The Last Man on Earth - Review des Piloten
Die Dystopie als Prämisse für eine TV-Serie kann längst als etabliert bezeichnet werden. Seit Jahren erfreuen sich postapokalyptische Szenarien großer Beliebtheit in der Popkultur, was man nicht zuletzt an der Popularität von Serien wie "The Walking Dead" oder von Buch- bzw. Filmreihen wie den "Hunger Games" oder "Maze Runner" sieht. Die Vorstellung einer Zukunft, in der die Menschheit durch irgendeinen Grund auf wenige Überlebende dezimiert wurde, ist gleichsam düster und spannend, und als Ausgangspunkt für eine Geschichte immer interessant. Doch während man diese Idee bislang vor allem in dramatische Formate verpackte, so will FOX in "The Last Man on Earth" nun eine komödiantische Herangehensweise wagen – und punktet damit in vielen Belangen.
"The Last Man on Earth" ist, man kann es ruhig so sagen, eine Serie, wie es sie bislang noch nie gegeben hat – und allein das ist schon mal ein Statement. Ex-"Saturday Night Live"-Star Will Forte schultert das Projekt nicht nur als Hauptdarsteller, sondern auch als Drehbuchautor und Produzent, und wartet mit unerwarteter Originalität und einem großartigen Händchen für Tragikomik auf. Als Darsteller des Protagonisten Phil Miller stemmt Forte mal eben komplett alleine die Pilotfolge und liefert dabei eine herrlich absurde One-Man-Show ab. Phil irrt seit Jahren alleine über den amerikanischen Kontinent, dessen Bevölkerung nach dem Ausbruch eines Virus komplett ausgerottet zu sein scheint. Nachdem er mit seinem Wohnwagen alle 50 Festlandstaaten der USA durchquert und niemanden angetroffen hat, ist es für ihn besiegelt: Er ist wohl der letzte Mann auf der Erde.
Was diese Erkenntnis mit einem Menschen machen kann, zeigt der Pilot in einer großartigen Mischung aus astreinem Slapstick und rührender Melancholie. Der komödiantische Aspekt rührt von Phils völliger Missachtung sämtlicher Regeln, die angesichts der Situation keinerlei Hand und Fuß mehr haben. Phil spielt Bowling auf dem Parkplatz – von Kegeln über Tischlampen bis hin zu Aquarien und Autos ist alles dabei –, randaliert im Supermarkt, klaut sich Oscar-Statuen und den Teppich aus dem Oval Office für seine neue Villa. Mit seinem riesigen Rauschebart und seiner Nonchalance gibt Forte einen sympathischen Phil ab, der zwar seinen Spaß dran hat, mal so richtig die Sau rauszulassen, dem das Alleinsein bald jedoch ganz schön zusetzt.
Hier kommen wir zur tragischen Komponente von "The Last Man on Earth". Phils Einsamkeit wird so gut transportiert, dass man als Zuschauer selbst von dieser geradezu klaustrophobischen Atmosphäre mitgerissen wird. Leere Straßen, leere Supermärkte, leere Häuser, leere Autos, überall Leere. Dieser Sog des Alleinseins bringt Phil irgendwann dazu, Gespräche mit Gott und später mit Volley-/Tennis-/Fuss- etc.. bällen zu führen (Tom Hanks lässt grüßen), nur um mit irgendjemandem zu reden. Der tragikomischste (und schamvollste) Punkt des Piloten ist erreicht, als Phil vor lauter Einsamkeit eine Schaufensterpuppe anflirtet und sich fast schon der Fantasie hingibt, sie sei echt – bis er ihr die Plastikhand schüttelt und diese abfällt.
Phil erreicht hier seinen persönlichen Tiefpunkt, will seinem Leben ein Ende setzen – doch da sieht er in der Ferne ein Rauchzeichen und seine Erleichterung über mögliches menschliches Leben da draußen ist von solcher Kraft, dass einem auch als Zuschauer ein Stein vom Herzen fällt. Es ist in Folge #1.02, in der Phil dann auf sein weibliches Pendant Carol trifft. Keine Geringere als die fantastische Kristen Schaal ("Flight of the Conchords") tritt hier Will Forte gegenüber und auch wenn die zweite Folge einige Entwicklungen enorm schnell durchexerziert – am Ende beschließen Phil und Carol kurzerhand, zu heiraten, damit sie ihrer Pflicht nachkommen können, die menschliche Rasse am Leben zu erhalten –, so erscheint das Zusammenspiel Forte/Schaal schon jetzt enorm vielversprechend. Natürlich ist Carol als komplettes Gegenteil zum Tölpel Phil aufgebaut, eine regelkonforme, grammatikversessene Frau, die ihr Auto auch in Zeiten postapokalyptischer Ödnis nicht auf dem Behindertenparkplatz abstellen will. Doch obwohl Carol anfangs etwas arg verrückt wirkt (vor allem ihr Pochen auf eine Eheschließung wirkt übertrieben), so ist die Figur dennoch nicht als totale Nervensäge konzipiert: Man versteht, dass Carol an den Regeln festhält, da sie sonst nicht weiß, wie sie ihre Menschlichkeit überhaupt noch aufrechterhalten soll – und wenn man Phil sieht, der vor lauter Desolation tagsüber im Margarita-Pool dahinschnarcht ("There's really no wrong way to use a margarita pool.") und sein Haus mit Müll überquellen lässt, sieht man schnell, dass der Grat zwischen einem würdevollen Leben und dem Verfall sehr schmal ist.
Die Gratwanderung zwischen Tragik und Komik gelingt "The Last Man on Earth" jedenfalls ganz hervorragend. FOX beweist Mut, indem es diesem ungewöhnlichen Format Vertrauen schenkt, doch es ist Vertrauen, das gewiss sehr gut investiert ist. Will Forte bietet mit den ersten beiden Episoden von "The Last Man on Earth" wirklich solide, teilweise enorm witzige Comedyunterhaltung und bricht mit der wichtigsten Regel der Comedywelt: nämlich der Erhaltung des Status Quo. Es geht hier um eine Entwicklung, eine voranschreitende Erzählung. Die Serie verspricht das Paradoxon, vor einem desolaten Hintergrund existenzielle Fragen mit viel Humor zu behandeln und macht sich seine ungewöhnliche Prämisse schon in seinen zwei Auftaktfolgen sehr gut zu Nutze (Stichwort: Auto-Bowling, toilet fountain, Jenga, Ghostbusters-Titelsong). Eigenwillig, hochgradig lustig und sympathisch – das macht Lust auf mehr.
Maria Gruber - myFanbase
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