder als Moralapostel auf und legt dabei eine unglaubliche Doppelmoral an den Tag, die es schwer macht, sein Verhalten nachzuvollziehen. Als er schliesslich gesteht, dass er selbst Megan in diesen Helikopter gesteckt hat, verliert er noch mehr Sympathiepunkte, denn somit hat er seine unverarbeiteten Schuldgefühle nur auf Nathan übertragen und hat ihm deswegen das Leben zur Hölle gemacht. Obwohl die beiden Ärzte im Staffelfinale sich etwas annähern, wird mir dieses Geständnis wohl noch eine Weile im Kopf hängen bleiben.

Auch in der Beziehung zu Amelia kann Owen leider in der zwölften Staffel nicht überzeugen. Dabei ist es, wie gesagt, nicht wirklich das Paar an sich, das mir nicht gefällt – im Gegenteil, für Amelia freut mich dieses Glück durchaus, wenn es denn auch mal auftrifft. Denn leider geht Owen nicht wirklich rücksichtsvoll mit Amelia um, von der er weiß, dass sie eine sehr labile Person ist. So sucht er mal ihre Nähe und überhäuft sie mit Liebesbeweisen, dann stößt er sie wieder komplett von sich weg und schließt sie aus seinem Leben aus. Dies sorgt, neben einem schlimmen Streit mit Meredith, für Amelias Flucht in den Alkohol, was sie dank Webber schnell überwinden kann. Owen kann diesen Fehler aber wieder gutmachen und die beiden wagen einen Neubeginn, den Owen jedoch erneut durch ein absolutes Fehlverhalten ruiniert: Ohne an Amelia zu denken und deren Alkoholsucht zu berücksichtigen, betrinkt sich Owen, woraufhin Amelia erneut mit ihm Schluss macht. Zwar vertragen sich die beiden kurz darauf wieder und Owen zeigt sich tatsächlich von einer wirklich süßen, aufmerksamen Seite. Dennoch ist es ungewiss, was die Zukunft für dieses Paar bereit hält und ich hoffe, vor allem Amelia zuliebe, dass diese Beziehung anhält.

Owen hatte auch gute Momente in dieser Staffel. Seine Freundschaft zu April kommt in wunderbar emotionalen Szenen zur Geltung - beispielsweise, als sie ihm von ihrer Schwangerschaft beichtet oder als sie ihm an seinem Hochzeitstag beisteht. Und zugegeben, am Ende der Staffel hat Owen auch wieder die Kurve gekriegt und hat sein Verhalten, insbesondere bei Amelia, wieder gutgemacht. Dennoch bleibt bei mir alles in allem eine Enttäuschung bestehen, die leider nicht wirklich durch die positiven Entwicklungen gegen Ende ausgeglichen werden konnten. Für die 13. Staffel wünsche ich mir wieder den Owen Hunt, der Eispickel aus Ärztinnen reißt oder endlich seinen Kinderwunsch erfüllt bekommt.

Lux H. - myFanbase

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