Shattered - Review Staffel 1
Es dauerte nicht lange, dass sich nach der Ausstrahlung von "Shattered" auf Global/Showcase andere Länder die Serie sicherten. So lief bzw. läuft Callum Keith Rennies Crime- und Dramaserie bereits in mehreren europäischen Ländern, aber auch Südafrika, Japan und Thailand. Da die Serie im eigenen Land Kanada kein Hit wurde, bleibt nur zu wünschen, dass sie international besser einschlägt und bessere Einschaltquoten erzielt.
Achtung, dieser Text enthält Spoiler zur ersten Staffel von "Shattered"!
"Ben, why'd you tell me to shoot?" - "It wasn't me."
Ich glaube, die Hälfte des Hauptcastes ist dem einen oder anderen sicher bekannt. Es sind allesamt sehr bekannte kanadische Schauspieler, die vor allem in der Heimat einen hohen Bekanntheitsgrad haben. Seit seinen Gastrollen in "Battlestar Galactica", "24 - Twenty Four" und "Californication" ist Callum Keith Rennie aber auch international bekannter geworden. Martin Cummins kennen die Fans hauptsächlich aus "Dark Angel", genauso wie Brian Markinson. Molly Parker spielte in vielen erfolgreichen kanadischen Produktionen mit, hatte ihren Durchbruch aber mit der Westernserie "Deadwood", und Ty Olssons bekannteste Rolle ist wohl die des Sam Soloway in "Men in Trees". Die anderen Cast-Mitglieder kennt man nur mehr oder weniger.
Rennie spielt in "Shattered" Ben Sullivan, der an multipler Persönlichkeitsstörung leidet. Von Rennie bekommt man in dieser Serie sehr viele Seiten zu sehen, allen voran seine diversen Persönlichkeiten (Sam, Ivan, Harry und Ted). Außerdem seine verletzliche Seite, wenn er sich nach einem harten Tag und immer häufiger auftretenden Blackouts in seinen Wohnwagen zurückzieht und für sich selbst Zettel als Erinnerungen schreibt, sodass das Geschehene sich nicht wiederholt. Nicht zu vergessen die großartigen Momente mit seiner Serienehefrau Molly Parker, die Ella spielt, von denen es leider viel zu wenige gab. Die Chemie zwischen den beiden Schauspielern stimmt einfach und ist großartig. Man merkt einfach, dass sich die Schauspieler schon seit vielen Jahren gut verstehen und befreundet sind. Sobald Ben Sullivans andere Persönlichkeiten zum Vorschein treten, denkt man einfach nur: Wow! Man bekommt wirklich eine Gänsehaut bei so extremen Übergängen, und Callum spielt diese auch einfach brillant, dass einem oft sogar schlecht wird. Nicht weil es schlecht ist, sondern weil es fast schon zu real ist. Manchmal bleibt ein Lachen aber auch nicht aus, wenn sich beispielsweise sein Ego Harry - der Gigolo - breit macht, obwohl mir dann im nächsten Moment aber schon wieder das Lachen verging, weil man dran denkt, dass es eine ernst zunehmende Krankheit ist und eben keine Erfindung. Die Harry-Szenen haben einen gewissen Touch von "Californication", doch umso bitterer und ernster ist dann wieder der Übergang zu Ben, als er wieder in dessen Realität eintaucht.
Ein ganz großer Pluspunkt für die Serie in meinen Augen war die Verpflichtung von Camille Sullivan, deren Charakter man eine sehr gute Backgroundstory verpasste und die während der ganzen Staffel aufgearbeitet wird. Auch ihre Handlung und Vergangenheit mit dem Reporter Nick Ducet (Michael Eklund) wird von Episode zu Episode spannender, intensiver, aber genauso fragwürdiger. Man weiß oft nicht, wer der Typ eigentlich ist und was er will. Bis einem dann brutal die Augen geöffnet werden, warum Amy ängstlich und eingeschüchtert ihm gegenüber reagiert und sich anfangs wegen seines Nachstellens nicht wehren kann. Von den anderen Charakteren erfährt man leider nicht so viel, sie haben zwar auch eine eigene Story und die plätschert auch so vor sich hin, aber so richtig wird eben nicht auf sie eingegangen. Doch das ist jetzt nicht so besonders auffällig und kommt in anderen Crimeserien oft genug vor, dass eben die Story der anderen Hauptcharaktere in den Hintergrund rückt.
"If you don't feel safe with my husband, maybe you should transfer out of the unit?" - "Okay... You're his wife. He needs you to help him. Do something."
