Queer as Folk
Brian & Justin - Staffel 1 (Teil 2)

Being mean to me has never really worked

Foto: Gale Harold, Hellcats - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Gale Harold, Hellcats
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Nach und nach nehmen Brian und Justin auch mehr Einfluss auf das Leben des anderen. So rät Brian Justin, sich von dem Gedanken, es seinem Vater recht machen zu wollen, freizumachen. Sonst werde er nur verletzt. Es hat den Anschein, als sei dies Brians eigenes Prinzip, aber was Justin nicht weiß, ist, dass Brian aus Erfahrung spricht. Er hat sich nie ganz von seinem Vater lösen können und wird von diesem immer und immer wieder verletzt. Wissentlich oder nicht möchte Brian Justin diesen Schmerz ersparen. An anderer Stelle ist es Justin, der ganz direkt Einfluss auf Brians Leben nimmt, als dieser zu Unrecht wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz beschuldigt wird. Justin verführt den betreffenden Mann und zwingt ihn schließlich, die Anklage gegen Brian zurückzuziehen, indem er andeutet, ihm selbst drohe sonst nunmehr eine Anklage wegen Missbrauchs eines Minderjährigen. Brian feiert anschließend ausgelassen mit Justin, und dieser ist so glücklich, etwas für Brian getan zu haben, dass er ihm gar nichts von seiner Rolle in der Sache erzählt. Auch ihre leidenschaftlichen Momente werden persönlicher und intimer, indem sie sich zwischendurch auch mal ausgiebig unterhalten, was für Brian eine absolute Ausnahme ist. Justin geht immer mehr darin auf, Brian zu umsorgen und ihn zu lieben, und Brian lässt ihn – zumindest ab und zu. Und in den anderen Fällen begegnet Justin Brians schroffen Abweisungen mit Freundlichkeit.

I know it's scarier finding your own way than doing what's expected

Foto: Randy Harrison, Queer as Folk - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Randy Harrison, Queer as Folk
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Zu einem ersten Höhepunkt ihrer Beziehung kommt es, als Justin seine Zusage der Kunsthochschule sausen lassen will, um Wirtschaft zu studieren, weil er es seinen Eltern recht machen will. Brian konfrontiert Justin im Babylon damit, dass aus dieser Entscheidung nur Angst spricht. Justin reagiert zunächst wütend, und es ist diesmal Brian, der sich um Justin bemüht und darum, ihm klarzumachen, dass es in Ordnung ist, Angst davor zu haben, sich selbst zu verwirklichen. Er zieht die Parallele zu Justins Mut, sich damals überhaupt auf ihn eingelassen zu haben, und auch wenn sich im Vergleich zwischen ihrem Kennenlernen und Justins beruflichen Träumen natürlich Brians extrem hohes Selbstbewusstsein widerspiegelt, so weiß er, dass dies das einzige Argument ist, mit dem er zu Justin durchdringen kann. Brian zieht Justin anschließend auf die Tanzfläche und man sieht dort zum ersten Mal deutlich, dass Brian zu 100 Prozent bei Justin ist. Aber solche Momente sind von extrem kurzer Dauer, und sobald Brian spürt, dass Justin daran anknüpfen will, behandelt er ihn wieder herablassend und stößt ihn von sich. Und obwohl es überhaupt nicht Justins Natur entspricht, rächt er sich eines Abends an Brian, indem er ihm seine Eroberung abspenstig macht. Brian beobachtet die beiden für einen Moment im Back Room und an seinem Blick erkennt man, dass es ihn ärgert, dass ihm dieser Anblick etwas ausmacht.

Im gesamten Verlauf des ersten Jahres befindet sich Justin gegenüber Brian durchgängig in der schwächeren Position. Er sagt ihm, dass er von ihm beschützt werden möchte, er weint wegen und vor ihm, und er zeigt ihm unablässig, dass sein Glück von ihm abhängt. Für Brian ist das zwar einerseits nicht wirklich attraktiv, andererseits sonnt er sich aber in der Sicherheit, von Justin stets angehimmelt zu werden. Wie sehr Brian es wahrnimmt oder nicht, Justin schleicht sich damit in sein Herz ein und so widerspricht Brians Handeln mehr und mehr seinen kalt wirkenden Äußerungen. Als er zum Beispiel erklärt, dass er nach New York gehen und dort keinen Gedanken mehr an Justin verlieren will, nimmt er den weinenden Justin anschließend so liebevoll in den Arm wie nie zuvor.

Even if it was ridiculously romantic

Foto: Gale Harold, Queer as Folk - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Gale Harold, Queer as Folk
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Mit bewunderswertem Mut bittet Justin Brian, ihn zu seinem Abschlussball zu begleiten, was dieser natürlich eiskalt abschmettert. Er ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt und seiner Angst, mit seinem 30. Geburtstag zum alten Eisen zu gehören. Nachdem Michael, der wie immer der einzige ist, dem Brian nichts vormachen kann, ihm aber den Kopf zurechtgerückt hat, taucht Brian doch bei Justins Abschlussball auf. Er sieht atemberaubend gut aus und entführt Justin auf die Tanzfläche, der vor Freude seinem Spitznamen "Sunshine" alle Ehre macht. Brian hat sichtlich Spaß daran, Justin so glücklich zu sehen und so genießen die beiden ihre Zweisamkeit auf der Tanzfläche, während alle Blicke auf sie gerichtet sind. Anschließend bringt Justin Brian zum Auto und sagt ihm Freude strahlend, dass er ihm die schönste Nacht seines Lebens beschert hat. Brian setzt sich ins Auto und beobachtet den weggehenden Justin mit einem zärtlichen Blick, als Chris Hobbs mit einem Baseballschläger auftaucht. Brian springt aus dem Auto und schreit, aber da trifft der Baseballschläger Justin schon mit voller Wucht am Kopf und er geht bewusstlos zu Boden. Brian kommt zu spät. Er bricht schockiert über Justin zusammen. Auf dem Weg ins Krankenhaus hält er nur den blutigen weißen Schal fest, den er Justin gerade umgelegt hatte, und als Michael endlich auftaucht, findet er Brian völlig erschüttert vor. Verstört und machtlos sitzt er auf einem Krankenhausstuhl und starrt weinend ins Leere.

Fazit

Brians Emotionalität wird in dieser ersten Staffel in erster Linie über seine Szenen mit Michael und im Zusammenhang mit seinem zwiespältigen Verhältnis zu seinem cholerischen Vater und seiner eigenen Vaterschaft definiert. Es ist hauptsächlich Michael, der in diesen Momenten Brians Schwächen und seiner Verletzlichkeit gewahr wird. Für Brian ist dies etwas ausgesprochen Persönliches, was er mit niemand anderem sonst teilen will. Alles, was er ist, hat er allein aus eigener Kraft erreicht, und es ist ihm recht, wenn andere ihm gelegentlich das Vorhandensein seines Herzens absprechen, solange sie ihn als das sehen, was er aus sich gemacht hat: einen erfolgreichen, begehrenswerten Mann. Betrachtet man die Beziehung zwischen Brian und Justin losgelöst vom Kontext, könnte man Brian eine gewisse emotionale Grausamkeit nicht unbedingt absprechen, aber dass es sich dabei um eine Fassade handelt, die er sich aus triftigen Gründen und absolut bewusst aufgebaut hat, ist hier bereits angelegt. Und Justin bohrt resistent weiter, bis er mit seinem bewunderswerten Optimismus einen ersten Riss in diese Fassade bringt.

Nicole Oebel - myFanbase

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