Lost Girl - Review Staffel 1
Seit einigen Jahren schon stellt Kanada eine Art Juniorpartner der amerikanischen Film - und Fernsehindustrie dar. Aus Kostengründen werden viele US-Produktionen in Kanada gedreht und bieten Jobs für kanadische Schauspieler, Autoren und Regisseure, die sich so weltweit einen Namen machen können. Das kanadische Showbusiness begnügt sich aber nicht nur mit der Rolle eines Erfüllungsgehilfen für Hollywood, sondern nutzt die gesammelten Erfahrungen und die Kontakte zur größten Film - und Fernsehindustrie der Welt, um sich mit eigenen Produktionen zu emanzipieren, die an Qualität und Beliebtheit durchaus eine Konkurrenz für US-Sendungen darstellen. Ein Beispiel hierfür ist "Lost Girl".
Die 2010 in Kanada gestartete Serie wird mittlerweile in den USA, in England, in Australien, in Italien und auch in Deutschland ausgestrahlt und gewinnt, wenn auch keine großen Fernsehpreise, so doch immer wieder Popularitätswettbewerbe. Nicht ohne Grund. Die erste Staffel macht es dem Zuschauer mit ihrer Mischung aus Mystery, Drama und Humor, verfeinert durch eine ordentliche Prise Sex, schwer, sich nicht in "Lost Girl" zu verlieben.
Ihre Liebe endet tödlich
Im Zentrum des Geschehens steht Bo (Anna Silk), ein unter Menschen aufgewachsener Succubus. Sie kann Personen durch Küssen und Sex die Lebensenergie entziehen, wodurch sie selbst für eine Weile stärker wird und sich von jeder erdenklichen Verletzung zu heilen vermag. Durch Berührung kann sie Menschen außerdem beeinflussen und nach ihrem Willen handeln lassen.
Bo hat schon viele Menschen getötet, da sie sich und ihren Hunger nach Lebensenergie nicht kontrollieren konnte. Erst als sie sich mal wieder in einer neuen Stadt niederlässt, erfährt sie, was sie eigentlich ist und dass es außer ihr noch viele weitere übernatürliche Wesen gibt. Der Oberbegriff für die nichtmenschlichen Geschöpfe lautet Fae. Von Bo wird erwartet, dass sie sich wie alle Fae für eine Seite entscheidet, entweder für die Fae des Lichts oder für die Fae der Dunkelheit. Bo beschließt aber, neutral zu bleiben, wodurch sie eine einzigartige Position im Spiel der Mächte einnimmt. Als Neutrale kann sie sich unter beiden Parteien bewegen und muss sich nicht an die Regeln halten, mit denen die Fae des Lichts und die Fae der Dunkelheit versuchen, ihren sehr brüchigen Frieden zu bewahren. Bo beginnt, für beide Seiten und für Menschen, die Probleme mit Fae haben, als Privatdetektivin zu arbeiten. Dabei geht es ihr nicht nur um Geld, sondern auch darum, mehr über die Fae zu erfahren und herauszufinden, wer ihre leiblichen Eltern sind.
Bo als sehr sexuelles, körperbetontes Wesen interessiert sich für beide Geschlechter. Schnell kristallisieren sich zwei Love Interests für sie heraus: der Polizist Dyson (Kristen Holden-Ried), ein Werwolf, der zu den Fae des Lichts gehört, und die menschliche Ärztin Lauren (Zoie Palmer), die für die Fae des Lichts arbeitet. Es ist nicht verwunderlich, dass sich viele Zuschauer sogleich in zwei Lager aufgespaltet haben, in Team Dyson und in Team Lauren, was sehr selbstironisch ist, wenn man bedenkt, dass sich die gesamte Serie um zwei große Lager, Licht und Finsternis, dreht. Zunächst hat Dyson die besseren Karten, dann gewinnt Lauren kurz die Oberhand, dann wieder Dyson. Am Ende der Staffel kommt es zu dramatischen Ereignissen, die nahe legen, dass sich Team Lauren wieder Hoffnungen machen darf.
