Looking - Reviews
Looking: The Movie (7/9)

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Fast eineinhalb Jahre ist es nun her, dass "Looking" mit seiner zweiten Staffel ein aus Fan-Sicht viel zur frühes Ende nahm, das aber immerhin durch die Ankündigung eines abschließenden Filmspecials abgemildert werden sollte. In meiner Review zum Staffelfinale hegte ich bereits Zweifel, ob diese Zugabe wirklich von Nöten ist. Wie sieht es nun also nach Ansicht des Films aus? Gibt es eine alle zufriedenstellende Auflösung der Frage, für wen sich Patrick am Ende entscheidet? Wie steht es inzwischen um die Freundschaft der liebgewonnenen Charaktere und lohnt sich das Einschalten wirklich?

Foto: Looking - The Movie - Copyright: 2016 Home Box Office, Inc. All rights reserved. HBO® and all related programs are the property of Home Box Office, Inc.
Looking - The Movie
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Wir erinnern uns: am Ende der zweiten Staffel steht Patrick (Jonathan Groff) vor der Entscheidung, sein Leben mit Kevin (Russell Tovey) zu teilen, wird dabei aber auch geplagt von fehlendem Vertrauen, weil Kevin trotz Liebesbeteuerung an einer offenen Beziehung interessiert ist. Am Ende sehen wir Patrick, der Richie (Raúl Castillo) in seinem Frisörladen aufsucht und eine endgültige Auflösung wird den "Looking"-Fans verwehrt.

Nun setzt also die Handlung des Films rund neun Monate nach diesen Szenen an und wir erfahren, dass Patrick damals keine Entscheidung treffen konnte (oder wollte?) und stattdessen San Francisco und damit auch seine Freunde verlassen hat. Das ist in meinen Augen eine recht zwiespältige Entscheidung, die zwei Positionen widerspiegelt. Patricks Charakter hat sich einmal mehr keinen Schritt weiter entwickelt. Auf der Suche nach dem Mann fürs Leben ist er in einen Gewissenskonflikt geraten, aus dem er den einfachen Ausweg wählte und sich aus dem Staub machte, anstatt sich zu überlegen, was und vor allem wer ihm wirklich wichtig ist. Auf der anderen Seite, ist die Auflösung des Staffelfinales aus Autorensicht natürlich ein willkommener Aufhänger, um die nachfolgende Geschichte erzählen zu können. Zugegeben, es ist nicht besonders originell, unabhängig davon ob nun Film oder Serie, den Hauptcharakter aufgrund einer anstehenden Hochzeit, nach längerer Zeit in die Heimat oder frühere Umgebung zurück zu bringen. Das schürt Spannungen und Konflikte beim Aufeinandertreffen mit alten Weggefährten und bietet zugleich stimmungsvolle Szenen mit Happy-End-Charakter schon allein wegen der Hochzeitsfeier. Viele Möglichkeiten, wer denn das Hochzeitspaar sein könnte, gab es ja nun nicht. Und wenn ich noch an Staffel 1 zurückdenke, dann wäre der Gedanke, dass es ausgerechnet Agustín (Frankie J. Alvarez) ist, der sich unter die Haube begibt, nahezu undenkbar gewesen. Aber nach seiner positiven Charakterentwicklung in Staffel 2, ist das auch eine logische Konsequenz und Eddie (Daniel Franzese) und er geben auf den ersten Blick rein äußerlich vielleicht ein ungleiches Paar ab, ähneln und vor allem ergänzen sich aber in vielerlei Hinsicht.

Wo eine Hochzeit ansteht, ergeben sich aber (nicht nur) in fiktionalen Stoffen auch Dramen und so gehört es fast schon selbstverständlich dazu, dass mindestens eine Hälfte des Brautpaars kalte Füße bekommt. In diesem Fall also Agustín. Dieser Ausgangssituation folgt eine sehr schöne Szene von Patrick und Agustín, in der es Patrick durch geschickte Fragestellungen gelingt, Agustín Antworten zu entlocken, warum er und Eddie ein gutes Paar abgeben und ihre Liebe zueinander mit einem Ehegelübde offiziell machen sollen. Erneut ist es überraschenderweise Agustín, der mit seinen Antworten zu überzeugen weiß, mit denen er Eddie ein so schönes Liebesgeständnis macht, dass dieser in jenem Moment aber leider nicht zu hören bekommt. Bei Patrick muss man sich jedoch fragen, warum es ihm offenbar nicht gelungen ist, sich diese Fragen in puncto seiner eigenen Beziehungsproblematik zu stellen. Vielleicht hätte er in der inneren Auseinandersetzung mit sich selbst, Antworten für seine eigene Situation gefunden und sich für einen Partner entscheiden können.

