Love - Review des Piloten
#1.01 So fängt es an
"Waiting for love ruined my life"
Ganz schlicht, aber nicht minder bedeutungsschwanger heißt die neue Neflix-Comedyserie einfach "Love" und eröffnet allein vom Titel einen weiten Raum an Assoziationen und schürt dadurch selbstverständlich eine gewisse Erwartungshaltung. Der Titel suggeriert eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem stärksten aller Gefühle, was die unter anderem von Komödien-Guru Judd Apatow entwickelte Serie dann in gewisser Weise auch darstellt. Die Idee der Serie ist es anhand einer ganz spezifischen romantischen Beziehungsentwicklung einen generellen Blick auf das Zustandekommen und Wachsen einer romantischen Paarbeziehung zu werfen.
Wie man es von anderen Apatow-Produktionen bereits gewöhnt ist, wird sehr viel Zeit daraufverwendet die Grundkonstellation zu entwickeln und die beiden zentralen Hauptfiguren vorzustellen. Genau genommen treffen die beiden Protagonisten Mickey und Gus erst in der letzten Einstellung des mit 40 Minuten für eine Comedyserie überlangen Piloten aufeinander. Davor wird parallel erzählt in welcher Phase ihres Lebens sich die beiden aktuell befinden und dadurch geschickt eine komplexe Charakterentwicklung präsentiert, die die beiden Hauptfiguren als einzelne individuell interessante Protagonisten etabliert.
Neben Apatow, der momentan mit "Girls" noch eine weitere Serie in Produktion hat, zeigen sich als Schöpfer der Serie noch Paul Rust, der gleichzeitig auch eine der zwei Hauptrollen übernimmt und Lesley Arfin, die unter anderem als Autorin bereits für "Brooklyn Nine-Nine" und "Girls" tätig war für die zehnteilige erste Staffel verantwortlich. Dem Trio gelingt es sehr schnell aus dem Genre der romantischen Komödie, welches von der tonal gar nicht so weit entfernten FX-Serie "You're the Worst" bereits geschickt aufgebrochen wurde, etwas Neues hinzuzufügen und einen eigenen Stil zu entwickeln. Ein großer Faktor ist dabei die von Netflix bereit gestellte Zeit, die es ermöglicht der Geschichte einen eigenen, zeitlich nicht eingeschränkten Rhythmus zu verleihen. Das führt im Piloten zwar zu einigen Ausschweifungen, ermöglicht aber gerade dadurch auch ein schleichendes und behutsames Annähern an die Hauptfiguren und deren momentaner Lebenswelt.
Wir sehen im Piloten also im Grunde zwei völlig unabhängige Geschichten nebeneinander herlaufen, die dann schlussendlich zusammengefügt werden. Dieses erlangte Wissen über die Hauptfiguren ermöglicht einen zunehmende Intensivierung des Spannungsbogens, was auch damit zusammenhängt, dass man es hier mit scheinbar ziemlich gegensätzlichen Figuren zu tun hat, die beide zwar aktuell sehr verloren wirken und orientierungslos herumschwirren, charakterlich aber grundverschieden sind. So arbeitet der von Paul Rust gespielte Gus als Mentor eines Kinderstars und ist ein grundsätzlich auf Sicherheit und Harmonie bedachter Nerd, der mit seiner aktuellen Freundin zusammenzieht, um dann aber kurz danach von dieser zu erfahren, dass sie ihn betrogen hat. Er zieht daraufhin in einen Wohnkomplex, der von Pensionären und Austauschstudenten bewohnt wird und versucht dort sein Leben neu zu ordnen und mehr Risiken einzugehen, was dazu führt, dass er sich in ein kurzes sexuelles Abenteuer stürzt, welches aber schnell eine sehr unangenehme Wendung nimmt.
Die von der ehemaligen "Community" Hauptdarstellerin Gillian Jacobs dargestellte Mickey kann hingegen gut mit dem Titel des letzten von Apatow inszenierten Kinofilms charakterisiert werden: "Trainwreck". Mickey ist verantwortungslos, geht immer wieder auf die sexuellen Avancen eines Freundes von ihr ein, der immer noch bei seiner Mutter wohnt und sich von dieser auch die Kleidung kaufen lässt, und ist dabei ständig auf Drogen. Dieses selbstzerstörerische und egozentrische Verhalten lässt Mickey, vor allem aufgrund der wunderbaren Performance von Jacobs, aber nicht zur reinen Unsympathin werden. Sie wirkt vielmehr menschlich und wird schnell zu einem plastischen und interessanten Charakter, welcher man die vielen Eskapaden bereit ist zu verzeihen.
Die Serie ist wie eigentlich immer bei Apatow-Produktionen sehr vulgär, freizügig und angereichert mit peinlichen Drogenexzessen. Der Pilot kann zunächst als Zusammenstellung kleiner Vignetten und Ausschnitte verstanden werden, welche zeigen wie die beiden Hauptfiguren rasant dem Tiefpunkt entgegen steuern. Auch charakteristisch für Apatow ist die Etablierung von einzigartigen Nebenfiguren, denen ebenfalls Raum gegeben wird, um selbst der Zuschreibung der bloßen Sidekicks zu entkommen. Besonders hervorzuheben sind zwei ältere Herrschaften, welche bereits seit 30 Jahren glücklich als Mitbewohner zusammenwohnen.
Fazit
Wer tragisch-komischen Comedyproduktionen mit Sundance-Independent Film-Flair, wie "Master of None", "You're the Worst" oder eben das bereits mehrfach erwähnte "Girls" mag, wird wahrscheinlich auch viel Freude mit "Love" haben. Dem überlangen Pilot gelingt es die schwierigen, nicht immer wirklich sympathischen, aber gerade aufgrund dieser Ecken und Kanten sehr spannenden Charaktere viel Raum zu geben und die grundlegende Prämisse dadurch geschickt in Gang zu setzen. Wie bei Netflix-Serien üblich braucht es schlussendlich wohl aber noch ein paar Folgen mehr, um der Serie zu verfallen, denn die eigentliche und zentrale Beziehungsentwicklung beginnt erst so richtig in der zweiten Folge.
Moritz Stock - myFanbase
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