Narcos - Review des Piloten

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Gut zwei Jahrzehnte nach seinem Tod fasziniert Pablo Escobar wie nie zuvor. Neben der Netflix-Serie "Narcos" wurde er 2014 von Benicio del Toro dargestellt, 2016 und 2017 folgen Filme mit Javier Bardem beziehungsweise John Leguizamo in der Rolle des bekanntesten Drogenbarons der Geschichte. Aber widmen wir uns der Serie, die zurzeit in aller Munde ist.

"From '79 to '84, there were 3245 murders in Miami, and outside the Tourist Bureau and the cops, no one much cared about that. What got the US government to take notice was the money: Billions of dollars a year, all flowing from the US to Colombia. And that America couldn't take."

Foto: Narcos - Copyright: Netflix
Narcos
© Netflix

Mit "Narcos" geht Netflix einen mutigen Schritt: Auch wenn das intendierte Zielpublikum sicherlich Zuschauer aus den USA sind, ist dennoch ein Großteil der Serie auf Spanisch gedreht. Das erhöht den Authentizitätsfaktor ungemein, genauso wie die Tatsache, dass lateinamerikanische Schauspieler gecastet wurden. Wer des Spanischen mächtig ist, wird den Akzent des Brasilianers Wagner Moura, der die Hauptrolle innehat, zwar bemerken. Dank Mouras versierter und überzeugender Darstellung stört dies aber wenig. Moura spielt einen psychopathischen Serienkiller, wie er im Bilderbuch steht: Eiskalt und berechnend und doch höchst charismatisch zugleich. Er stellt Escobar nicht einseitig, sondern facettenreich dar und macht aus ihm somit eine faszinierende Figur.

Gleich die Eingangsszene zeigt, dass die vermeintlich Guten, die Polizei, mit den gleichen Mitteln gegen die Narcos kämpft, die auch diese anwenden: Die Verbrecher werden lieber zur Strecke gebracht, als in Haft genommen. Die DEA, verkörpert durch Steve Murphy, die ebenfalls eine tragende Rolle in der Handlung hat, wirkt erfrischend hilflos anstatt amerikanisch-heroisch. Die Pilotfolge berichtet von den Anfängen des Kokainhandels zwischen Medellín und Miami. Während zu Beginn ein einzelner Mann noch fünf Kilo im Jackett versteckt einschmuggelt, sind es kurz darauf nahezu alle Stewardessen, die diese Route fliegen, bis bald ein Privatflugzeug mit 1300 Kilogramm an Bord zwischen beiden Ländern hin- und herjettet.

In nicht linearer Abfolge wird, untermalt von einigen Originalaufnahmen, der kometenhafte Aufstieg Escobars erzählt. Auf die Dauer etwas störend ist dabei der ewige Kommentar aus dem Off, auf den in mehreren Szenen verzichtet werden könnte. Da in "Narcos" viel auf Spanisch gesprochen wird, soll der englischsprachige Kommentator vermutlich die Erzählsituation kompensieren.

Wie viel Fiktion der Wahrheit schlussendlich hinzugedichtet wurde, müssen andere beurteilen. Wie der Eingangstext betont, handelt es sich nicht um die Darstellung der Realität, sondern um eine auf wahren Begebenheiten basierende Serie. Der Pilot besticht durch den unaufgeregten Ton, mit dem die Geschichte erzählt wird, durch gelungene Kameraführung und gute bis fantastische Schauspieler. Er wirkt allerdings noch ein wenig zu sehr wie eine Nacherzählung, ohne eigene Handlung, wie eine Einleitung, die sich eine Stunde lang Zeit nimmt, die Entwicklung rund um Pablo Escobar ausführlich darzulegen. Es ist also noch ein Hauch Luft nach oben, aber das stört nicht: Die erste Episode von "Narcos" überzeugt, ohne im übertragenden wie wortwörtlichen Sinne gemeint, ihr gänzliches Pulver zu verschießen. Somit ist der restlichen Staffel die Möglichkeit gegeben, sich weiter zu steigern.

Isabella Caldart - myFanbase

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