Die Autoren taten gut daran, in diesen 80 Minuten nicht auf Teufel komm raus auch für Dom (Murray Bartlett) noch eine neue Beziehung aus dem Hut zu zaubern. Stattdessen erleben wir auch hier eine konsequente Fortführung dessen, was wir von Dom bereits im letzten Staffelfinale zu sehen bekommen haben. Die Eröffnung seines "Chicken Window" war also erfolgreich und es existieren bereits Expansionspläne. Er konzentriert sich auf seinen beruflichen Erfolg und kann meines Erachtens auch glaubhaft vermitteln, dass ihm persönlich eine fehlende Beziehung keinen Kummer bereitet. Er ist mit seinem Leben zufrieden und muss daher auch nicht auf das Zureden seiner Freunde eingehen, sich nach einem Partner umzusehen. Dass er letzten Endes doch seinen Spaß mit Eddies Trauzeugen findet, ändert daran für mich nichts. Einmal davon abgesehen, dass dies nur ein weiteres Klischee des Hochzeitsszenarios darstellt, passt es einfach zu Dom und bedeutet für ihn Spaß als Single ohne Konsequenzen. Ein schöner Moment war auch die gemeinsame Szene von Patrick und Dom abends im Bett, die zunächst einmal einen vielleicht etwas unerwarteten Verlauf vernahm, im Rückblick auf die Serienvergangenheit aber auch nicht völlig aus der Luft gegriffen war. Die beiden lernten sich einst kennen, weil sie zusammen im Bett landeten, aber dann nicht bis zum Äußersten gingen. Daraus entstand stattdessen ihre Freundschaft und nun, unter Einfluss von Alkohol und Rauschmitteln, wurde darauf noch einmal Bezug genommen, als es zum gemeinsamen Kuss kam. Für beide war es letzten Endes nur eine Alberei und dennoch habe ich mich auch dabei ertappt, mich zu fragen, ob diese Paarung vielleicht wirklich funktionieren könnte. Als Freunde sind sie mir dennoch lieber und so bin ich froh, dass es über den Kuss nicht weiter hinausging. Dennoch für mich eine der besten Szenen im Film, wie eigentlich alle, in denen sich die Freundschaft der drei Hauptcharaktere zeigte. Das war im Staffelfinale noch ein großer Kritikpunkt, in dem es damals nicht eine gemeinsame Szene der drei Freunde gab, obwohl diese doch das Zentrum der Serie bildeten.

Nicht unerwähnt lassen, will ich auch Doris (Lauren Weedman), die mit Malik (Bashir Salahuddin) ihre große Liebe gefunden hat und mit dem sie nun tatsächlich Familienpläne hegt. Diese Verkündung gegenüber Dom führte zu einer der emotionalsten Szenen des Films überhaupt. Denn was gibt es nicht für ein größeres Kompliment an eine Freundschaft, die ja gerade zwischen Doris und Dom so intensiv ist und in Staffel 2 auf so schmerzliche Weise gefährdet war, als ihre Aussage, dass sie eigentlich stets dachte, dass Dom der Vater ihres Kindes sein solle. Eine wirklich rührende Szene und die Bestätigung dafür, dass zwischen beiden wieder alles in Ordnung ist, auch wenn sie in den letzten Monaten nur wenig direkten Kontakt miteinander hatten. Das hält eine beste Freundschaft jedoch aus und bekräftigt sich hier eindrucksvoll.

Die Hochzeit von Agustín und Eddie bildete letztendlich aber nur die Rahmenhandlung für Patricks Rückkehr und so stand im Grunde genommen auch seine Figur und damit erneut seine Zerrissenheit zwischen Kevin und Richie im Zentrum des Films, was sich auch allein daran zeigte, dass Patrick in jeder Szene des Films eine Rolle spielte. Das an sich stellte sich aber weniger als Problem dar, als vielmehr der offenbar bei den Autoren verspürte Zwang, dem Publikum nun eine finale Antwort auf die Frage nach DEM Partner für Patrick geben zu müssen. Während man sich im Laufe der Serie dafür Zeit nehmen kann, besteht in einem Film die Herausforderung darin, noch dazu in lediglich 80 Minuten, diese Geschichte auch plausibel zu erzählen. Und gerade mit dieser Glaubwürdigkeit hatte ich dann auch meine Probleme, war die verstrichene Zeit im Film doch auf zwei, drei Tage beschränkt, in der aus Patricks Sicht aber so viel passieren musste. Sein One-Night-Stand sollte uns wohl zunächst zeigen, dass er von seiner romantischen Vorstellung und Suche nach dem einen Partner abgekommen ist. Zugleich war diese Szene aber auch der Auslöser für seinen Wiedersehenswunsch mit Kevin, nachdem er zuvor bereits auf Richie und dessen Freund Brady (Chris Perfetti) gestoßen war. Irgendwie fühlten sich dann sowohl die Szene mit dem seltsam erblondeten Kevin, als auch die Begegnungen mit Richie so an, als hätte man das alles schon einmal gesehen. Das will ich jetzt gar nicht unbedingt negativ verstanden wissen, denn darauf baute ja schließlich ein großer Teil der Serie bereits auf. Das funktionierte auch im Film recht gut und ich wurde schnell wieder hineingezogen, in das Dilemma, dass sich in Patricks Innerem abspielen musste. Besonders innovativ erzählt war es jedoch nicht. Insgeheim hatte ich mir einfach eine direkte Auflösung der Partnerfrage zu Beginn des Films gewünscht und nicht erst ganz am Ende.

