Person of Interest - Review der ersten Staffel

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Foto: Jim Caviezel & Michael Emerson, Person of Interest - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Jim Caviezel & Michael Emerson, Person of Interest
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Crime-Procedurals gibt es wie Sand am Meer. Über die letzten zehn Jahre hat sich das Prinzip, das Serien wie "Law & Order" oder "CSI – Crime Scene Investigation" einst etabliert hatten, weg vom rein fallbezogenen Krimi hin zu mehr charakterorientierten Ermittlungsgeschehen entwickelt. "CSI" betrat seiner Zeit Neuland und setzte die Prämisse, dass es vollkommen egal war, wer die Tat begangen hat, sondern es wichtig ist, wie eine Tat begangen wurde, konsequent in die Tat um. Dabei vergaßen die Serienmacher ein wenig, dass interessante Charaktere hin und wieder auch mal maue Fälle gut aussehen lassen können. Neuere Crime-Procedurals wie "Bones - Die Knochenjägerin" oder "Castle" machen ihre Sache da bedeutend besser. Sie verbinden die mal mehr, mal weniger spektakulären Fälle mit Charakteren, die nicht mehr beliebig austauschbar sind, sondern eine Serie tragen und es dem Zuschauer möglich machen, sich mit ihnen zu identifizieren. "Person of Interest" ist hierbei keine Ausnahme. Die Serie steht und fällt mit den beiden Schauspielern Michael Emerson und Jim Caviezel. Ohne die beiden charismatischen Schauspieler wäre die Serie wohl lediglich ein weiterer 08/15-Krimi am US-Serienhimmel.

Ganz wie schon in seiner letzten Rolle in "Lost" übernimmt Michael Emerson den Part des mysteriösen Strippenziehers, der eher im Hintergrund agiert, dort jedoch alle Fäden in der Hand hat. Harold Finch bleibt über die gesamte erste Staffel hindurch selbst für den Zuschauer ein sehr undurchsichtiger Charakter. Alles, was wir über ihn wissen, erfahren wir aus Flashbacks in die Zeit, in der er gemeinsam mit seinem Freund Nathan Ingram eine Maschine konstruierte, mit der es möglich ist, sämtliche Aktivitäten amerikanischer Bürger tagein, tagaus zu überwachen. Doch selbst nach 23 Episoden ist es nicht möglich zu sagen, was genau diese Maschine eigentlich ist, was mit Nathan Ingram passiert ist und wie Harold die mysteriöse Verletzung davon getragen hat, die seine Halswirbelsäule versteift hat. Niemand würde für diesen Charakter besser passen als Michael Emerson.

Foto: Jim Caviezel, Person of Interest - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Jim Caviezel, Person of Interest
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Als seinen Partner hat man mit Jim Caviezel eine durchaus spannende Wahl getroffen. Seit seinem umstrittenen Auftritt als Jesus Christus in Mel Gibsons "Die Passion Christi" ist es still geworden um den Darsteller. Die Rolle des Ex-Militärs John Reese ist für den Darsteller eine willkommene Möglichkeit, sich wieder in die Herzen der Zuschauer zu spielen. Caviezel verkörpert John Reese mit einer unglaublichen Ruhe, was sich in erster Linie durch seine ruhige, fast monotone Sprechweise manifestiert. Caviezel hat eine unglaubliche Leinwandpräsenz, die ihresgleichen sucht und ihn zu einem kongenialen Gegenpart zu Michael Emerson werden lässt. Denn Reese kann auch anders. Im ersten Moment noch ruhig und besonnen, schlägt er im nächsten Moment ohne Mühe gleich mehrere Gangster zusammen oder schießt mit einer Spezialwaffe auf heranbrausende Wägen.

Anders als Finch ist über Reese deutlich mehr bekannt. Ebenfalls durch Flashbacks erfährt man, wie er zur CIA gekommen ist, wie er seine geliebte Freundin Jessica verloren hat und zu dem geworden ist, der nun gemeinsam mit Finch an vorderster Front kämpft, um Leben zu retten. Und trotz der vielen Einblicke in Reeses Leben bleibt doch noch genug Mysteriöses um seine Person, um den Zuschauer bei der Stange zu halten.

Gehen die beiden Charaktere zu Beginn der Serie noch recht reserviert miteinander um, so entwickeln die beiden im Laufe der Zeit so etwas wie eine Freundschaft. Zwar macht es vor allem Finch seinem neuen Partner nicht leicht, an ihn heran zu kommen, doch Reese lässt nicht locker, bis auch er ein paar Sachen über Finch in Erfahrung bringt. Und so erkennen die beiden, dass sie zwei gebrochene Seelen sind, die in ihrem Leben an einem Punkt angekommen sind, an dem sie für die Welt gestorben sind und dennoch bereit sind, ihr etwas zurück zu geben. Sie wollen Gutes tun, können dies jedoch nur im Verborgenen. Und je länger ihre Zusammenarbeit dauert, desto mehr erkennen sie, dass sie aufeinander zählen können. Sie geben aufeinander Acht und nicht selten retten sie einander aus der Not oder aussichtslosen Situationen.

