Lost Girl - Review Staffel 4
Im Anschluss an drei ziemlich gelungene Staffeln nimmt sich "Lost Girl" leider ein Schlamassel-Jahr. Unnötigerweise. Zwar mussten die Autoren notgedrungen etwas improvisieren, da Bo-Darstellerin Anna Silk kurz vor Drehbeginn Mutter geworden ist und daher anfangs nur eingeschränkt zur Verfügung stand, aber das wird in den ersten Folgen ordentlich gelöst. Erst zur Mitte hin bekommt die Staffel Schlagseite, da das Mysterium um den Wanderer schlicht zum Fiasko wird.
Wer ist Bo?
Die Erinnerungen aller Charaktere werden so manipuliert, dass sie Bo vergessen. Für ihre Freunde hat der attraktive Succubus nie existiert. Dadurch verändert sich Kenzis (Ksenia Solo) Part in der Serie völlig. Statt der Sidekick an der Seite der Titelheldin, ist sie plötzlich der Mittelpunkt, um den sich alles konzentriert. Diese Konstellation hat durchaus ihren Reiz und gipfelt in einer heißen Tanznummer, bei der sich Ksenia Solos Tanzausbildung bezahlt macht. Bo kommt derweil in einem altmodischen Zug zu sich, aus dem sie schließlich springt, um nach Hause zu gelangen.
Nach Bos Rückkehr (und der Wiederherstellung des Status Quo), folgen zunächst mehrere unterhaltsame Episoden, die genau das bieten, was "Lost Girl"-Fans gewohnt sind: Fantasy, Sex, Humor und Action. Zu nennen ist hier beispielsweise die Folge #4.07 La Fae Époque, in der Bo in Dysons (Kris Holden-Ried) Erinnerungen reist und ein lange zurückliegendes Kapitel seines Lebens nachempfindet. Dabei kommt es zu einer der ungewöhnlicheren Sexszenen der bisherigen Fernsehgeschichte, als Bo in Dysons Körper Sex mit einer französischen Sängerin hat, die aussieht wie Bos On/Off-Freundin Lauren (Zoie Palmer). Gab es bisher schon einmal eine lesbische Liebesszene zwischen einem Mann und einer Frau? Ich glaube nicht.
Die Frage, was es mit dem Zug auf sich hat, aus dem Bo gesprungen ist, und wer nun eigentlich der Wanderer ist, der sie vermutlich dorthin gebracht hatte, treibt alle um, ist aber nicht das einzige Problem. Bo und ihre Freunde werden von der Una Mens bedroht, einem dreiköpfigen Rat, der als Richter, Geschworener und Henker auftritt und völlig ohne Emotionen die Regeln und Gesetze der Fae durchsetzt. Es ist zwar etwas unlogisch, dass die Una Mens bisher nie erwähnt wurde, obwohl es in den ersten drei Staffeln mehr als genug Momente gab, in denen eine Warnung vor diesem unheimlichen Rat angebracht gewesen wäre, aber das kommt einem allenfalls kurz in den Sinn. Man wartet ohnehin in erster Linie auf den ersten, richtigen Auftritt des Wanderers. Und dann ist es soweit ... leider.
Call me The Wanderer
Das Mysterium um den Wanderer wurde in der dritten Staffel ziemlich vielversprechend aufgebaut, mit wiederkehrenden Symbolen wie dem Gemälde "Der Wanderer über dem Nebelmeer" von Caspar David Friedrich und dem Song "The Wanderer". Unter Fans weit verbreitet war die Theorie, dass es sich bei dem Wanderer um Bos leiblichen Vater handelt. Die Autoren haben sich aber einen verzwickteren Coup ausgedacht, der hauptsächlich zwei Gefühle auslöst: Ärger und Verwirrung. Achtung, in den folgenden Abschnitten wird nun massiv gespoilert. Call me The Spoilerer ...
