Looking - Review
#2.10 Looking for Home (7/9)

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Zum Zeitpunkt der Ausstrahlung des Staffelfinales stand leider noch nicht fest, ob "Looking" darüber hinaus eine Fortsetzung finden wird. Inzwischen wurde bekannt, dass es zwar keine weitere Staffel, jedoch ein abschließendes Special geben wird. Um die Serie tut es mir wahnsinnig leid und ich freue mich durchaus auf weitere Szenen mit den mir ans Herz gewachsenen Charakteren. Doch ist so ein Special nach dieser Episode überhaupt noch nötig?

Foto: Frankie J. Alvarez, Jonathan Groff & Murray Bartlett, Looking - Copyright: 2014 Home Box Office, Inc. All rights reserved. HBO® and all related programs are the property of Home Box Office, Inc.
Frankie J. Alvarez, Jonathan Groff & Murray Bartlett, Looking
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Im Zentrum der Folge stand eindeutig die Auseinandersetzung von Patrick und Kevin. Während Dom zumindest noch ein paar wenige Szenen vergönnt waren, spielte Agustin im Staffelfinale quasi gar keine Rolle, was ich vor dem Hintergrund einer Serie über das Leben eben dieser drei schwulen Freunde doch etwas enttäuschend finde. Genauer betrachtet, ist die Verteilung der Anteile der Geschichten aber schon immer dieser Reihenfolge geschuldet. Patrick ist und bleibt die heimliche (?) Hauptfigur, während Dom und Agustin hinten anstehen müssen. Dabei sind es meines Erachtens gerade diese beiden Figuren, die die größte und interessanteste Entwicklung in der zurückliegenden Staffel durchgemacht haben. Davon war gerade bei Agustin in dieser Episode aber rein gar nichts zu sehen und so beschränkte sich dessen Bildschirmpräsenz gerade einmal auf ein Telefonat mit Patrick und einer kurzen Unterhaltung mit Eddie über seine PrEP-Behandlung. Dazu lässt sich für sich gesehen eigentlich gar nichts sagen, so dass ich wenigstens noch kurz mein ganz persönliches Fazit für Agustin in Staffel 2 ziehen will: Seine Wandlung vom egozentrischen Künstler hin zum sympathischen und sozialen Kerl wurde glaubwürdig und nicht mit der Brechstange im Verlauf der Staffel vollzogen. Das tat auch der Serie insgesamt gut, da sein Charakter in Staffel 1 für mich der Schwachpunkt war und ich mich bisweilen durchaus gefragt hatte, warum Patrick und Dom überhaupt mit ihm befreundet sind. Am besten fasst seine Entwicklung eigentlich sein Ex-Freund Frank in der vorangegangenen Folge zusammen, der Agustins Veränderung verwundert zur Kenntnis nimmt und sich fragt, wer eigentlich dieser Kerl ist, der da gerade vor ihm steht. Hätten wir hier wirklich das Serienfinale erlebt, dann hätte Agustin sicher die am meisten abgeschlossene Story der drei Freunde bekommen. Sein persönlicher Wandel ist vollzogen und mit Eddie hat er nun einen neuen festen Freund an seiner Seite, mit dem er glücklich ist. Für mich bleiben hier keine Fragen offen.