Patrick hat sein Herz nun also an Richie vergeben. Dabei fühlt sich seine Entscheidung aber immer noch ein wenig so an, als wäre sie aus der Vernunft heraus geboren. Im Grunde war Richie ja schon immer die "vernünftige" Lösung. Ein sympathischer, ehrlicher und grundsolider Charakter, mitunter etwas langweilig, aber jemand, der ganz offensichtlich in Patrick verliebt war und mit seinem neuen Partner Brady eine Beziehung führte, die kaum nachvollziehbar schien. Sein Zögern, sich nach dem Break-up direkt wieder auf Patrick einzulassen, war für mich auch nur eine kleine dramatische Hinauszögerung, denn schließlich äußerte er doch selbst kurz zuvor den entscheidenden Satz, dass er ein Jahr lang eine Beziehung mit jemandem führte, den er nicht liebte. Dieses Eingeständnis muss schmerzhaft gewesen sein, macht mich als Zuschauer traurig und erzeugt Mitgefühl. Nun öffnet sich für Richie jedoch eine neue Chance, sein Glück mit Patrick zu finden und ich hoffe für ihn, dass sich diese erfüllt. Ich hätte mir Patrick aber auch gut mit Kevin vorstellen können. Denn während bei Patrick und Richie eben immer wieder das Thema Vernunft über der Beziehung der beiden schwebte, so verspürte ich bei Patrick und Kevin die größere Leidenschaft füreinander. Auf der einen Seite standen also zwei ganz ähnliche Charaktere, während es bei Kevin und Patrick eher Gegensätze in ihrer Persönlichkeit waren, die sich anzogen.

Es war ein wenig schade, dass die Patrick und Kevin im Film nur eine einzige Szene miteinander hatten und Russell Tovey leider auch nicht mit den weiteren Darstellern interagieren konnte. Damit war schon etwa zur Mitte des Films klar, in welche Richtung Patricks Reise gehen wird. Dennoch war auch das Aufeinandertreffen mit Kevin eine starke Szene, die insbesondere von ihren Richtungswechseln lebte. Was mit einem eher harmlosen Plausch begann, drehte sich schnell in eine Art Anklage, die sich Patrick anhören durfte, dem nicht zu Unrecht vorgeworfen wurde, es nicht wirklich ernsthaft versucht zu haben. Durchaus Schlucken musste ich dann wiederum bei Kevins Verabschiedung, die zeigte, dass es vor allem er ist, der sich weiter entwickelt hat. Ihm ist Patricks Wohlergehen wichtiger, als seine Liebe zu ihm. Sein Liebesgeständnis wirkt ehrlich und zugleich wird klar, dass er aber auch mit ihm abgeschlossen hat. Der hastige Abschied ohne Blick zurück war ein weiterer, starker emotionaler Höhepunkt. Bei Patrick führte dieser noch zur Unsicherheit, in der Folge jedoch auch zur Klarheit im eigenen Gefühlschaos mit dem uns nun bekannten Ende.

Fazit

"Looking – The Movie" hat Vieles richtig gemacht. Alles fühlte sich schnell vertraut an, als würde man nach Hause kommen, wie ein Treffen mit alten Freunden. Die Freundschaft von Patrick, Dom und Agustín war deutlich zu spüren, uns vertraute (Neben-)Charaktere aus zwei Staffeln hatten mehr oder weniger große Auftritte und boten damit einen tollen Fan-Service. Der Look stimmte, alles wirkte wie immer natürlich in Szene gesetzt und auch die musikalische Untermalung bot das typische "Looking"-Feeling. Viele kleine Anmerkungen in den Dialogen bauten auf früheren Szenen der Serie auf und selbst der obligatorische Auftritt von Patrick am Mikrofon durfte nicht fehlen und rundeten den Film zu einem gelungenen, wenn auch viel zu kurzen Serien-Revival ab. Durch die Vorgabe der Spielfilmlänge haperte es insgesamt ein wenig am glaubhaft inszenierten Storytelling. Dennoch will ich die Rückkehr nach San Francisco und zu den drei Freunden nicht missen und bin insgesamt traurig, dass "Looking" damit nun sein tatsächliches Ende gefunden hat.

Jan H. – myFanbase

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