Das Geheimnis von Twin Peaks - Review

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Lynch erschafft in "Twin Peaks" ein eigenes kleines Universum. In einer nordwestlichen Kleinstadt, die von der Holzgewinnung lebt, wird die Menge von teils liebenswerten, teils unheimlichen Exzentrikern, die die Einwohnerschaft ausmachen, durch ein scheinbar unlösbares Mysterium vereint: Wer tötete Laura Palmer?

Foto: Sheryl Lee, Twin Peaks - Copyright: Paramount Pictures
Sheryl Lee, Twin Peaks
© Paramount Pictures

Der Erzählungsbogen um Laura Palmer, der die erste Staffel und die erste Hälfte der zweiten Staffel umfasst, zeigt "Twin Peaks" in Höchstform. Lynch und Frost schaffen hier den Drahtseilakt, die Zuschauer mit einer Prise absurden Humors zu unterhalten, während sie sie gleichzeitig niemals aus dem Würgegriff des Entsetzens um Lauras Tod entlassen, der das kollektive Unterbewusstsein von Twin Peaks gefangen hält.

Wiederkehrende Pointen wie der "verdammt gute Kaffee", die tagtäglich maßlos übertriebene Menge Donuts, Deputy Andys Missgeschick, der greise Kellner, der in Rätseln sprechende Riese oder der tanzende Zwerg im Roten Raum bleiben der Fangemeinde gleichermaßen für immer im Gedächtnis, wie die Tiefen der Trauer und Gewalt, die Lynch in dieser Serie nach und nach freilegt. Kaum ein Anblick kann herzzerreißender sein als Leland Palmer, dessen Haare über Nacht weiß geworden sind, wie er bei einem familiären Abendessen mit Freunden der Familie zu Ehren Lauras seine gequälte Version von "Get happy" singt. Ray Wise vollbringt in dieser Szene eine Glanzleistung. Ebenso gehört der Mord an einem jungen Mädchen im Lauf der zweiten Staffel zu den aufwühlendsten Darstellungen der Brutalität im TV bis heute.

Foto: Sherilyn Fenn, Twin Peaks - Copyright: Paramount Pictures
Sherilyn Fenn, Twin Peaks
© Paramount Pictures

Viele der Darsteller vollbringen in "Twin Peaks" die Bestleistung ihrer Karriere. So gewann Kyle MacLachlan für seine Darstellung des Agent Cooper 1991 den Golden Globe und erhielt zwei Emmy-Nominierungen, während Sherilyn Fenn (Bild rechts) ebenso mit einer Golden Globe- und einer Emmy-Nominierung für ihre Rolle der Audrey Horne bedacht wurde. Unvergleichlich aber auch einzelne Momente, wie der im Krankenhaus, als Big Ed den Zusammenhang zwischen Nadines Augenklappe und der Tatsache darlegt, dass er sich plötzlich in einem Leben mit einer Frau wiederfand, die er nicht liebt. Diese Rede ist gleichzeitig tief berührend und überraschend lustig. Der Blick auf Agent Rosenfield (brillant von Miguel Ferrer dargestellt), wie er Big Eds Rede mit einer sarkastischen Geste quittiert, ist ein meisterhaftes Beispiel, wie Lynch emotionale Effekte verpackt.

Foto: Copyright: Paramount Pictures
© Paramount Pictures

Aus einem Kurzfilm, der als DVD-Extra veröffentlicht wurde, erfährt man, dass nie geplant war, das Geheimnis um Lauras Palmers Mörder zu lüften. Der Sender ABC entschied anders und forderte, dass Lauras Mörder im Laufe der zweiten Staffel gefunden und demaskiert werden müsse. Nach diesem Ereignis verliert sich die Serie stellenweise in Grotesken. Übermenschliche Kräfte nach einem Selbstmordversuch sind ebenso zu sehen wie Gewalt an einem paralysierten Mann und Verkleidungsspiele, wodurch die ursprüngliche Stärke der Serie, düstere Strukturen durchsetzt mit einmaligem lynchesquen Humor, ein wenig in den Hintergrund gerät. Da ursprünglich eine dritte Staffel geplant war, wurden zwar einige Elemente, die für diese vorgesehen waren, bereits in die zweite eingearbeitet, dennoch verlässt uns die Serie mit einem der gemeinsten Cliffhanger der Seriengeschichte.

Die Eulen sind nicht, was sie scheinen.

Nicole Oebel - myFanbase

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