Looking - Review
#2.01 Looking For the Promised Land (7/9)

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Patrick, Dom und Agustin sind endlich wieder zurück auf dem Bildschirm. Nach dem Staffelfinale standen alle drei am jeweils eigenen Scheideweg in Sachen Liebe und Beziehung und ich war gespannt darauf, wie es nun weiter gehen wird, welche Charaktere zurückkommen und welche neuen Figuren wir kennenlernen werden. Vor allem in Sachen wiederkehrender Nebencharaktere haben wir mit dem Staffelauftakt allerdings noch keine ausreichenden Antworten erhalten.

Foto: Frankie J. Alvarez, Jonathan Groff & Murray Bartlett, Looking - Copyright: 2014 Home Box Office, Inc. All rights reserved. HBO® and all related programs are the property of Home Box Office, Inc.
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Zunächst einmal gefiel mir aber sehr gut, dass in der ersten neuen Folge die Freundschaft der drei Hauptcharaktere eine zentrale Rolle spielte, ohne dabei die Geschehnisse und offenen Fragen aus dem Staffelfinale zu vergessen. Meines Erachtens war es gerade in Staffel 1 ein großes Problem, dass die Handlungsstränge der drei doch recht häufig parallel abliefen und es zu wenige Szenen gab, in denen die Freundschaft der drei auch offensichtlich zum Ausdruck kam. Ein gemeinsamer Wochenendausflug war daher eine tolle Idee, noch dazu in der vermeintlichen Einsamkeit des Waldes. Zunächst entstand dadurch zwar das Gefühl, unwissend ob der vergangenen Ereignisse, direkt ins Geschehen geworfen worden zu wreden, aber nach und nach lichtete sich das Dunkel und die Lebenssituationen der einzelnen Charaktere offenbarte sich nicht nur uns Zuschauern, sondern in Bezug auf Patrick und sein Liebesleben auch Dom und Agustin. Aber der Reihe nach.

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Patrick

Am schwierigsten war und ist die Situation sicherlich bei Patrick. Zur Erinnerung: Er war hin- und hergerissen zwischen Richie, der ihn aufrichtig liebte und Angst davor hatte, sich auf ihn einzulassen, solange er nicht dieselben Gefühle hegt, und der möglicherweise nur durch sexuelle Anziehung getriebenen Affäre mit seinem Chef Kevin, der jedoch weiter in einer langjährigen Beziehung mit seinem Freund steckt. Wiederholt hatte Patrick seit der Ankunft im Wald Ansätze unternommen, sich seinen Freunden mitzuteilen ("Honestly, I need this weekend even if you don't.", "Did you ever do things that surprise you?" oder auch "What makes you think I've been good?") und hatte dann doch entweder gekniffen oder wurde im Gespräch mit Agustin von den Ecstasy-Auswirkungen übermannt. Wir sahen ihn heimlich mit dem Handy in der Hand im Garten, telefonierend im Wald auf der Party und dann schließlich die Auflösung seines Geheimnisses: Kevin. Offenbar gab es seit dem Staffelfinale wiederholt heimliche Treffen. Für Patrick ist dabei inzwischen aber mehr als nur Sex im Spiel und er äußert diesbezüglich gegenüber Kevin seine Hoffnung, mit ihm bald auch gemeinsam im eigenen Bett liegen zu können.

Natürlich fragt man sich als Zuschauer auch, wo denn nun eigentlich das Problem bei Kevin liegt, ob er es mit Patrick überhaupt ernst meint oder ob er nicht doch einfach nur ein Abenteuer für nebenbei sucht. Das tut mir vor allem für Patrick persönlich leid. Wer will schon gerne in seiner Situation sein und seinen Schwarm mit einem Anderen teilen? Ganz unerwartet kam diese Entwicklung aber auch nicht. So sehr mir Patrick und Richie auch als Paar gefielen, Richie hat in die Beziehung einfach viel mehr investiert und war an einer festen Beziehung interessiert. Patrick hingegen schien sich nie voll und ganz auf Richie einlassen zu können, was sich auch in ihrem Sexualleben zeigte. Spätestens jedoch mit dem Auftauchen von Kevin wendete sich das Blatt und plötzlich konnte sich auch Patrick auf jemanden einlassen, auch in sexueller Hinsicht. Ja, in der Liebe handelt man nicht unbedingt nach Vernunft, da spielen Gefühle eine große Rolle. Grundsätzlich ist Patrick sicher ein vernunftgetriebener Mensch, aber er hat sich letzten Endes doch "unvernünftig" für Kevin entschieden. Damit fangen die Probleme aber erst richtig an, denn es wird durch dessen Beziehung alles noch viel komplizierter. Ich bin daher froh, dass Patrick sich nun ein Herz gefasst hat und seine Freunde in sein Geheimnis eingeweiht hat. Deren Verständnis hin oder her, das ist hier auch gar nicht die Frage, viel wichtiger ist der Austausch, das Sprechen darüber, was einen bewegt, einen Ratschlag erhalten, einfach nur jemanden zum Zuhören haben. All das kann seine Situation vielleicht schon erleichtern. Ich bin gespannt, wie es nach der Rückkehr nach San Francisco bei Patrick weiter gehen wird. Wie werden er und Kevin sich beim Aufeinandertreffen im Büro verhalten? Wird dieser seine Beziehung aufgeben können? Und kommt es vielleicht doch zu einem Wiedersehen mit Richie? Für mich ist das aktuell der interessanteste Handlungsstrang, der auch völlig unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung funktioniert, da er mir einfach als klassische Dreiecksgeschichte nachvollziehbar erscheint und Spannung verspricht.

