The Halcyon - Review des Piloten

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The Halcyon
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Zugegeben, es ist aber auch eine undankbare Aufgabe: Als am 1. Weihnachtsfeiertag 2015 nach sechs Staffeln und 52 Episoden "Downton Abbey", eine der erfolgreichsten britischen TV-Serien überhaupt, beim britischen Sender ITV ihr Ende fand, war der Appetit nach einem gebührenden Nachfolger groß. Mit "The Halcyon", das Ende 2015 angekündigt wurde und dann schließlich ab Anfang 2017 ausgestrahlt wurde, hoffte der Sender, den nächsten großen Wurf zu machen. Unweigerlich wurden ob der Opulenz der Produktion und auch des eigenen Anspruchs Vergleiche zu "Downton Abbey" angestellt, mit denen auch jetzt, nachdem "The Halcyon" ein Jahr später bei EntertainTV in Deutschland anläuft, eifrig geworben wird. Kann die Serie die hohen Erwartungen erfüllen? In England stand zu diesem Zeitpunkt bereits seit einigen Monaten fest: nein. Die Zuschauerzahlen blieben klar unter den Erwartungen und "The Halcyon" wurde nach einer nur acht Episoden umfassenden ersten Staffel eingestellt.

Unabhängig davon, dass es keine guten Voraussetzungen für ein auf mehrere Jahre ausgelegtes Medium ist, wenn es in seiner Dauer arg verkürzt wird, stellt sich aber die viel interessantere Frage, ob "The Halcyon" denn inhaltlich überzeugen kann. Das Historiendrama, das in London 1940 spielt, gibt sich auf jeden Fall alle Mühe, etwaige Bedenken über die Qualität zu zerstreuen: "The Halcyon" mit seiner opulenten Optik und einer Präsentation, die hochqualitativ und schlichtweg beeindruckend ist, sieht vor allem richtig gut aus. Man sieht, dass hier das nächste große Prestigeprojekt geplant war.

"I'm your employer, not a guest."

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Olivia Williams, The Halcyon
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Das zeigt sich auch an der Auswahl der Darsteller. Neben Steven Mackintosh hat man sich einen Schauspielveteranen an Boot geholt, der in Deutschland wohl am ehesten durch seine Rolle als DCI Ian Reed in "Luther" und natürlich durch Guy Ritchies "Bube Dame König grAs" bekannt ist. Mit Olivia Williams kam dann ein richtiges britisches Schauspielschwergewicht mit hinzu und auch sonst hat man eine gute Mischung gefunden aus Routiniers und hoffnungsvollen Talenten, wie beispielsweise Hermione Corfield, die in ihrer gerade mal gut dreijährigen Schauspielkarriere bereits in einigen großen Filmproduktionen mitspielen konnte (u.a. "King Arthur: Legend of the Sword" und jüngst "Star Wars: Die letzten Jedi") . Und wenn das mal nicht reichen sollte, kann man ja immer noch zur Steigerung des Wiedererkennungswert Jamie Cullum (er steuerte auch zwei Songs zum Soundtrack bei) oder Beverley Knight als Sänger innerhalb der Serie beschäftigen. Zumindest insoweit man das anhand des Piloten beurteilen kann, kann man aus darstellerischer Sicht "The Halcyon" wahrlich nichts vorwerfen. Das Schauspiel ist durch die Bank gut. Gerade Olivia Williams als Lady Hamilton wird im weiteren Verlauf der Staffel sicherlich eine gewichtigere Rolle spielen als in der ersten Episode, insbesondere auch aufgrund der Ereignisse in den letzten Minuten der Folge. Denn interessanterweise war sie bisher noch eher eine Randerscheinung, konnte in der kurzen Zeit aber bereits zeigen, warum sie immer wieder für anspruchsvolle Rollen gecastet wird.

"You keep my secrets, I keep yours."