Kommen wir jetzt mal dazu, was mich besonders an "Shattered" überzeugte und was eben nicht. Ein großer Pluspunkt in meinen Augen ist, dass die Macher der Serie dem Zuschauer eigentlich gut vor Augen führten, wie Bens Persönlichkeiten ausgelöst werden. Sei es durch Geräusche, simples Gerede (Wie beispielsweise das Wort "Kind", was in Bens Fall einen hohen Stellenwert hat.) oder auch nur Gerüche. Amy Lynchs Entwicklung gefiel mir sehr, manchmal fast besser als Bens. Sie erschien einem fast schon wieder naiv, als sie dem Reporter wieder eine Chance gab, doch sein wahres Gesicht stellte sich ja auch erst viel später heraus, was ihre Story umso interessanter und spannender machte. Ein ganz großes Highlight waren für mich die Gespräche zwischen dem Psychologen (Markinson) und Ben und wie diese sich im Laufe der Serie immer weiter entwickelten und intensiver wurden. Die Interaktion dabei von Rennie und Markinson war auch einfach nur großartig, und hätte in diesem Fall zwischen diesen beiden Schauspielern die Chemie nicht gestimmt, wäre alles nur weniger glaubhaft gewesen.
Was mir nicht so gefiel, war, dass es zu wenige Szenen zwischen Ella und Ben Sullivan gab und Molly Parker und Callum Keith Rennie ja eigentlich als Ehepaar wirklich überzeugend waren, allen voran die sympathische Molly Parker. Sie glänzte als verzweifelte Mutter, die mit ihren Nerven wirklich am Ende und eigentlich gar nicht mehr klar im Kopf ist, und dann schließlich nur noch Trost in den Drogen findet. Beide - sowohl Ella, als auch Ben - brauchen Hilfe, aber können sich gegenseitig eben nicht helfen, was es umso trauriger macht. Ella trennt sich deshalb auch erst einmal von Ben. Dass man ausgerechnet sie dann vor allem beim großartigen und emotionsgeladenen Finale ausgeschlossen hat, verstand ich schon mal gar nicht. Da das Department eine Spur von Bens Sohn hat, und Ben ihn mit Hilfe des Psychologen ausfindig macht, hätte ich hier an seiner Seite nicht Amy Lynch erwartet, sondern Ella, die Mutter des Jungen. Das Finale gehörte dann zu den besten Folgen der ganzen Staffel, nicht nur, weil es einiges an Fragen beantwortete, nein, es gab diese eine Szene zwischen Ben und seinem Sohn: das Wiedersehen. Diese Szene werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Allerdings wurden mit dem Finale auch wieder Fragen aufgerollt, was ich jetzt nicht so toll finde, aber damals konnte ja keiner ahnen, dass die Serie in der Versenkung verschwindet.
Vergleich: Altes Konzept vs. Neues Konzept
Nachdem ich mal beide Konzepte anhand des nie ausgestrahlten Piloten und der schließlich gesendeten Staffel verglichen habe, bin ich der Meinung, dass es ganz gut war, dass man das Anfangskonzept über den Haufen geschmissen hat. Auch wenn man Bens bzw. Kyles, wie Rennies Charakter damals noch hieß, verschiedene Persönlichkeiten hier drastischer in die Serie integriert wurden, indem sie von anderen Schauspielern in Szene gesetzt wurden und dann wieder gelegentlich von ihm selbst, ging man im endgültigen Konzept mehr auf seine Krankheit ein. Beim Endkonzept bekam man als Zuschauer des Weiteren mehr ein Gefühl für die dissoziative Identitätsstörung, auch wenn man das nie nachempfinden kann. Die Anfangsbesetzung wirkte im Vergleich zur Endbesetzung ebenfalls mehr als nur blass, und zwischen ihnen herrschte überhaupt keine Chemie. Und dass Kyles andere Egos fast ständig präsent waren und um ihn herum schwirrten, hat mich verwirrt, um nicht zu sagen, total verstört. Allein Colin Cunningham und Gabrielle Rose konnten neben Rennie und Markinson überzeugen, und beide hätte ich auch gerne in der eigentlichen Umsetzung gesehen, doch Markinson, der anfangs einen Inspektor spielte, übernahm Roses Job als Psychologe, was der aber auch brillant umsetzte. Selbst die Spannung wurde beim alten Konzept herausgenommen, denn mit seiner Krankheit ging man gleich offen um, es gab keine Geheimnisse. So ging die Spannung doch etwas flöten und die Idee, dass man seine Persönlichkeiten für Ermittlungen ausgenutzt hätte, hat mir von Anfang an nicht gefallen.
Fazit
Auch wenn "Shattered" das Genre Crime jetzt nicht neu erfunden hat, hat mir die Serie trotzdem gefallen. Sie war wirklich ernst, anspruchsvoll und unterhaltsam, auch wenn nicht jede Episode überzeugen konnte. Das hatte ich gar nicht erwartet. Das ganze Konzept und die Idee allein, einen an einer multiplen Persönlichkeitsstörung leidenden Polizisten im Einsatz zu haben, der das auch noch verheimlicht, fand ich einfach gut. Doch das Ganze ging leider nicht auf. Die Serie wird mit aller Wahrscheinlichkeit im Archiv von Global/Showcase verrotten. Ich hätte mich über eine Verlängerung gefreut, doch diese wird immer unwahrscheinlicher, haben doch die Hauptdarsteller schon neue Jobs an Land gezogen. Wie Camille Sullivan in "Rookie Blue" oder Callum Keith Rennie in "Alphas".
Dana Greve - myFanbase
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