Queer as Folk
Brian & Justin - Staffel 4
It's where we made love for the first time.
Die vierte Staffel ist die einzige, die hinsichtlich der Beziehung von Brian und Justin kaum schöner starten könnte. Sie knüpft unmittelbar an die Ereignisse nach der Bürgermeisterwahl am Ende der dritten Staffel an, wo die Beziehung bereits ausgesprochen harmonisch verlief. Brian ist nach wie vor ohne Job und sieht sich noch immer einem horrenden Schuldenberg gegenüber, den er in Kauf genommen hat, um die Wahl des homophoben Bürgermeisterkandidaten zu verhindern. Dennoch ist er alles andere als hoffnungslos oder frustriert, und der Druck von außen wirkt sich nicht störend auf seine Beziehung zu Justin aus. Im Gegenteil, Brian ist hier so zutraulich und zärtlich wie selten zuvor. Auch reden die beiden wirklich miteinander, wenn das auch nicht unbedingt bedeutet, dass Brian Ratschläge annimmt, so weicht er doch Gesprächen nicht aus. Auch als Justin sein Hilfsangebot mit den Worten, sie seien Partner, unterstreicht, lehnt Brian diese Formulierung nicht, wie früher so oft, schroff ab, sondern stimmt dem zu.
Ein ganz besonderer Moment entsteht aber vor allem, als Justin erfährt, dass Brian sich gezwungen sieht, sein Loft zu verkaufen. Justin möchte das nicht wahrhaben und erinnert daran, dass sie in diesem Loft zum ersten Mal Liebe gemacht haben. Brian versucht die entstehende Intimität zwar noch im ersten Moment zu trivialisieren, indem er erwidert, das sei keine Liebe, sondern nur Sex gewesen, aber als Justin darauf besteht, dass es für ihn Liebe war, weicht Brian seinem Blick nicht aus und bekommt einen sehr zärtlichen Ausdruck, als er ihn zu sich ranzieht und küsst. Interessant wäre in diesem Moment gewesen, wenn Justin gar nicht ihr erstes Mal gemeint hätte, sondern das erste Mal nach dem tätlichen Übergriff auf ihn. Brians Reaktion darauf in diesem bereits sehr nahen Moment hätte ich gerne gesehen. Stattdessen aber entsteht in Justin der Wunsch, Brian davor zu retten, sein Zuhause zu verlieren. Er regt die Freunde an, Geld für Brian zu sammeln und sein Loft zu kaufen. Und so kommt es zu einem der emotionalsten Momente seitens Brian, als er im Woody's vor aller Augen den Scheck überreicht bekommt und ihn auch noch zwar leicht widerwillig, aber doch zutiefst berührt und dankend annimmt. Dass er das Justin zu verdanken hat, weiß er, und in diesem Moment sprechen die Blicke, die die beiden miteinander wechseln, ganze Bände.
We could have been killed. - Play with this long enough and you will be.
Sehr bald schon aber ändern sich die Umstände für die beiden radikal, so dass sie persönlich zwei sehr unterschiedliche Phasen durchlaufen. Brian baut eine eigene Firma auf, kann durch eine mutige Kampagne einen sehr großen Kunden gewinnen und schwimmt so auf einer Erfolgswelle. Bei Justin hingegen brechen alte Wunden auf, als erneut ein Schwuler halb totgeschlagen wird. Ihm wird klar, dass die Zeit die Wunden nur oberflächlich geheilt hat, damit er nach dem Übergriff erstmal sein Leben wieder aufnehmen konnte, aber unter den Narben schwelt noch die Wut über die Ungerechtigkeit, dass Chris Hobbs damals mit einer viel zu milden Strafe davongekommen ist. Durch den aktionistischen Cody findet er ein Ventil, diese Wut gesteuert herauszulassen und sich mit seiner Gruppe, der Pink Posse, auf den Straßen gegen die Gewalt an Schwulen zu wehren. Zunächst können Brian und Justin zumindest noch die Leidenschaft miteiandner teilen, die sich für Brian aus dem Kick, wieder Erfolg zu haben, und bei Justin aus dem Adrenalinstoß ergibt, den er durch seinen Einsatz mit der Pink Posse bekommt. Aber Brian sieht mit wachsender Sorge, was bei Justin vor sich geht, denn bald schon trägt Justin Verletzungen davon und beginnt, eine Waffe bei sich zu tragen.