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Matt Ryan & Hermione Corfield, The Halcyon
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Wirklich hervor tun kann sich indes dennoch vorerst noch niemand. Eine der wesentlichen Gründe dafür dürfte auch insbesondere in der Funktion von #1.01 Ein schweres Erbe liegen: es müssen nun mal einige Figuren vorgestellt, miteinander in Verbindung gebracht, die Story angeleiert und das Setting präsentiert werden. Auch wenn der Pilot trotz der durchaus zahlreichen Figuren angenehm unhektisch wirkt, ist da zwangsläufig keine Zeit, um einen stärkeren Fokus zu legen. Das ist Aufgabe der nächsten Episoden.

Bereits jetzt fällt aber auf, dass man nichts dem Zufall überlässt - und sich damit letzten Endes übernimmt. Es werden eifrig die ersten Intrigen geschmiedet. Natürlich geht es um viel Macht und damit auch Sex. Zwischen der jungen Rezeptionistin und Tochter des Hotelleiters und ihrem Jugendfreund, dem Sohn des Hotelbesitzers und damit dessen designiertem Erben, wird mehr als offensichtlich angedeutet, dass der Wunsch nach einer Romanze besteht, wird bisher aber noch verhindert. Und zum Glück gibt es da ja noch den feschen US-amerikanischen Radiomoderator, der neu in der Stadt ist, und der sicherlich das Liebesdreieck vervollständigen wird. Praktischerweise ist er der Outsider, aus dessen Sicht dann auch noch der Zuschauer Einblick in diese eigenartige Welt erhält. Der unweigerliche Konflikt zwischen der englischen Elite, die im prachtvollen Fünf-Sterne-Hotel ein und aus geht und den angestellten Hotelmitarbeitern, wird in den nächsten Episoden sicherlich ebenso eine Rolle spielen. Und ganz nebenher besteht allerhand Potential für persönliche wie politische Skandale, denn ja, "The Halcyon" spielt nicht umsonst im Zweiten Weltkrieg – im Hotel werden auch wichtige politische Entscheidungen diskutiert, wie unter anderem die Frage, ob Neville Chamberlain weiterhin der richtige Premierminister ist bzw. ob Winston Churchill dessen Nachfolger werden soll und welche Rolle Adolf Hitler dabei spielt.

In diesen Momenten fragt man sich, ob sich "The Halcyon" nicht ein wenig zu viel vornimmt, vor allem aber wirkt die Serie dann schon sehr wie am Reißbrett entworfen und man kann gut nachvollziehen, warum sie gern selbst mit dem Vergleich zu "Downton Abbey" kokettiert und Olivia Williams selbst "The Halcyon" als "sexier Downton" bezeichnete. Ein wenig zu berechnend wirkt es schon, die Erfolgsformel des großen Vorbilds derart offensichtlich aufzunehmen. Im Nachhinein lässt es sich natürlich leicht sagen, dass es sich eine nach der ersten Staffel eingestellte Serie bisweilen ein wenig zu leicht macht, aber einer der Gründe für den Misserfolg war vor allem auch das verhaltene Kritikerecho im Vereinigten Königreich, bei dem die obigen Aspekte allesamt nicht allzu positiv weg kamen.

Fazit

Im Grunde ist alles enthalten, um aus "The Halcyon" eine tolle Serie zu machen. Die Pilotfolge bietet einen schauspielerisch überzeugenden und optisch eindrucksvollen Auftakt. Aber manchmal ist das Ergebnis eben doch weniger als die Summe seiner Einzelteile, was auch vor allem an der arg bemühten Vergleichbarkeit zu "Downton Abbey" und den soapig-kitschigen Elementen liegt. Das Potential ist jedoch zweifelsohne vorhanden und gerade Fans von "Downton Abbey" und allerhand Intrigen und Machtspielchen in britischen Historiendramen können sicherlich ihren Spaß an der kurzlebigen Serie haben.

Andreas K. - myFanbase

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