Men of a Certain Age - Review

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Drei Männer, die stramm auf die 50 zugehen und ein Serientitel wie "Men of a Certain Age". Keine Frage, die Dramedy aus der Feder von Ray Romano und Mike Royce, die beide bereits sehr erfolgreich für "Alle lieben Raymond" zusammen arbeiteten, ist im Normalfall nichts, das man zum Serienneustart herbeisehnt.

Foto: Men of a Certain Age - Copyright: TBS/Art Streiber
Men of a Certain Age
© TBS/Art Streiber

Dafür klingt es in jeglicher Hinsicht schlichtweg zu unspektakulär. Und dann wird die Serie auch noch auf dem US-Sender TNT ("The Closer", "Leverage", "Falling Skies") ausgestrahlt, der bisher eher damit auffiel, mit seichter Unterhaltung ein möglichst breites Publikum ansprechen zu wollen und nicht durch wirkliche Qualitätsserien glänzen konnte. Trotz all der wahrlich eher ungünstigen Umstände ist Romano und Royce das schier Unmögliche gelungen – sie schufen mit "Men of a Certain Age" extrem sympathische, unanstrengende und realistische Unterhaltung, die man sich Woche für Woche herbeisehnte, bis man schließlich die Nachricht erhalten musste, dass TNT diese wunderbare Serie nach nur zwei Staffeln und insgesamt 22 Episoden absetzte.

"Monday I go back to making little girls cry."

Foto: Scott Bakula, Men of a Certain Age - Copyright: TBS/Danny Feld
Scott Bakula, Men of a Certain Age
© TBS/Danny Feld

Dreh- und Angelpunkt der gesamten Serie waren sicherlich die drei Hauptcharaktere Joe (Ray Romano), Owen (Andre Braugher) und Terry (Scott Bakula), denn am Ende musste man als Zuschauer vor allem mit ihnen und ihren Erlebnissen, während sie ihren zweiten, dritten oder vierten Frühling auslebten, Vorlieb nehmen. Die Szenen, in denen nicht zumindest einer von ihnen zu sehen war, können wahrscheinlich an einer Hand abgezählt werden. Entsprechend mussten die drei derart gestaltet sein, dass man sie sympathisch genug fand, um mit ihnen mitfiebern zu können, wenn einmal wieder alles schief ging oder sie ihre kleinen Triumphe genossen. Joe war recht schnell der liebenswürdige Tollpatsch, Owen der immer wieder auf Sparflamme gehaltene und frustrierte Familienvater, dem in schöner Regelmäßigkeit Knüppel zwischen die Beine geworfen wurden, und Terry der Frauenheld. Dabei hatte insbesondere Terry am Anfang unter einer teils zu simplen Charakterzeichnung zu leiden und erinnerte an eine geringfügig anständigere Version von Hank Moody, während man sowohl Joe als auch Owen sehr schnell ins Herz schließen konnte. Allerspätestens zur zweiten Staffel jedoch bekam dann auch Terry durch eine wirklich gute Storyline mit seiner ehemaligen Schauspielpartnerin Erin genug Facetten, um den letzten kleinen vorhandenen Makel der Serie auszumerzen.

"We'd like to see an uptick in professionalism, and a downtick in...how should I put it...bullshit."

Foto: Andre Braugher, Men of a Certain Age - Copyright: TBS/Danny Feld
Andre Braugher, Men of a Certain Age
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Ungewohnt schnell konnte man sich in die drei hineinversetzen, obwohl sie im Normalfall schon allein altersbedingt auf den ersten Blick doch komplett andere Probleme hatten als man selbst. Das lag vor allem daran, dass sie als Seriencharaktere so unglaublich gut gezeichnet waren. Weil sie mehrdimensional, realitätsnah und vor allem menschlich agierten, konnte man die Motivation hinter ihrem Handeln nachvollziehen – etwas, das nur sehr ausgewählte Serien heutzutage zu leisten imstande sind. Am Ende hatten sie alle Hoffnungen, waren von Ängsten geplagt, frustriert oder ausgelassen fröhlich, und eben weil sie so toll geschrieben waren und wirklich menschliche Emotionen zeigten, war es letzten Endes hinfällig, in welcher Lebensphase sie sich befanden. Entsprechend großartig waren auch insbesondere die Szenen, in denen Joe, Owen und Terry unmittelbar miteinander agierten, sei es im Diner, beim frühmorgendlichen Hiking oder auch mal auf einem waschechten Road Trip. Voll von witzigen Dialogen, charmanten Neckereien oder auch mal gut gemeinten Ratschlägen, Anschuldigungen oder ernsthaften Gesprächen, holten die gemeinsamen Momente alles aus der Serie heraus, das möglich war. Und das war verdammt viel.