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Dom

Anders als bei Patrick ist die Situation bei Dom sehr schnell geklärt. Der Wochenendtrip in die Wälder kam vor allem auch daher zustande, weil es Lynn war, der den Dreien sein Haus zur Verfügung stellte. Dom und Lynn sind jetzt also ein Paar, was mich ganz besonders freut, weil die beiden zusammen doch wirklich nett anzusehen sind. Den Altersunterschied, auf den auch in dieser Folge angespielt wurde, sehe ich weniger problematisch als die Ernsthaftigkeit, mit der sich Dom auf diese Beziehung eingelassen hat. Er spricht es ja auch selbst gegenüber Patrick an, dass es sich seltsam anfühlt, von seinem festen Freund zu sprechen, wenn auch auf eine angenehme Art. Wir wissen natürlich nicht, was die beiden in der Zeit seit dem Staffelfinale besprochen haben und wie die jeweiligen Vorstellungen von einer Beziehung aussehen. Dass Dom sich auf der Party jedoch einen jüngeren Mann geangelt hat und diesem gegenüber sogar erwähnt, dass Lynn davon nichts wissen soll, lässt aber schon jetzt erahnen, dass hier möglicherweise schon bald erste Konflikte in der noch jungen Beziehung entstehen könnten. Mir machte Lynn bislang zumindest nicht den Eindruck, dass er ein Typ für eine offene Beziehung ist. Mal sehen, was hier noch auf uns oder besser gesagt die beiden zukommen wird.

Agustin

Agustin war in Staffel 1 mein "least favourite character". In der Beziehung mit Frank war er mir oft zu egoistisch, auf sein eigenes Vergnügen bedacht und mit wenig Einfühlungsvermögen und Rücksicht für seinen Freund. Die letzten Worte von Frank vor der Trennung haben ihm das auch noch einmal deutlich vor Augen geführt. Man wird nun sehen müssen, inwiefern er sich davon etwas zu Herzen genommen hat, bereit ist, an sich zu arbeiten und dadurch als Charakter womöglich auch sympathischere Züge bekommt. Erste Veränderungen in seinem Leben gibt es ja bereits. Franks Kritik an ihm als Künstler führten wohl auch dazu, dass er nun ohne Job da steht, offenbar auch keinen inneren Antrieb verspürt, daran etwas zu ändern und stattdessen einfach nichts tut, was wiederum seinem bisher präsentierten Charakter entspricht. Möglicherweise bewirkt aber nun das Aufeinandertreffen mit Bear, dessen HIV-Erkrankung und Engagement als Social Worker etwas bei und in ihm. Irgendwo tief in seinem Inneren schlummert vielleicht noch eine unentdeckte soziale Ader, wer weiß. Sympathiepunkte konnte Agustin dennoch bereits in dieser Folge im Gespräch mit Patrick sammeln, als er sich für dessen Hilfe in der letzten Zeit bedankte. Das war überhaupt endlich einmal wieder ein tiefsinnigeres Gespräch der beiden, auch darüber, wie Agustin Patrick und seine Art, mit Dingen umzugehen, einschätzt. Der alte Agustin brach aber dann auch noch durch, als er das Ecstasy vor der Party ins Spiel brachte, worauf ich gleich noch einmal kurz eingehen will.

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Grundsätzlich hatte die Folge für mich nämlich viele schöne Momente, allen voran die tolle Dynamik der Freunde untereinander, sei es im 1:1-Gespräch oder auch in kompletter Runde. Wir haben verschiedene Seiten der Charaktere erleben dürfen, insbesondere auch die sensiblen. Und ganz wichtig: Humor. Denn schließlich fällt "Looking" per Definitionem des ausstrahlenden Senders HBO in die Kategorie Comedy. Der Grat zwischen Comedy und Drama ist gerade bei den halbstündigen Formaten des Senders jedoch häufig sehr schmal, hier war das aber eine ausgewogene Mischung und besonders die Szene, in der Agustin eine Intervention wittert oder der Running Gag bezüglich Lynns Alter und seines Porträts waren doch sehr witzig. Da will ich auch noch Doris mit einschließen, die inzwischen auch fester Bestandteil der Clique geworden ist. Was mir insgesamt aber zu viel des Guten war, ist der erneut tiefe Griff in die Klischee-Kiste wenn es darum geht, das Leben von Schwulen zu zeigen. Da wird also hemmungslos Ecstasy genommen (nur stellvertretend für jeglichen Drogenkonsum), so etwas wie eine monogame Beziehung scheint es gar nicht zu geben, weil es übertrieben gesagt eh jeder mit jedem macht, und überhaupt scheint man(n) es überall zu treiben. Ich würde mir da etwas mehr Ausgewogenheit in der Darstellung des schwulen Lebens wünschen. Das ist sicher ein Teilbereich, den man ja auch zeigen darf und soll, aber es gibt eben auch andere Ausprägungen.

Fazit

Es war eine schöne Idee, die drei Freunde zusammen etwas unternehmen zu lassen und dem Zuschauer dabei nach und nach die Informationen über das aktuelle Geschehen im Leben der drei häppchenweise zu offenbaren. Das führte zu einer Reihe von humorvollen Szenen, aber auch schönen, sensiblen und ernsthaften Momenten. An einigen Stellen wurde mir persönlich zwar etwas zu tief in die Schwulen-Klischee-Kiste gegriffen, aber der Grundstein für das Kommende wurde gelegt, wenn die Freunde zurück in San Francisco wieder in ihr tägliches Leben zurückkehren und auf alte Bekannte treffen. Insgesamt war das aber ein guter Einstieg in die neue Staffel und ich freue mich sehr auf mehr von "Looking".

Jan H. – myFanbase

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