Mental - Review des Piloten

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Was schon in der Werbung wie ein halbherziger Versuch seitens FOX aussieht, um die "House"-Fanatiker auch im Sommerloch bei Laune zu halten (aber mich dennoch aus irgendeinem Grund dazu bewegt hat, mir diesen Piloten anzusehen), kann im dreiviertelstündigen Format erst recht nicht überzeugen. Mein Gesamturteil schwankt noch zwischen "na ja, wenn nichts Besseres kommt, guck ich eben "Mental" (worauf die Planer bei Fox sicherlich hoffen!) und "wenn "Mental" das Beste ist, was kommt, hab' ich wenigstens Zeit, mal wieder mein Bad zu putzen" – vielleicht werde ich mir ja darüber klar, was von beiden es ist, während ich diese Review schreibe – ich bin auf das Ergebnis ziemlich gespannt.

Um das typische Manko dieser Serien gleich mal vorneweg aus der Welt zu schaffen: wer hier in irgendeiner Weise eine realistische Abbildung des Alltags in einer psychiatrischen Einrichtung sucht, sollte sich zügig einen anderen Ort suchen. Mal ganz davon abgesehen, dass der Direktor mehrerer Stationen sich hier mal eben eine Woche Zeit nimmt, um sich ausgiebig mit einem Patienten zu beschäftigen (oder ist das Gesundheitssystem in den Staaten wirklich so viel besser als unseres?), leidet diese Serie (in meinen Augen) vor allem an dem Kern ihres Gesamtkonzepts: mit typisch hollywoodesk-individualistischen Plattitüden – in diesem Fall mal auf das Setting der Psychiatrie übertragen – wird der werte Dr. Gallagher dem Zuschauer als der Heiland präsentiert. Die Idee, dass das Erkennen des inneren Potentials und der Förderung der Begabungen eines jeden eine medikamentöse Behandlung einer ernsthaften psychischen Störung gänzlich überflüssig werden lässt, wird zwar gegen Ende der Folge noch mal ein wenig relativiert, schwingt doch aber die gesamte Folge über stark mit.

So, Manko Nummer Zwei: das Konzept ist eine schamlose Selbstkopie des Senders. Es scheint fast so als wäre die Arbeitsanweisung an Daniel Levine (dem "Creator"... pfft!) gewesen, eine möglichst wenig abweichende Kopie von "House" zu erstellen (bis hin zu dem Punkt, dass der Arzt in die Wohnung seiner Patienten einbricht, um mehr über sie zu erfahren!), dabei jedoch alles, was die fantastisch unsympathische Art der Rolle des Hugh Laurie ausmacht, in eine gezwungene, gänzlich unüberzeugende sympathische Juppie-Art umzuwandeln. Also, wenn das wirklich so war, dann gute Arbeit! Das war eigentlich auch schon die Überleitung zum dritten, massiven Manko: die Charakter sind unglaubwürdige, facettenlose Klischees. Besonders die beiden Stationsärzte sind so schlecht geschrieben, dass ich fast aus Fremdschämen den Fernseher ausgeschaltet hätte. Auch die Rolle der bekehrten Zweiflerin ist (schon nach der Pilotfolge!) dabei – gespielt von Jacqueline McKenzie, die mich bei den "4400" weit mehr überzeugen konnte.

Bei allem, was ich jetzt so ausgeteilt habe, hat diese Folge aber auch ihre guten Seiten. Es gibt eine interessante Szene (die bis zum Ende der Folge auf sich warten lässt), bei der man sich dann doch (für ein paar Zehntelsekunden) Gedanken über die Vergangenheit und Entwicklung des Jack Gallagher macht. Auch ansonsten sind ein paar Nettigkeiten unter den (tonnenschweren) Schichten von Negativaspekten vergraben. Ob ich sie jemals finden werde, ist allerdings sehr zweifelhaft, weil ich mir wohl keine zweite Folge von "Mental" ansehen werde. Ah und so habe ich mich dann doch ziemlich eindeutig entschieden, was ich nun genau von der Serie halte. Manchmal lohnt es sich wirklich mal über etwas nachzudenken – egal was man euch erzählt!

Fazit

Ein wirklich schwacher Sommerlochfüller. Mich wird er nicht vor den Fernseher locken. Und wenn ich jetzt die (durch CSI- und Law&Order-Ablagen ja sehr gut belegte) Anziehungskraft der ständigen Wiederholung gleicher Strukturen in unterschiedlichen Settings auf Zuschauer nicht total unterschätze, dann wird diese Serie wohl auch keine zweite Staffel erleben.

Martin Schultze - myFanbase

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