Longmire - Review Staffel 1
Schon nach nur vier Episoden verlängerten die Verantwortlichen bei A&E am 29. Juni 2012 ihre neue Serie "Longmire" für eine zweite Staffel - zurecht. Sheriff Walt Longmire schaffte es mit seiner verschrobenen Art, den wenigen Worten zur rechten Zeit und seiner liebenswürdigen Art durchschnittlich vier Millionen Zuschauer am Sonntagabend vor dem Fernseher zu bannen. Dabei blieb die Serie ihrem ersten Eindruck treu und konnte nach dem Pilot noch kräftig an Spannung zulegen.
Die Figuren
Die Serie baut ganz stark auf ihren Charakteren auf. Da ist natürlich zunächst Titelheld Walt Longmire, aber auch seine neue Deputy Vic und sein Konkurrent um den Sheriffstern Branch sowie Walts bester Freund Henry können überzeugen. Während Walt zunächst als der einfach gestrickte Sheriff wirkt, der die Stadt ganz wörtlich sauber hält und fast immer die Ruhe bewahrt, werden nach und nach weitere Facetten der Person offenbart. Es wird deutlich, dass der Sheriff auch sein eigenes Bier braut. Er lässt fünfe auch mal gerade sein und macht mehr als ein Mal beide Augen zu, wenn am Ende der Ergebnis stimmt.
Deputy Vic hingegen ist seine rechte Hand. Sie ist, wie man erst recht spät in der Staffel erfährt, verheiratet und kam nur nach Absaroka County, weil ihr Mann hierher versetzt wurde. Als man erfahren hatte, dass sie verheiratet ist, überschlugen sich die Ereignisse darum. Das Verhältnis zu ihrem Mann ist nicht das beste, sie trägt ihren Ehering nicht, trotzdem haben die beiden auch gute Momente, welche allerdings regelmäßig von Walt durchkreuzt werden. So kommt Eines zum Anderen und Ärger ist vorprogrammiert.
Komme ich noch schnell zu Branch und Henry. Branch gestaltet sich sehr schnell zu dem Charakter, den man lieben und hassen muss. Man liebt ihn, weil er er ein perfektes Gegenstück zu Walt ist und sie sich so sehr gut ergänzen. Man hasst ihn, weil er mit Walts Tochter schläft und die Frechheit besitzt, gegen den Sheriff in der anstehenden Wahl anzutreten. Dafür erweist sich Henry sehr schnell als wahrer Goldjunge. Ich bin ja schon begeistert, dass Lou Diamond Phillips nach dem Ende von "Stargate Universe" wieder im Fernsehen zu sehen ist, doch seine Rolle als Barmann, Wahlbeauftragter von Walt und außerdem sein bester Freund und Verbindungsmann zum Indianerreservat ist großartig geschrieben und von ihm umgesetzt.
Es gibt, das muss einfach erwähnt werden, keine Charaktere, die wirklich nervtötend sind, weil sie einfach da sind und trotzdem keine Geschichte haben. Jeder hat seinen Sinn und Zweck. Es gibt keine Lückenfüller. Jede Figur ist in sich sehr kreativ geschrieben und harmoniert auf ihre Weise mit den anderen oder eben nicht. Je nachdem, wie es gewollt ist.
Die große Storyline
Wie in der Pilotepisode deutlich wird, ist die große Geschichte der Staffel die anstehende Sheriffswahl. Ich kann gleich verraten, dass am Ende der Staffel diese Storyline nicht vorüber ist. Lediglich die Fronten verhärteten sich zwischen Walt und Branch (es kommt sogar zum Faustkampf zwischen den beiden Kandidaten im Staffelfinale). Zwischendurch gab es kurz den Gedanken, dass Branch seine Kandidatur zurückzieht, um mit Cady, Walts Tochter, zusammen sein zu können. Doch Cady macht mit Branch Schluss und nun will er unbedingt gewinnen. Hinzu kommt sein Vater, dessen Hobby es ist Golfbälle in die Landschaft zu schießen und seinen Sohn anzutreiben. Es bleibt spannend an dieser Front.