Als Bo in den Zug zurückkehrt, steht sie vor einem Fae namens Rainer (Kyle Schmid), der nicht etwa ihr Vater ist, sondern ihr ... Seelenverwandter. Angeblich zumindest. Für all die Fans, die sich seit der ersten Staffel leidenschaftlich darum streiten, ob Dyson oder Lauren Bos wahre Liebe ist, und für die Abspalter, die Bo seit der dritten Staffel doch lieber mit Tamsin (Rachel Skarsten) sehen wollen, ist das ein gepflegter Schlag ins Gesicht. Die plötzlich so schicksalhafte Romanze zwischen Bo und Rainer kracht wie ein führerloser Zug ins "Lost Girl"-Gebilde. Bo vernachlässigt und enttäuscht ihre Freunde wegen Rainer massiv und verärgert damit auch die Zuschauer. Sie verliert viele Sympathien, da sie zunehmend unüberlegt und egoistisch handelt. Natürlich ging es in "Lost Girl" schon immer um Bos Sex - und Liebesleben, aber bisher konnte sie dies sehr gut mit ihren Freundschaften verbinden und war nie so festgefahren und betriebsblind wie jetzt. Sie lässt sich zu Aktionen verleiten, die alles in die schlimmstmögliche Richtung lenken. Plötzlich wünscht man sich als Zuschauer fast, man könnte Bo ebenso vergessen, wie es ihre Freunde zu Beginn der Staffel getan haben.
Rainer ist zwar der Wanderer, aber irgendwie auch nicht, denn da ist noch eine andere Kraft involviert, die Bo und Rainer zusammengeführt hat. Oder so. Man verliert ein wenig den Überblick und tut sich schwer damit, die Erinnerungen an die dritte Staffel richtig in den Kontext der Ereignisse einzuordnen. Mit Rainer als Charakter wird man nie warm, schon allein deshalb, weil man etwas völlig anderes erwartet und dafür etwas bekommen hat, dass man nicht wollte. Den Darsteller Kyle Schmid trifft daran aber ausdrücklich keine Schuld.
Der Preis der Freiheit
Den deutschen Titel des Finales der fünften Staffel von "Buffy - Im Bann der Dämonen" habe ich nicht zufällig als Überschrift für diesen Abschnitt gewählt. Die vierte Staffel von "Lost Girl" endet sehr ähnlich wie die fünfte Staffel von "Buffy". Ein Charakter opfert sich, unter den schockierten und trauernden Blicken der Freunde, um ein Portal zu schließen, das nie hätte geöffnet werden dürfen. In "Buffy" war dies die Titelheldin selbst, in "Lost Girl" ist es Kenzi.
Schon im Laufe der Staffel mussten wir uns von einem beliebten Hauptcharakter verabschieden, doch Kenzis Tod ist der größte Schock, den uns die Serie bisher beschert hat. Kenzi ist das Herz der Show, eine echte Sympathieträgerin, die mit ihren Aktionen und ihren "Kenz-ismn", ihren frechen und anspielungsreichen Sprüchen, sehr viel Humor und Herzlichkeit hineingebracht hat. Sie hält in dieser Serie voller Succubi, Gestaltwandler, Sirenen und Co. die menschliche Fahne tapfer hoch. Zwar ist auch Lauren ein Mensch, allerdings kein "Normalo", sondern eine brillante Wissenschaftlerin, die mit ihrem Können den Fae durchaus das Fürchten lehrt.
"Lost Girl" ohne Kenzi scheint undenkbar - und da kommen wir wieder zu "Buffy" zurück. Bekanntlich war Buffys Tod nicht endgültig; sie kam zu Beginn der sechsten Staffel wieder zurück. Auch Kenzis Tod, der sie (vermutlich) ins Heldenparadies Walhalla bringt, ist so inszeniert, dass eine Rückkehr möglich erscheint. Ich persönlich hoffe wahnsinnig darauf. Die fünfte Staffel, die im Herbst 2014 in Kanada startet, hat einiges gut zu machen und das geht schlecht ohne Kenzi.
Fazit
Die vierte Staffel von "Lost Girl" ist eine Enttäuschung. Einige unterhaltsame Episoden in der ersten Staffelhälfte können nicht ausgleichen, dass die Entwicklungen in der zweiten Staffelhälfte überhaupt nicht funktionieren und sich sehr negativ auf die Titelheldin auswirken. Die fünfte Staffel kann das Ruder hoffentlich wieder herumreißen.
Maret Hosemann - myFanbase
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