Foto: Taraji P. Henson, Person of Interest - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Taraji P. Henson, Person of Interest
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Die Fälle, in die die beiden verstrickt werden, laufen zunächst immer nach dem gleichen Muster ab. Die von Finch entwickelte Maschine spuckt eine Sozialversicherungsnummer nach der anderen heraus und Reese kümmert sich darum, dass eine Straftat verhindert wird. Mal mehr, mal weniger gewalttätig, jedoch stets mit dem Herz am rechten Fleck. Spätestens mit der Einführung von Gangsterboss Elias kommt ein roter Faden in die Serie. Es tauchen ab hier immer mehr Nebencharaktere auf, die mehr als nur eine Episode erhalten bleiben und so den Fällen eine gewisse Würze verpassen. Allen voran Enrico Colantoni macht seine Sache als Elias unglaublich gut und zeigt dem Verbrechen bekämpfenden Gespann zunächst seine Grenzen auf.

Die beiden sekundären Hauptcharaktere, Detectives Carter und Fusco, sind zu Beginn nicht mehr als ein Spielball von Reese und Finch. Im Laufe der Zeit entwickeln sie sich jedoch zu Freunden und Partnern, die sich zwar manchmal mit den Methoden, die vor allem Reese an den Tag legt, erst noch anfreunden müssen, jedoch erkennen, dass er und Finch damit Leben retten. Fusco kommt dabei eher die Rolle des unfreiwilligen Tollpatsches zu, der sich redlich bemüht, ein guter Cop zu sein, jedoch von einer unglücklichen Situation in die nächste stolpert und sich dadurch zu einem perfekten Insider für das organisierte Verbrechen entwickelt, der Reese ein ums andere Mal mit brisanten Informationen versorgen kann. Die gesamte Geschichte um HR und die korrupten Cops, die Gangsterboss Elias es einfach machen, in der Stadt die Herrschaft an sich zu reißen, weist vielleicht hier und da ein wenig zu viele Zufälle auf, aber es bringt die Gesamthandlung oftmals doch ein gutes Stück weiter voran.

Bis Detective Carter zum Team hinzustößt und gemeinsame Sache mit Finch und Reese macht, vergeht einige Zeit. Zunächst versucht sie, Reese dingfest zu machen, da sie unmöglich akzeptieren kann, dass er das Gesetz in seine eigenen Hände nimmt und sich ohne Legitimation in ihre Fälle einmischt. Schließlich geht sie sogar einen Deal mit der CIA ein, um Reese zu schnappen und beschließt, ihn an die Agentur auszuliefern. In einer unglaublich spannenden Episode erkennt sie jedoch, dass die Leute, die Reese auf den Fersen sind, nichts daran liegt, ihn zur Rechenschaft zu ziehen, sondern ihn lediglich aus dem Verkehr ziehen wollen. Als sie mit ansehen muss, wie Reese niedergeschossen wird, beschließt sie, ihm zur Flucht zu verhelfen. Seither arbeiten die beiden Hand in Hand, auch wenn es Carter noch immer schwer fällt, zu akzeptieren, dass Reese sich an keinerlei Gesetz gebunden sieht.

Gegen Ende der Staffel tauchen immer mehr Charaktere aus Reese' und Finchs Vergangenheit auf. So lernen wir unter anderem Alicia Corwin kennen oder müssen feststellen, dass Reese' alte Partnerin Kara Stanton nicht so tot ist, wie Reese all die Zeit glaubte. Viele Geschichten werden dabei jedoch nur angerissen, so dass es für kommende Episoden noch genug Material gibt, um gute Geschichten zu erzählen. Auch das Finale der ersten Staffel kann sich durchaus sehen lassen und bietet einen verzwickten und spannenden Fall, mit einer fantastischen Antagonistin und einer unvorhersehbaren Wendung, die Reese am Ende in eine ungewöhnliche Situation bringt. Ohne Finchs Hilfe muss er nun einen Weg finden, wie er mit der Maschine kommuniziert und ihr Informationen entlockt. Man darf gespannt sein, wie es weiter geht.

Fazit

Jonathan Nolan ist eine unterhaltsame Krimiserie gelungen, die nicht nur mit interessanten Fällen der Woche aufwarten kann, sondern diese oftmals in eine größere Rahmenhandlung verstrickt und damit einen guten Spannungsbogen auch über Episoden hinweg aufrecht erhalten kann. Dazu kommen zwei glänzend aufgelegte Darsteller, die vor allem in der zweiten Staffelhälfte sogar hin und wieder den ein oder anderen Witz reißen und so unglaublich sympathisch werden, ohne dabei jedoch das Mysteriöse zu verlieren, das sie ausmacht. Mit einem derartig großartigen Konzept kann es gar nicht schnell genug mit der zweiten Staffel weiter gehen.

Melanie Wolff - myFanbase

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