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Nur unwesentlich mehr Szenen bekam Dom im Staffelfinale, aber die hatten dafür auch inhaltlich Einiges zu bieten. Überhaupt war die Beziehung zu seiner besten Freundin und Seelenverwandten Doris ein ganz starker Handlungsstrang der zweiten Staffelhälfte. Nachdem sich die beiden quasi schon ihr ganzes Leben lang kennen, erinnern sie inzwischen an ein altes Ehepaar, das die Nöte und Sorgen des jeweils anderen teilt und mit durchlebt. Davon hat Dom sehr wahrscheinlich mehr profitiert als Doris. Doch mit ihrer immer ernster werdenden Beziehung zu Malik kommen die eigentlichen Probleme ans Tageslicht. Für mich als Zuschauer war es schlimm mit anzusehen, wie diese langjährige Freundschaft zu zerbrechen drohte. Daher rechne ich es Malik wirklich hoch an, dass er erkannt hat, was für ein wichtiger und prägender Teil Dom für Doris ist und dies auch anstandslos zu akzeptieren weiß. So gefiel es mir auch gut, dass er es war, der Dom dazu animierte, noch einmal das Gespräch mit Doris zu suchen. Genau dieses zählte für mich dann auch zu den stärksten Momenten der Folge. Die Erkenntnis, dass beide versuchen müssen, loszulassen und ihr eigenes Leben zu leben, mag zunächst bitter und traurig sein. Aber das bedeutet ja nicht das Ende ihrer Freundschaft. Beste Freunde sind immer für den anderen da, egal wie weit man voneinander entfernt ist oder in welcher Situation man sich gerade befindet. Die beiden werden also mit Sicherheit lernen, mit diesem neuen Zustand umgehen zu können. Für den Moment freue ich mich einfach, für die mir ans Herz gewachsene Doris, dass sie mit Malik ihre Liebe gefunden hat. Und auch wenn Dom am Ende vermeintlich allein dasteht, so scheint er mir mit dieser neuen Situation gut klar zu kommen und hinterlässt mit der Szene vor seinem "Chicken Window“ einen optimistischen Eindruck. So gesehen hätte das Staffelfinale auch für Dom einen durchaus würdigen Abschluss seiner Geschichte gebildet.

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Jonathan Groff, Looking
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Der Folgenschwerpunkt lag jedoch auf Patrick und dessen Auseinandersetzung mit Kevin. Zugegeben, ich bin ein Anhänger der beiden als Paar und ich freue mich mit ihnen und vor allem Patrick, dass sie mit dem Einzug in die gemeinsame Wohnung den Schritt in eine gemeinsame Zukunft wagen wollen. Dass es nun jedoch so schnell zu so einer gravierenden Auseinandersetzung kommt, hatte ich wirklich nicht erwartet. Patricks Idealvorstellung einer Beziehung mag nachvollziehbar und natürlich auch legitim sein, dennoch muss er seinen hohen Anspruch an Kevin und damit seine Entscheidung für ihre Beziehung auch selbst kritisch hinterfragen, denn schließlich war ihm ja eindeutig bewusst, dass diese mit einer Affäre von Kevin begann, während dieser noch mit seinem Freund Jon zusammen war. Nun also von Kevin absolute Partnertreue zu erwarten, ist dann vielleicht auch etwas heuchlerisch. Auslöser für diese ganze Diskussion war ja eigentlich die Grindr-App auf Kevins Handy. Nun kann man Kevin ja durchaus zu Gute halten, dass er diese eben schon länger auf seinem Handy hatte (obwohl er da ja auch in einer Beziehung war) und nicht unbedingt genutzt haben muss, seitdem er mit Patrick fest zusammen ist. Das Problem hätte man dann mit der Löschung der App ganz einfach aus dem Weg räumen können, doch es wird eben offensichtlich, dass Kevin von einer Beziehung unterschiedliche Vorstellungen hat. Partnertreue ja, aber eben mit kleinen sexuellen Abenteuern, wenn sich diese ergeben. Das ist eine Auffassung, über die ich mir auch gar kein Urteil anmaßen will, da es nun einmal eine ganz persönliche Sache ist, wie man für sich eine Beziehung definiert, solange deren Bedingungen offen kommuniziert werden. So ist es also jedem selbst überlassen, ob man diese Anschauung teilen mag. Und genau hier liegt nun also der Knackpunkt der Sache. In der Freude über Kevins Entscheidung für ihn ist Patrick noch immer in der verklärenden Phase, in der es keine Hindernisse in der Beziehung zu geben scheint. Die Vorstellungen einer Beziehung wurden daher nicht diskutiert und für mein Empfinden war es von Patrick auch etwas blauäugig, ohne ein grundlegendes Gespräch mit Kevin direkt dem Einzug in dessen neue Wohnung zuzustimmen. Nun besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass Kevin für Patrick wirklich bereit sein wird, sich voll und ganz nur allein auf ihn einzulassen und damit auch sexuell treu zu sein, aber Patricks Zweifel sind auch für mich durchaus nachvollziehbar.

