Queer as Folk
Brian & Justin - Staffel 1
Lightning in a Bottle
Die bahnbrechende Dramaserie "Queer as Folk", die sich um das Leben einiger schwuler und lesbischer Freunde in Pittsburgh dreht, hat mit Brian und Justin ein Paar erschaffen, das noch Jahre nach dem Ende der Serie herausragend und deren Geschichte zeitlos berührend ist. Das Casting von Gale Harold und Randy Harrison – für beide waren diese Hauptrollen ihr TV-Debut – ist als wahre Sternstunde der TV-Geschichte zu sehen, denn die beiden Darsteller, der eine tatsächlich schwul, der andere nicht, wachsen miteinander und mit ihren Rollen, und die Chemie, die sie dabei miteinander entwickeln, ist so überwältigend, dass sie ihresgleichen sucht.
Es ist der klassische Stoff: Ein junger Mensch lernt jemanden kennen, der unerreichbar ist, mit dem eine Beziehung so unwahrscheinlich wie irgendmöglich erscheint, der die Liebe nicht erwidern kann und will. Eine Geschichte, in der der junge Mensch unumstößlich daran festhält, dass seine Liebe für beide ausreicht und alle Hürden überwinden kann, dass er, wenn er den Unerreichbaren nur genug liebt, in diesem etwas berühren kann, etwas bewegen kann. Im übernatürlichen Genre werden dafür Todfeinde wie Vampir und Werwolf oder Vampir und Mensch gewählt, um die Macht der Liebe zu potenzieren und idealisieren, denn es ist eigentlich unmöglich, dass diese Wesen zusammen sein können. Bei "Queer as Folk" aber geht es um reale Voraussetzungen, alles ist möglich, die beiden betreffenden Menschen, Brian und Justin, können zusammen sein und sind es auch über lange Strecken, aber doch müssen sie so große Entwicklungsschritte durchmachen, dass ihre Bewegung aufeinander zu in einer realen Welt nicht im geringsten weniger intensiv wirkt als die zweier Todfeinde in der Phantasiewelt. Brian und Justin sind vor allem menschlich. Authentisch. Echt.
So are you coming or going? Or coming and then going? Or coming and staying?
Brian Kinney ist der geborene Verführer, ein stolzer Hedonist, wie man ihn im TV noch nicht gesehen hat. Er ist überirdisch schön, groß, attraktiv, cool, erfolgreich und selbstbewusst. Justin erlebt mit ihm sein erstes Mal und meint, ins Gesicht Gottes geschaut zu haben. Dabei durchschaut Brian den Teenager im Bett sofort und zeigt ihm amüsiert auf, dass er seiner Erfahrenheit überhaupt nichts entgegenzusetzen hat. Justin begegnet dieser Demonstration von Überlegenheit aber mit nichts anderem als Offenheit, Neugier und Bewunderung, so dass Brian ihm schließlich doch seine volle Aufmerksamkeit widmet, dabei aber vor allem den Eindruck, den er auf Justin macht, in vollem Zügen genießt. Bis zum nächsten Morgen, als für Brian die Sache abgehakt ist. Justin ist nach der Nacht bis oben hin angefüllt mit überwältigender Zuneigung zu Brian und fällt aus allen Wolken, als Brian ihn mehr oder weniger sanft abserviert. Er kann und will nicht wahrhaben, dass dieses magische Erlebnis nichts mit Gefühlen zu tun gehabt haben soll, und so konfrontiert er Brian, welcher ihm mit einem delikaten Anflug von herblassender Zärtlichkeit erklärt, dass er nicht an die Liebe glaubt, nur an Sex, denn der ist ehrlich und hält, was er verspricht. Er glaubt, Liebe sei nur etwas, was Leute sich einreden, um Sex haben zu können, und wenn dann alles vorbei ist, tun sie einander nur weh, da eh alles auf einer Lüge aufgebaut war. Daher lässt er sich gar nicht erst darauf ein. Als Justin tief verletzt und enttäuscht wegfährt, schaut Brian ihm nach und in seinem Blick liegt der Beweis, dass die Gefühlswallung Justins ihn berührt hat, wenn auch nur ganz ganz leicht.