"You are going to take that great 'what if' that's been itching you, and you're gonna scratch the hell out of it."

Foto: Ray Romano, Men of a Certain Age - Copyright: TBS/Danny Feld
Ray Romano, Men of a Certain Age
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Es gab nicht wenige Episoden, in denen "Men of a Certain Age" über weite Teile richtiggehend deprimierend war ob all der Probleme, die die drei gleichzeitig schultern mussten. Aber genauso menschlich wie die Charaktere wirkten, so human wurden sie auch von Romano und Royce behandelt. Man gönnte ihnen ausgewählte, kleine Triumphe, für die es sich zu leben lohnt. Das konnten recht banale Dinge wie ein gewonnenes Softballspiel sein, ein versenkter Golfball, ein gestohlener Gartenzwerg oder eine gewonnene Wette sein, aber auch bedeutende Aspekte, wie die endlich einem entgegen gebrachte Anerkennung, die Liebe seines Lebens oder der Rückhalt der Familie. Die Serie schaffte den Spagat zwischen Drama und Humor genau so, wie man sich ihn vorstellte: man konnte herzlich mitlachen, nur um wenige Augenblicke später ein trauriges Gesicht zu machen. Sie war voll von so vielen kleinen und aufmerksamen Details, von so unglaublich vielen unterschiedlichen Nuancen, die in der Summe etwas wahrhaftig Großes schufen. Das alles ohne die exzessive Thematisierung von Sex, sich an Skurrilität und Unglaubwürdigkeit überbietende Nebencharaktere, möglichst drastische Storylines und unterirdisch schlechtes Timing, wofür die meisten heutigen Dramedys mittlerweile eher berüchtigt als berühmt sind.

"When you're late, all you can think about is getting to where you're trying to go, traffic lights, whatever. Alright? You have no room in your head for anything else. But if you're early, you're not thinking about that stuff. Your brain is not occupied that way, so your mind drifts. Maybe you start thinking, you know, inward about your life. Who you are and what not, but you don't want to do that. The last thing you want is to look in a mirror and ask 'who are you, Terry?' Because then, you might start thinking, asking about exactly who you are and what you're doing with your life. That's why you're late all the time."

"Men of a Certain Age" war eine unaufdringliche und subtile Serie, die ohne Bombast oder ein besonders spektakuläres Konzept auskam, und einfach nur das tat, was es sollte, nämlich an allen Fronten gut unterhalten. Genau das wurde ihr schließlich auch zum Verhängnis bei geradezu absurd schlechten Einschaltquoten, zugegebenermaßen bedingt durch mehr als nur eine schlechte Senderentscheidung im Laufe der zweiten Staffel. Während viele Kritiker noch darauf hofften, dass TNT aufgrund des Umstands, dass der Sender nun endlich selbst eine dieser sogenannten "Qualitätsserien" im Programm sein eigen nennen konnte und für Fernsehpreise nominiert wurde, nicht den Stecker ziehen würde, tat man genau dies wenige Tage später. Manchmal sind die kleinen Triumphe des Lebens eher dadurch gekennzeichnet, dass etwas Gutes ohnehin länger andauerte, als man sich dies je erträumt hatte. 22 Episoden "Men of a Certain Age", die sich von der Ausstrahlung der Pilotfolge an mit voller Absicht nicht darum scherten, ob sie die werberelevante Zielgruppe damit trafen, taten genau das.

Andreas K. – myFanbase

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