Dennoch rechne ich es Kevin hoch an, dass er vor der Diskussion, im Gegensatz zu Patrick, nicht davon laufen will, sondern nach einer Klärung sucht. Es ist vielleicht nicht ganz richtig, Patrick hier zu einer finalen Entscheidung drängen zu wollen, ob er sich nun für oder gegen eine Beziehung mit ihm entscheidet, aber aus seinem Appell höre ich durchaus auch Verzweiflung heraus, die darauf schließen lässt, dass es ihm um Patrick wirklich ernst ist. Daran bestand für mich seit seinem Auftritt vor Patricks Haustür ohnehin kein Zweifel. Es scheint nun also so, als habe sich Patrick für Kevin entschieden. Ich zweifele jedoch stark, dass Patrick nach dieser Auseinandersetzung wirklich das nötige Vertrauen in Kevin aufbringen kann und umgekehrt ist auch zu hinterfragen, ob Kevin, egal wie sehr er sich anstrengen wird, Patrick glücklich zu machen, den Ansprüchen und Zweifeln seines Freundes gerecht werden wird. Das ist keine gute Ausgangsposition für eine harmonische Beziehung. Auch die letzte Szene stellt dies zusätzlich in Frage. Indem Patrick Richie aufsucht, könnte man nämlich nun auch schlussfolgern, dass er sich nun selbst fragt, ob nicht vielmehr Richie die Person ist, die seine Vorstellung einer monogamen Beziehung teilt. Nur reicht dieser Anspruch wirklich aus oder gibt es nicht noch andere Faktoren, die eine Beziehung definieren und ausmachen?

Rückblickend betrachtet hat in meinen Augen daher Patrick am wenigsten Fortschritte in der vergangenen Staffel gemacht, denn letzten Endes steht er noch immer zwischen Kevin und Richie. Insofern ist dies auch der einzige Erzählstrang, der im Staffelfinale wirklich offen bleibt und für mich aber auch ein Abschluss wäre, mit dem ich gut leben könnte. Wir haben hier eine Momentaufnahme des Lebens von Patrick und seinen Freunden miterleben dürfen und niemand kann wissen, wie sich das Leben der Charaktere in der Zukunft entwickeln wird. Alles ist möglich. Ich freue mich, dass wir davon wenigstens noch einen kleinen Nachschlag bekommen werden. Dennoch bin ich mir nicht sicher, ob ein Special dieses Liebesdreieck wirklich zufriedenstellend auflösen wird. So gesehen hätte ich den Ausgang auch gerne meiner ganz eigenen Vorstellung überlassen.

Fazit

Mit "Looking for Home" haben wir ein Staffelfinale gesehen, das in meinen Augen auch gut als Serienfinale hätte herhalten können. Insbesondere Agustin und Dom haben zum jetzigen Zeitpunkt einen runden Abschluss ihrer jeweiligen Geschichten bekommen. Dagegen tritt Patrick in seiner Charakterentwicklung leider auf der Stelle und steht, ähnlich zum Finale der ersten Staffel, erneut vor der Entscheidung, ob nun Kevin oder Richie besser zu ihm passt. Da nach dem Finale beide Varianten möglich wären, hätten sich die Zuschauer einfach ihr Wunschende aussuchen können. Schade war es auch, dass wir keine gemeinsame Szene der drei Freunde zu sehen bekamen. Darauf freue ich mich im nun noch ausstehenden Special jedenfalls mehr als auf die endgültige Klärung des Liebesdreiecks.

Jan H. – myFanbase

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