Lie to Me - Review des Piloten
Wer schon mal einige Previews von mir gelesen hat, weiß, dass die beliebten Crime-Procedurals wohl eines der mir verhasstesten TV-Genres darstellt. Bis jetzt habe ich noch keine wirkliche Krimiserie von Beginn an verfolgt und hatte auch nie großes Interesse daran. Warum ich dann doch in "Lie to Me" hineingeschaltet habe, nachdem ich erfuhr, dass es auch bei dieser FOX-Serie wieder um einen exzentrischen, männlichen Hauptcharakter geht, der genialer als alle um ihn herum problemlos einen Fall nach dem anderen löst, ist mir ein Rätsel. Doch die erwartete Langeweile und Enttäuschung blieb aus, denn mit "Lie to Me" hat man das Genre zwar alles andere als neu erfunden, bietet aber gute Darsteller und ein interessantes Konzept, das v.a. auf mich als derzeitige Psychologiestudentin wahnsinnig faszinierend und spannend wirkt und daher vielleicht nicht jeden unbedingt aus dem Sessel reißt.
Tim Roth als Dr. Cal Lightman gefällt mir wahnsinnig gut. Exzentrisch, seltsam und mit seiner Gabe gleichzeitig auch verflucht - nichts Neues also, jedoch weniger seltsam als Monk und nicht ganz exzentrisch wie House, so dass ich das Nervpotential des Hauptcharakters bisher als eher niedrig einstufen würde. Im Mittelpunkt steht jedoch nicht unbedingt der Charakter allein, der großartig, wie er ist, alle anderen Stümper in den Schatten stellt, sondern sein Forschungsobjekt - die Lüge. Abgesehen davon dass man Lightman auch nicht wie einen heilsbringenden Übermensch darstellt, was auf mich ohnehin auf Dauer eher nervtötend wirkt, und deutlich gezeigt wird, dass auch er, wenn er sich dessen vielleicht auch nicht vollständig bewusst ist, auf seine Kollegin Dr. Gillian Foster und deren Gespür für Menschen angewiesen ist, wird insbesondere das Hauptthema der Serie wirklich interessant aufbereitet. Man sieht, wie Lightman einige Polizisten schult und dabei klitzekleine, kurze Gesichtsausdrücke zeigt, die auf eine Lüge hinweisen, und das Warum erklärt, doch man findet diese kleinen Hinweise im Verlauf der Episode auch immer wieder und lernt so als Zuschauer selbst ein wenig über die für den Menschen teilweise erschreckend natürliche Fähigkeit, seinem Gegenüber ins Gesicht zu lügen.
Dabei wird einem dann auch erklärt, warum man über so etwas eine Serie macht. Denn es geht, wie Dr. Foster so schön sagt, nicht darum, ob jemand lügt, sondern warum. Die beiden Hauptcharaktere bilden ein gutes, sympathisches Team und auch die beiden übrigen Charaktere, Ria und Eli, konnten mir auf Anhieb gefallen. Besonders nett fand ich die Idee, Eli zu einem Fanatiker der radikalen Ehrlichkeit zu machen. Das kann auf Dauer sicherlich interessant werden. Auch hat man gleich ein wenig Persönliches über die Charaktere eingebracht. Gillians Mann belügt sie und Cal verheimlicht ihr das Wissen darüber. Sicherlich wird man in den kommenden Folgen auch noch ein wenig mehr darüber erfahren, inwieweit seine Fähigkeit "eine Gabe und ein Fluch" ist, wie Monk immer so schön sagt. Also, wie sie sein Privatleben beeinflusst. Einen kleinen Einblick darauf gab ja der nette Schlussmoment, als er aus seinem Büro spaziert und dabei zahlreichen Menschen begegnet, die ihr Gegenüber gerade schamlos anlügen.
Wichtig wird auf Dauer sicherlich werden, ob erstens die Charaktere nicht nur schmückendes, austauschbares Beiwerk werden, sondern auch mehr auf sie eingegangen wird und zweitens wie viel Neues uns wöchentlich bezüglich des psychologischen Fachwissens präsentiert wird oder ob es bei dem einmaligen Exkurs der Pilotfolge bleibt, was ich nicht hoffe. Denn besonders diese lehrreichen Elemente waren es, die mich interessiert am Bildschirm gehalten und mich überraschenderweise gespannt auf weitere Episoden zurückgelassen haben.
Die Serie "Lie to Me" ansehen:
Fazit
Endlich mal eine Crime-Serie, die mich interessiert, wobei mich bereits zuvor zweite Folgen solcher Serien, deren Pilotfolge ich nicht schlecht fand, völlig enttäuscht haben. Das interessante Thema und die sympathischen Charaktere machen mir jedoch Hoffnung und so bin ich gewillt, erstmalig auf Dauer einem Procedural eine Chance zu geben. Ein Blick in "Lie to Me" lohnt sich definitiv für alle Psychologie-interessierten Fernsehzuschauer. Ob es sich für richtige Crime-Fans auf Dauer lohnen wird, kann ich nur schwer beurteilen, da die Fälle per se für mich sowieso immer absolut im Hintergrund stehen.
Nadine Watz - myFanbase
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