Brian ist nun derjenige, der versucht, die Beziehung im Ruder zu halten, denn Justin wird mehr und mehr unnahbar und will sich nicht beeinflussen oder auch nur zärtlich berühren lassen, um seine Souveränität und Härte vor sich selbst zu beweisen. Auch als Stimme der Vernunft kann Brian nicht mehr zu Justin durchdringen und er ist hin und her gerissen, weil Justin sich mit der Waffe auf ein ihm unbekanntes, gefährliches Terrain begibt und sich dabei so verändert, dass ein Zurück unmöglich werden könnte. Gleichzeitig respektiert Brian aber auch, dass Justin diesen Verarbeitungsprozess für sich braucht. Ihm Vorschriften zu machen, war nie Brians Art, aber hier spürt man sehr deutlich, dass er es gerne würde, aber weiß, dass er Justin seinen eigenen Weg gehen lassen muss. Und dieser trägt auch nicht viel von dem Geschehen an Brian heran. Er legt Gefühle frei, die er mit sich selbst ausmachen muss, dabei setzt er sich zwar selber immer wieder Grenzen, die aber durch Cody niedergerissen werden. Brian versucht sein Möglichstes, Verständnis für Justins Verhalten aufzubringen und sein Verlangen nach dieser extremen Form, sich sein Recht zu verschaffen, nachzuvollziehen, denn er spürt, dass das nötig ist, um Justins inneren Konflikt nicht zu einer Auseinandersetzung innerhalb ihrer Beziehung zu machen.
Without surgery ... you will die.
Justin schafft es tatsächlich, seine persönliche Talsohle zu durchwandern und auf der anderen Seite gestärkt herauszukommen, ohne dass die Beziehung Schaden daran nimmt. Aber sehr bald schon richtet sich der nächste Torpedobeschuss von außen auf Brian und Justin, als Brian durch einen Zufall erfährt, dass er an Hodenkrebs leidet. Dies ist für ihn ein so großer Schock, dass er sich vollkommen in sein Schneckenhaus zurückzieht und sich wie in einem Vakuum bewegt. Gerade musste die Clique Vics Tod verkraften und Michael legt seine Trauer und dadurch ausgelöste Verlustangst niemandem so nahe wie Brian, und zusätzlich schwärmt der nichtsahnende Justin gegenüber Brian von seinem perfekten Körper, so dass dieser sich in seiner Auffassung bestätigt sieht, für seine Freunde funktionieren und perfekt sein zu müssen, keine Schwäche zeigen zu dürfen. Er hat die größte Angst, mit einem fehlenden Hoden bzw. einer Hodenprothese nicht mehr der begehrenswerte Mann zu sein, der er ist, und dadurch alles zu verlieren. Der Onkologe sagt ihm aber auch klipp und klar, dass er sein Todesurteil unterschreibt, wenn er sich nicht operieren lässt. Er ist wie vom Donner gerührt und verliert dadurch seine Sicherheit in der einen Sache, von der er glaubt, dass sie ihn ausmache: sein Sexappeal. Zum ersten Mal lehnt er zwei sehr verlockenende Verführungsversuche seitens Justin ab, wodurch wiederum dieser verunsichert wird und einen Fehler bei sich selbst sucht.
I just want you to know I love you and I'll be here when you get back.
© Warner Bros. Entertainment Inc.
Justin aber ist mittlerweile aufmerksam genug, um hinter Brians Stirn sehen zu können und sich nicht von ihm provozieren zu lassen, als Brian die Nerven verliert und ihn anschreit, sie wären einander zu nichts verpflichtet, nachdem er ihn mit seinem Entschluss konfrontiert hat, kurzfristig alleine wegzufahren. Justin spürt, dass etwas nicht stimmt und dieser Ausraster nicht ihm persönlich galt. Brian ist beschämt, berührt und überfordert zugleich, als Justin echte Größe beweist und erklärt, er werde ihm seinen Freiraum lassen und da sein, wenn er wieder zurückkäme. Justin spricht hier die drei Worte "Ich liebe dich!" zum ersten Mal in aller Ruhe aus und das nicht im Geringsten mit einer Forderung oder Erwartungshaltung verbunden. Er will hier dem Mann, den er liebt und den offensichtlich etwas quält, einfach nur versichern, dass er für ihn da ist. Nachdem er gegangen ist, überkommt Brian die Verzweiflung, in eine solche Position geraten zu sein, mit einer solchen Wucht, dass er mit einer Stehlampe um sich schlägt.
Als Brian die Operation überstanden hat, ist er richtig anhänglich gegenüber Justin und sagt ihm zum ersten Mal, dass er ihn vermisst hat. Justin wiederum ist überwältigt vor Sorge und Mitgefühl, als er zufällig einen Anruf von Brians Onkologen hört, und kann nicht fassen, dass Brian die Diagnose für sich behalten und die Operation alleine durchgestanden hat. Er sieht, wie wahnsinnig schlecht es Brian geht und ihm geht das Herz über mit dem Wunsch, ihn zu umsorgen. Als er ihn eines Nachts überredet, vorzeitig aus dem Babylon heimzukehren, hilft er ihm anschließend beim Ausziehen, während Brian nur noch völlig erschöpft vages Zeug von seiner angeblichen Ibiza-Reise faseln kann. Justin wird in dem Moment von einer Welle der Zuneigung überrollt und es sieht so aus, als wolle er ins Brians Brust hineinkriechen, um ihm so nahe wie möglich sein zu können.
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