The Americans - Review des Piloten
Als Jahrgang 1983 habe ich den Kalten Krieg größtenteils verpasst, aber auch den Menschen, die den Kalten Krieg miterlebt haben, ist sehr Vieles entgangen. Wie oft die Welt wirklich am Rande eines Atomkrieges stand und welche perfiden Machenschaften sich zwischen dem Westen und dem Osten abgespielt haben, kam erst Jahre nach Ende des Kaltes Krieges heraus. So manche brisante Wahrheit wird noch immer unter Verschluss gehalten.
Der Kalte Krieg wurde nicht mit schweren Waffen geführt, sondern war eine Schlacht der Intrigen, der Spionage und des Verrats. Das Verhältnis zwischen dem kapitalistischen Westen und dem kommunistischen Osten blieb durch Misstrauen und ideologische Unterschiede über Jahrzehnte auf gefährliche Weise vergiftet. Beide Seiten haben Dinge getan, auf die sie jetzt nicht mehr stolz sein dürften.
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Eine Serie wie "The Americans", die sich dem Kalten Krieg widmet, kann auf jeden Fall schon einmal von sich behaupten, ein ebenso schwieriges wie faszinierendes Thema gewählt zu haben. Die Pilotfolge gestaltet sich auch tatsächlich recht viel versprechend und schafft es, die richtige Atmosphäre zu erzeugen. Der Kern des Kalten Krieges, all dieses Misstrauen, die Paranoia, der gegenseitige Verrat und der aufgestaute Druck, der sich jederzeit auf sehr gewaltsame Weise entladen könnte, wird gut erfasst.
Natürlich ist es ein verdammt großer Zufall, dass der FBI-Agent Stan Beeman, der gerade zur Spionageabwehr gewechselt ist, ausgerechnet gegenüber zweier KGB-Agenten einzieht, doch spiegelt diese Konstellation die Gegebenheiten zwischen der USA und der Sowjetunion zu dieser Zeit wider. Beide Seiten misstrauen einander schon, bevor sie dem jeweils anderen überhaupt einen Grund dazu geliefert haben, und steuern dann auf die Eskalation zu.
Besonders interessant ist das Verhältnis zwischen den beiden KGB-Agenten Phillip und Elizabeth, die völlig Fremde füreinander waren, als sie "verheiratet" wurden. Sie wissen nichts über die wahre Identität des jeweils anderen und dürfen kein russisch miteinander sprechen. Damit ihre Tarnung als nettes US-Durchschnittspaar noch besser funktioniert, mussten sie Kinder bekommen. So sind sie nun Eltern zweier ahnungsloser, junger Amerikaner, deren Welt auf unvorstellbare Weise zusammenbrechen würde, sollten sie die Wahrheit erfahren. Dass Kinder nur zum Zwecke der Tarnung gezeugt wurden, von zwei Menschen, die man einander zugeteilt hat, verdeutlicht die Perfidität des gesamten Illegals Programs, wie diese Einschleusung von KGB-Agenten in die US-Gesellschaft genannt wurde.
Seit vielen Jahren das verheiratete Paar zu spielen, fern der kommunistischen Heimat zu leben und Kinder zusammen zu haben, wirkt sich selbstverständlich auf Phillip und Elizabeth aus. Phillip fühlt sich inzwischen in den USA sehr wohl, er geht mit seinen Kindern typisch amerikanischen Freizeitbeschäftigungen nach und mag die Annehmlichkeiten des Kapitalismus, seien es Klimaanlagen, Schuhe, Sportbekleidung oder Eiscreme. Seine Loyalität gilt inzwischen mehr seiner Familie als seinem Heimatland.
Bei Elizabeth sieht die Sache anders aus. Sie ist nach wie vor eine sowjetische Patriotin und verhält sich allem Amerikanischen gegenüber, einschließlich ihrer Kinder, zumeist recht distanziert. Obwohl Phillip ihr gesteht, dass er kein Vollblutkommunist mehr ist, deckt sie ihn und sucht sogar stärker seine Nähe. Dies scheint allerdings weniger das Ergebnis echter Zuneigung zu sein, als vielmehr ein Trick, um Phillips Liebe auszunutzen. Elizabeth hat erkannt, dass ihr Mann alles für seine Familie tun würde und sie ihn manipulieren kann. Elizabeth weckt in den Zuschauern Unbehagen und Neugier zugleich. Wie weit würde sie wirklich für ihr Land gehen? Wäre sie sogar bereit, ihre eigenen Kinder zu opfern, wenn es ihr befohlen wird?
Optisch ist "The Americans" überwiegend in dunklen Farben gehalten, die ein Gefühl der Bedrohung wecken. Nebenbei gibt es für die modernen Zuschauer von heute ein Wiedersehen mit Schreibmaschinen, Schnurtelefonen und Röhrenfernseher. Auch die musikalische Untermalung führt uns zurück in die ganz frühen 1980er Jahre. Wer sich also grundsätzlich für dieses Jahrzehnt interessiert, sowohl für die politischen und gesellschaftlichen Zustände als auch für die Mode, die Musik und die Technik, kommt bei "The Americans" auf jeden Fall auf seine Kosten.
Fazit
Es wäre übertrieben, die Pilotfolge zu "The Americans" als das Highlight der Fernsehsaison 2012/2013 zu bezeichnen, dennoch offenbart dieser Auftakt viel Potential. Die Mischung aus Spionagethriller und Familiendrama ist interessant und weiß zu fesseln. Es entsteht die richtige Atmosphäre. Wer ein bisschen Geschichtsinteresse mitbringt, kann durchaus eine Menge aus dieser Serie mitnehmen.
Maret Hosemann - myFanbase
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