Eine andere Front scheint sich über die Staffel hinweg aufzulösen. Walt ist mit dem Reservatspolizisten Mathias zunächst zerstritten, im Laufe der Staffel beginnen sie wieder miteinander zu arbeiten. Die Entwicklungen sind so im Hintergrund, dass es zunächst gar nicht auffällt, bis Mathias dafür sorgt, dass Walt einen heiklen Fall lösen kann und er ihm Beweise und die Leiche zuschiebt. Generell sind alle Entwicklungen in der Serie eher leise. Veränderungen werden erst deutlich, wenn sie bereits abgeschlossen sind und sich die Figur anders verhält, als man von ihr erwartet hätte. Ich hätte am Anfang beispielsweise nie gedacht, dass sich Walt tatsächlich mit Branch ganz offen anlegt. Mich fasziniert, wie subtil hier mit dem Thema umgegangen wird. Das sind kluge Schachzüge, die man als Zuschauer nur lieben kann.
Die große Aktion
Es gibt, wie in jedem ordentlichen Crime-Drama, natürlich Verfolgungsjagden, später sogar eine von einem Bären zerfleischte Leiche und vor allem viele harte Männer, doch große Explosionen, anhaltender Kugelhagel und schmutzige Wörter sind "Longmire" völlig fremd, was die Serie zu einem kleinen Schatz macht. Die große Aktion bleibt aus, dafür besticht die Serie mit herrlichen Witzen, die auch nur in der Situation komisch sind und mit konstanter Hartnäckigkeit. Bei den Witzen fällt mir zunächst eine Situation mit Ferg ein, dem dritten Deputy von Walt. Er will nach einem versiebten Fall seine Marke zurückgeben, da er glaubt, sie nur bekommen zu haben, weil Walt seinem Vater einen Gefallen schuldig war. Walt sagt daraufhin, er habe Ferg aus zwei Gründen eingestellt. Der eine sei in der Tat der Gefallen und den anderen kenne er noch nicht. Man muss an der Stelle als Zuschauer einfach grinsen, vor allem weil sich Ferg als herzensguter Charakter profiliert hatte.
Um auf die konstante Hartnäckigkeit, gepaart mit Witz, einzugehen, muss ich Walts Abneigung gegen Handys aufgreifen. Schon im Piloten wurde wiederholt darauf aufmerksam gemacht. Der Witz ebbt nicht ab und wird zum Dauerbrenner. Immer wenn Walt irgendwo ist und das Telefon oder Handy eines anderen klingelt, ist der Anruf für ihn. Solche andauernde Konsequenz ist mit selten untergekommen und erinnert in ihrer Subtilität etwas an die Ananas aus "Psych", die auch zum Markenzeichen der Serie wurde. Ich wage es an dieser Stelle die Abstinenz eines Handys in Walts Besitz als die Ananas von "Longmire" zu bezeichnen.
Fazit
"Longmire" kann in seiner ersten Staffel voll überzeugen. Sowohl die Charaktere als auch das Setting der Serie sind wundervoll abgestimmt. Insgesamt ist "Longmire" eine ganz normale Crime-Serie mit einem Fall der Woche, der jedoch wirklich überzeugen kann und somit mitreißt. Das Besondere wird erst durch die Figuren deutlich, die sehr detailverliebt gezeichnet sind. Ein Highlight sind außerdem die Gespräche und Auffassungen von Walt über das Leben. Man fiebert mit ihm und kann es als Zuschauer kaum fassen, als sich herausstellt, dass Walts Frau gar nicht an Krebs gestorben ist, wie es alle glauben, sondern erstochen wurde. Der Cliffhanger ist riesig, kommt aber groß daher. Der Mann, der Walts Frau getötet hat, wurde gefunden. In einem flachen Grab mit der Mordwaffe zusammen. Ein Polizist fragt Walt, ob er ihn in Denver getötet hat. Man weiß, dass Walt in Denver war, da unzusammenhängende verschwommene Rückblicke immer mal wieder vorkamen und Walt außerdem aus Denver Post bekam, die er ungelesen verbrannt hatte. Walt antwortet dem Detective auf seine Frage "nein", doch der Zuschauer wird wieder einschalten, denn mit einem einfachen Nein sind alle offenen Fragen nicht geklärt. Außerdem brennt es in einem zu erfahren, wie die Wahl zwischen Walt und Branch ausgeht. "Longmire" ist mit seiner ganz eigenen, langsamen, aber bestimmten Art sicherlich nicht eine Serie für jeden Crime-Fan. Doch sie hat mich überzeugt und ich werde sicherlich zur nächsten Staffel einschalten.
Jamie Lisa Hebisch - myFanbase
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