Wenngleich ich mich persönlich gerne als neutral betrachte, muss ich gestehen, dass die Chemie zwischen Bo und Lauren schon sehr sehenswert ist. Bo als Charakter gewinnt schnell die Herzen der Zuschauer, da sie humorvoll, stark und attraktiv, aber auch unperfekt ist. Dass sie in den vergangenen Jahren mehr oder weniger unabsichtlich zahlreiche Menschen ins Grab geknutscht hat, wird nicht verschwiegen, sondern gehört zu ihrer Persönlichkeitsentwicklung dazu. Wenn sie sich nach einem Kampf heilen muss, benutzt sie Dyson, der dies als Fae überleben kann, im aller wahrsten Sinne des Wortes.
"Kann ich eine Knarre bekommen? Eine Granate? Ein Zauberschwert?"
Zu Bo's bester Freundin und Mitbewohnerin wird die menschliche Taschendiebin Kenzi (Ksenia Solo), die zwar nicht mit übernatürlichen Fähigkeiten, dafür aber mit einem frechen Mundwerk, mit viel Mut und mit großer Loyalität Bo gegenüber dienen kann. Darüber hinaus bringt sie reichlich Erfahrung im Stehlen und Betrügen mit, was hin und wieder auch ganz nützlich sein kann.
Kenzi ist in "Lost Girl" sowohl der klassische Sidekick, der dem dominanteren Helden treu zur Seite steht, als auch der Comic Relief, der immer wieder Witz hineinbringt und düstere Momente auflockert. Beide Funktionen erfüllt Kenzi sehr gut. Ihre Kommentare, ihre Gestik und ihre Mimik sind in vielen Episoden einfach eine Wucht. Es ist aber auch schön, wie nahe sich Kenzi und Bo schon nach kurzer Zeit stehen. Kenzi ist so etwas wie eine kleine Schwester für Bo, die viele Jahre kein richtiges Zuhause besaß und ein Nomadendasein geführt hat. Von den Fae wird Kenzi toleriert, weil sie als Bo's Besitz gilt, quasi als ihr Haustier.
Licht gegen Finsternis
Die Welt der Fae ist durchaus interessant. Im Laufe der ersten Staffel lernen wir einige Vertreter beider Seiten kennen und stellen fest, dass sie größtenteils keine völlig Unbekannten, sondern aus Mythologien verschiedener Kulturen entnommen sind. So treffen wir beispielsweise auf Furien und Sirenen, die man aus der griechischen Mythologie kennt, auf die Aswangs aus der philippinischen Folklore, auf die keltischen Banshee und auf die aus der chinesischen Sagenwelt stammenden Kirin.
Viele Fae ernähren sich in irgendeiner Weise von den Menschen, sei es von deren Lebensenergie, deren Hoffnung, deren Wut, deren Gier oder schlicht von deren Blut (ja, auch in "Lost Girl" gibt es Vampire, die aber nur eine untergeordnete Rolle spielen). Längst nicht alle Fae sind übermächtig, einige lassen sich eher als skurril bezeichnen und bringen seltsame Gaben mit, die ein Comicheld nicht gebrauchen könnte. Oftmals sind die Fae auf subtile Weise beängstigend, weil sie die Schwächen der Menschen aus - und benutzen.
Dass nicht alle Fae Superhelden oder Superschurken sind und auch sehen müssen, wie sie zurecht kommen, ohne aufzufallen, verleiht den politischen und territorialen Querelen zwischen Licht und Finsternis insgesamt mehr Spannung und Authentizität. Der instabile Frieden zwischen den beiden Seiten kann schon durch kleine Verfehlungen in sich zusammenbrechen, was zwar fast keiner will, aber trotzdem immer in der Luft liegt.
Fazit
Die Kanadier können es auch! "Lost Girl" ist eine unterhaltsame Mysteryserie mit Humor und Sexappeal. Die Charaktere sind sympathisch und verstehen es, sich in die Herzen der Zuschauer zu spielen. Leidenschaftliche Shipper, die gerne einem Paar die Daumen drücken, kommen dabei ebenfalls auf ihre Kosten. Die 13 Folgen der ersten Staffel verfliegen im Nu und machen (glücklicherweise keinen tödlichen) Hunger auf die zweite Season.
Maret Hosemann - myFanbase
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