Ku'damm 56 - Review - Staffel 1

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Ich muss ehrlich gestehen, dass ich "Ku'damm 56" erst sehr spät für mich entdeckt habe. Vor einigen Wochen nahm Netflix die Serie ins Programm auf und da ich 2016 rund um die Ausstrahlung im ZDF schon viel Gutes darüber gehört hatte, schaute ich gleich mal rein. Worum es darin genau ging, wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht, genauso wenig wie, dass die Fortsetzung "Ku'damm 59" bereits in den Startlöchern stand. Völlig unvoreingenommen wurde ich schnell vom Schicksal der jungen Monika Schöllack, dieser Welt der 50er Jahre und den Beziehungen zwischen den Charakteren angefixt.

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Ich muss zugeben, dass ich mich nie großartig mit dem Berlin der 50er Jahre auseinandergesetzt habe, obwohl mir die vier Sektoren der Besatzungsmächte, die Entbehrungen der Nachkriegszeit und das folgende Wirtschaftswunder aus dem Geschichtsunterricht natürlich ein Begriff waren. So war "Ku'damm 56" für mich nicht nur die Geschichte der Familie Schöllack und der Personen, mit denen sie im engen Kontakt standen, sondern vor allem auch ein Einblick in eine mir noch recht unbekannte Zeit. Ich war überrascht, welch strenges Regiment Caterina Schöllack (Claudia Michelsen) in ihrer Tanzschule führte und welche Erwartungen sie an ihre drei Töchter stellte. In Anbetracht der Umstände, dass sie als inzwischen alleinerziehende Mutter für den Wohlstand und Ruf der Familie zuständig war, konnte ich dieses Verhalten jedoch schnell nachvollziehen. Dennoch hatte ich insbesondere mit Monika (Sonja Gerhardt) viel Mitleid, die für ein Vergehen aus der Hauswirtschaftsschule geschmissen wurde, über das man heute wahrscheinlich herrlich lachen würde oder ein wenig peinlich berührt wäre. Monika wirkt sehr schüchtern, ein wenig verträumt und vor allem völlig überfordert mit der Erwartungshaltung ihrer Mutter. Dass sie in diesem Leben nicht zurechtkommt, zeigt sich schon in den ersten Minuten, als sie sich aus einer fahrenden U-Bahn stürzen möchte, aber von Freddy Donath (Trystan Pütter) davon abgehalten wird. Dass er einmal ihr engster Freund und Vertrauter werden würde, ahnt sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Neben Monika sind da noch die beiden anderen Schöllack-Schwestern: Helga (Maria Ehrich) und Eva (Emilia Schüle). Die beiden entsprechen genau den Erwartungen ihrer Mutter. Helga steht kurz davor den aufstrebenden Staatsanwalt Wolfgang von Boost (August Wittgenstein) zu heiraten und Eva rechnet sich gute Chancen bei ihrem Chef Prof. Dr. Jürgen Fassbender (Heino Ferch) aus. Während man bei Helga deutlich merkt, dass sie sich ihrer Pflichten bewusst ist und dem Frauenbild dieser Zeit entsprechen möchte, wird Evas Verhalten vor allem durch ihre jugendliche Naivität geprägt.

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Neben den vier Hauptdamen aus der Familie Schöllack, deren unterschiedliches Rollenverständnis und Lebensziele in "Ku'damm 56" die wichtigste Rolle spielen, sind es die Männer, die das Schicksal dieser Protagonistinnen beeinflussen. Da wäre zum einen Freddy Donath, ein Musiker und Freigeist, der Monika die Liebe zum Rock'n'Roll beibringt. Es ist so wunderbar mit anzusehen, wie sich die Beziehung zwischen den beiden entwickelt. Sie necken sich, sie streiten sich und sie lieben sich und gleichzeitig wird Monika immer selbstbewusster und erwachsener. Besonders beeinflusst wird Monika auch durch die Vergewaltigung durch Joachim Franck und den Umgang ihrer Mutter mit dieser Situation. Immer wieder sieht sie sich gezwungen, sich mit ihrem Peiniger auseinanderzusetzen, was ihr schließlich den Boden unter den Füßen wegzuziehen droht. Doch mit der Zeit und durch das gezwungene Kennenlernen Joachims lernt sie zusammen mit dem Zuschauer, ihn und sein ambivalentes Verhalten zu verstehen. Mit Wolfgang von Boost und Jürgen Fassbender werden zum anderen zwei Männer in die Serie eingeführt, die augenscheinlich die perfekten Ehepartner sind. Doch der zweite Blick zeigt, dass dieser Schein trügt. Während Wolfgang seine Homosexualität verständlicherweise - war sie zu diesem Zeitpunkt doch noch strafbar - verheimlicht, ist Fassbender für die junge und naive Eva einfach zu alt. Letztere bemerkt durch Rudi Hauer schließlich, dass das Leben noch viel mehr für sie bereithält und der vorgefertigte Plan ihrer Mutter vielleicht gar nicht so perfekt auf sie passt.