I'm killing you with kindness
In der folgenden Zeit baut Justin langsam aber sicher Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen auf, denn er will Brian um keinen Preis aufgeben. Erfolg hat er dabei anfangs mit der erstbesten Taktik: Er zieht die Aufmerksamkeit der beiden Eroberungen Brians auf der Tanzfläche auf sich und imponiert Brian damit, dass er sie ihm abspenstig machen kann. Brian, der das Spiel sofort durchschaut, ist auch tatsächlich angefixt genug, um Justin aus der Umklammerung der anderen Jungs herauszufischen und ihn mit nach Hause zu nehmen. Dennoch könnte Brian nicht weiter davon entfernt sein, Justin irgendwelche Hoffnungen oder Versprechungen machen zu wollen. Fast ebenso oft, wie Justin ihn nun, da er neuen Mut geschöpft hat, verfolgt, weist Brian ihn schroff ab und zieht mit anderen Männern ab, wobei Justin mitunter aber auch merkt, dass auch diese immer nur Zweckbekanntschaften sind. Justin ist schon sehr bald der einzige, mit dem Brian sich öfter vergnüngt, der aber auch entscheidende Momente in Brians Leben mitbekommt, wie die Geburt seines Sohnes Gus oder Teds Erwachen aus dem Koma, so dass Justin – oftmals zum Unmut Brians – mehr und mehr Anteil an seinem Leben nimmt. So ist auch Brians langjähriger bester Freund Michael – der einzige, dem Brian seine Gefühle offen zeigt – derjenige, der schnell erkennt, dass Justin in Brians Leben einen ungewohnten Platz einnimmt, und er reagiert mit Unsicherheit und Eifersucht, denn es ist einfach noch nicht vorgekommen, dass Brian einem seiner Sexpartner einen Platz in seinem Leben einräumt, wenn dieser Platz auch noch so klein ist und er viel Gegenwehr aufbietet.
Als Justin seinen Eltern eröffnet, dass er schwul ist, erklärt er ihnen auch gleich, dass er Brian liebt, und dass dieser Mensch alles ist, was er will. Bei seinem Vater brennt daraufhin eine Sicherung durch und er attackiert Brian, rammt sein Auto, schlägt ihn nieder und tritt noch zu, als er am Boden liegt. Justin sagt sich daraufhin von seiner Familie los und Brian gewährt ihm erstmal Unterschlupf. Zu keiner Zeit nimmt er Justin übel, dass sein Vater ihn angegriffen hat. Er spricht Justin sogar zum ersten Mal ein Kompliment aus, indem er sagt, dass er sich seinem Vater gegenüber tapfer verhalten hat. Als Justin anschließend zu ihm ins Bett schlüpft, ist es zwar nicht das, was Brian wollte, aber mit einer zärtlichen, wenn auch ein wenig widerstrebenden Geste teilt er die Decke mit ihm. Womit Brian allerdings nicht gerechnet hat, ist, dass Justins Mutter nun von ihm erwartet, dass er für Justin sorgt. Das geht Brian vollkommen gegen den Strich, denn es schränkt seinen Freiraum ein und kollidiert mit seiner Devise, nur für sich selbst verantwortlich zu sein. Justin wird Brian also förmlich aufgedrängt, was dessen Attraktivität für Brian natürlich ins Bodenlose sinken lässt. Brian ist so angewidert von der Situation, dass er seinen Ärger an Justin auslässt, indem er einen anderen Sexpartner mit nach Hause bringt und Justin eiskalt zusehen lässt. So scheint es zumindest. Doch als Brian mit Justin zu einer Aussprache zu dessen Eltern fährt und erlebt, wie hasserfüllt der Vater die Entwicklung seines Sohnes unterdrücken will, kann er das nicht mit ansehen und nimmt Justin freiwillig wieder mit zu sich nach Hause. Und man merkt ihm sogar an, dass er anerkennt, wie Justin selbst aus diesem Durcheinander das Beste macht.
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