Luck - Review des Piloten

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Ich muss sagen, es ist ein wunderbares Gefühl, nach einem Serienpiloten irgendwie mit großer Bestimmtheit zu wissen, dass man etwas ganz Besonderes gesehen hat, dies aber weder am Plot, noch am Thema oder auch an den Schauspielern fest machen kann. Dies soll keineswegs eine Kritik am hochklassigen Ensemble der neuen HBO-Serie "Luck" sein, denn rund um die beiden Superstars Dustin Hoffman und Nick Nolte bekommt man hier in gewohnter Manier von Amerikas Prestigesender Nummer 1 wie immer hochklassige Schauspieler in den Hauptrollen präsentiert. Aber nach dieser ersten Episode bleibt bei mir in erster Linie das Gefühl einer einmaligen Atmosphäre und einer völlig unbekannten Welt hängen, von der ich unheimlich gerne mehr sehen will.

Dazu kommt, dass ich persönlich zur Gattung der Showrunner-Serienfans gehöre, das heißt allein die Tatsache, dass ich ein Projekt in fähigen Händen weiß, erweckt in mir ein Vertrauen, welches auf andere Art und Weise schwer zu erreichen ist. Und seit "Deadwood" vertraue ich David Milch, der hier mit "Luck" eine seiner innigsten Leidenschaften verfilmt, bedingungslos. Diese Leidenschaft ist natürlich das Pferderennen und die gesamte Welt, die dieses umgibt. Ich persönlich habe absolut keine Ahnung von diesem Sport und der dazugehörigen Kultur, und bis zum Anschauen dieses Piloten hat mir diesbezüglich in meinem Leben auch nichts gefehlt. Aber es ist David Milch und seinem Regisseur Michael Mann eindrucksvoll gelungen, mich sofort in den Bann dieser einmaligen Atmosphäre zu ziehen. Und auch wenn ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wirklich weiß, was man uns hier für eine Geschichte erzählen will, bin ich voller Vorfreude, noch weitere acht Folgen in dieser Welt zu verweilen. Denn selbst wenn sich "Luck" auf lange Sicht nicht unbedingt als plotgetriebene Serie herausstellt, werde ich sicher eine gute Zeit dort verbringen, sollte es gelingen die Atmosphäre und das Feeling des Piloten aufrecht zu erhalten.

Zu diesem zuversichtlichen Gefühl haben sicher auch die bis dato eingeführten Charaktere beigetragen, wobei die beiden großen Namen, Dustin Hoffman und Nick Nolte, bisher noch eher im Hintergrund agieren. Hoffmans Figur, der gerade aus dem Gefängnis entlassene Ace Bernstein, nimmt zwar von der Bedeutung her durchaus einigen Platz im Geschehen dieser Folge ein, er hinterlässt dabei durch sein bestimmtes Auftreten, seine spezielle Aura und auch durch seine sehr speziellen Worte (bei ihm ist die berühmte Milch-Sprache am präsentesten) auch einen bleibenden Eindruck. Da er als Vorbestrafter aber nicht auf die Rennbahn darf, wird wohl auch in Zukunft sein Platz in der Serie weiterhin der als der Mann im Hintergrund sein. Dafür hat man mit der kleinen Gruppe der vier Spieler, die sich in dieser Episode der Aufgabe eines so genannten Pick-Six-Gewinnes stellen, gleich wunderbare Identifikationsfiguren geschaffen. Für mich waren diese vier doch leicht heruntergekommenen Typen so etwas wie mein Einstieg in diese Welt, innerhalb dieser Episode wurden sie auf der Leinwand so richtig zum Leben erweckt und ich habe mit ihnen in gewisser Art und Weise die Santa-Anita-Rennbahn kennengelernt. Denn innerhalb dieses Piloten wurde weniger eine Geschichte eröffnet, als ein Ort vorgestellt, eben jene Rennstrecke. Wir lernen die bereits erwähnten Zocker kennen, den Wundertrainer Escalante (John Ortiz) von Bernsteins Pferd. Dazu kommt der Jockey, der zum ersten Mal mit Escalante zusammenarbeitet, dessen Agent, sowie kurz auch die Tierärztin. Darüber hinaus gewinnen wir eine gewisse Ahnung, dass sich um einige der Pferde ein gewisser Mythos rankt, der vor allem durch Nick Noltes Charakter und dessen Monolog an sein Pferd transportiert wird. Wie sich all dies in einer Geschichte zusammenfügen wird, ist noch nicht erkennbar, aber wir spüren wie sich alle Figuren in einer klar abgesteckten Welt bewegen und sicher auch miteinander agieren werden.

Und auch wenn man nicht weiß, wo einen die Geschichte hintreiben wird, hat der Pilot seine Aufgabe, den Zuschauer in eine fremde neue Welt einzuladen, wunderbar erfüllt. Mit atmosphärischen Aufnahmen, die von Meisterregisseur Michael Mann in inspirierender Art und Weise eingefangen wurden, lebt der Pilot von diesem Gefühl der Neuentdeckung und der damit einhergehenden Neugier. Ich will mehr wissen, über die Gruppe rund um Jerry (Jason Gedrick) und Marcus (Kevin Dunn), die sich bereits innerhalb dieser ersten Episode zu realen und fühlbaren Charakteren entwickelt haben, ich will mehr sehen vom mysteriösen Wunderpferd, aber auch von der Routine und dem Alltag auf der Rennbahn. Gerade die Art und Weise, wie man das mondäne Leben dort im Zuge der Rennen zusammengeführt und kulminieren lassen hat, verspricht einiges für die Zukunft. Es ist sicher keine Serie für romantische Pferdefans, das wird mit dem herzzerreißenden Schicksal, welches eines der Rennpferde am Ende des Piloten ereilt, schlagartig klar. Aber gerade diese Szene wurde mit so viel Würde ausgeführt, dass sie demonstriert, welche Betrachtungsweise man bezüglich der Tiere in der Serie wohl einschlagen wird.

Fazit

"Luck" ist einer der besten Piloten, die ich seit langem gesehen habe, und wenn ich mich auf ein Wort zur Beschreibung dessen festlegen sollte, dann würde ich "wunderschön" wählen. Wer Lust hat, in eine ganz neue Welt einzutauchen und sich mit allen Sinnen berauschen zu lassen, dem ist "Luck" ans Herz zu legen. Und wer HBO-Dramen im Allgemeinen und David-Milch-Serien im Besonderen noch nicht so gut kennt, sollte sich vom Gefühl, anfangs noch nicht so recht zu wissen, worum es eigentlich geht, nicht abschrecken lassen. Das ist ganz normal und ich bin mir sicher, dass man sich schnell an die besondere Sprache und die Regeln, die in dieser Welt herrschen, gewöhnen wird. Ich erteile der Serie hiermit jedenfalls einen absoluten Einschalttipp für Freunde der gehobenen Unterhaltung.

Cindy Scholz - myFanbase

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