Überhaupt lässt sich zusammenfassend sagen, dass ich begeistert davon war, wie gut die Charaktere ausgearbeitet wurden. Nicht immer musste die komplette Hintergrundgeschichte erzählt werden, dass man die einzelnen Beweggründe verstand. Manchmal reichten auch Blicke und Gesten oder die Situationen, in denen sie sich befanden. Und so wurden für mich auch Figuren liebenswert, die als Antagonist angelegt waren - sei es Joachim Franck, der durch die Vergewaltigung Monikas natürlich keinen guten Einstand hatte, mit der Zeit jedoch eine deutliche Veränderung durchmacht, oder Wolfgang von Boost, der Helga als Alibi-Ehefrau benutzt und damit all ihre Hoffnungen auf ein perfektes Familienleben zerstört. Selbst Caterina Schöllack, die ihre Töchter mit sehr harter Hand führt, war für mich nicht nur die herrische Mutter, sondern auch eine besorgte Frau, die sich nur das Beste für ihre drei Mädchen wünscht und versucht, sie so gut es geht für ihre Zukunft vorzubereiten. Bei "Ku'damm 56" gibt es keine Schwarz-Weiß-Malerei und auch wenn hier und da ein paar zufällige Begegnungen etwas unrealistisch wirkten, machte die Serie auf mich einen sehr harmonischen Eindruck. Abseits von "The Crown" konnte mich in den letzten Jahren keine Serie so überzeugen. Das liegt wohl auch daran, dass die Serie zwar in den 50er Jahren angesiedelt ist, die Probleme der Figuren jedoch zeitlos sind. Sie müssen ihren Platz im Leben finden, verlieben sich, werden enttäuscht und fühlen sich manchmal in der falschen Zeit geboren. Einige Ereignisse in der Serie haben mir gezeigt, wie weit es unsere Gesellschaft in den letzten 60 Jahren gebracht hat: Homosexualität ist nicht mehr strafbar, Frauen werden nicht mehr in die Ehe gezwungen und der Mann bestimmt nicht mehr über die Frau. Die Gleichberechtigung mag sich noch nicht in allen Bereichen durchgesetzt haben, was wir an heutigen Debatten über die Gender Pay Gap, #metoo und Geschlechterrollen sehen. Es macht einem aber auch bewusst, dass es uns in Deutschland damit ziemlich gut geht; dass wir soweit sind, solche Dinge zu diskutieren, denn es gibt noch viele Länder auf der Welt, in der diese für unsere heutige Generation ziemlich "verstaubten" Einstellungen der 50er Jahre noch Alltag sind.

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Fazit

"Ku'damm 56" hat mich umgehauen. Ich hatte nicht erwartet, eine solch gut ausgearbeitete und mit viel Liebe gestaltete Produktion zu sehen zu bekommen. Ich habe mich nicht nur in die Charaktere verliebt, sondern auch in die Handlung, Musik, die Kulissen und Kostüme. Viel zu kurz und doch irgendwie perfekt war dieser Dreiteiler und sofort machte ich mich auf die Suche nach Informationen zu einer Fortsetzung. Ich wollte ein Happy End! Mit Freude durfte ich feststellen, dass ich, anders als die Fans von 2016, nur gut zwei Wochen auf die neuen Folgen warten musste. Das ZDF zeigte "Ku'damm 59" ab dem 19. März 2018.

Catherine Bühnsack - myFanbase

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