Up All Night - Review des Piloten

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Eine Comedyserie über frisch gebackene Eltern weist nicht gerade die spannendste Prämisse auf – jedenfalls nicht, wenn man selbst kinderlos ist. Doch das neue NBC-Serienprojekt "Up All Night" stellt sich als kleiner Rohdiamant mit viel Potential heraus.

Das ist nicht zuletzt dem hochkarätigen Cast zu verdanken, insbesondere Will Arnett ("Arrested Development", "30 Rock") und Christina Applegate ("Eine schrecklich nette Familie"), die glaubwürdig das erfolgreiche, hippe Pärchen verkörpern und auf dem TV-Bildschirm jede Menge Chemie an den Tag legen.

Gleich der Einstieg ist sehr gelungen. Hauptfigur Reagan und ihr Ehemann Chris sitzen auf dem Badezimmerboden und warten nervös auf das Ergebnis des Schwangerschaftstests, welches ihre bisher geordnete und unbeschwerte Welt durcheinanderzuwirbeln droht. Wie es das Schicksal so will, ist das Resultat positiv – was Reagan dazu bringt, in einen nervösen Monolog auszubrechen, in dem sie mit Galgenhumor und sehr zum Amüsement des Zuschauers darüber sinniert, dass das Kind sie nach Chris' Tod wenigstens vor der Einsamkeit bewahren wird.

Zeitsprung – mehr als neun Monate später: Amy ist nun auf der Welt. Reagan wie Chris schmachten ihr Baby liebevoll an, können sich dabei aber Kraftwörter aus ihrer Vor-Elternzeit nicht verkneifen. Der Übergang vom hippen Liebespaar zu seriösen Eltern erfolgt eben nicht über Nacht. Nachdem Reagans Zeit im Mutterschutz endet, steht auch schon wieder ihr Arbeitsalltag als TV-Produzentin vor der Tür. Der Morgen vor dem ersten Arbeitstag gestaltet sich aber als Hürde, die man selbst dann nachvollziehen kann, wenn man keine eigenen Kinder hat. Überschüssige Schwangerschaftspfunde verhindern, dass sie den Reißverschluss ihrer Hose so schnell wie früher hochbekommt. Nebenbei sieht sie zu allem Überfluss vor ihrem geistigen Auge einen Fernsehmoderator, der sie verspottet und ihr ein schlechtes Gewissen macht.

Auf Reagans Arbeitsstelle bietet sich dann ein Bild, das in krassem Kontrast zu ihrem geerdeten Privatleben steht: Ihre Chefin Ava erfüllt jedes nur denkbare Klischee, welches sich mit neurotischen, launigen Bossen assoziieren lässt. Sie ist durchgeknallt, brüllt im Korridor herum, bricht schon einmal ein Hubschrauber-Date ab, um Reagan zu einer Privatfete einzuladen und ist auch sonst mehr Karikatur denn realistischer Charakter. Maya Rudolph hat zweifelsohne komödiantisches Talent und harmoniert im Zusammenspiel mit Christina Applegate. Aber leider haben die Drehbuchautoren einen ziemlich aufdringlichen, überdrehten Charakter aus Ava gemacht, der jetzt schon viel Nervpotential besitzt.

Vielleicht gelingt es der Serie ja, Ava und ihre Show behutsamer einzusetzen und daraus ein echtes Goldstück für "Up All Night" zu machen. Momentan hinkt dieser Strang noch. Was aber für den Piloten nicht schlimm ist, denn Chris' und Reagans Privatleben macht das wieder wett. Besonders lustig wird es, wenn man Chris dabei beobachtet, wie er den Alltag ohne Reagan zu meistern versucht und dabei von Käse und alten Omas in den Wahnsinn getrieben wird. Man kann gar nicht anders, als ihn zu mögen – hallelujah, endlich mal eine liebenswürdige Rollenfigur für Will Arnett.

"Up All Night" gelingt hier eine ideale Balance. Der Stress und die Gewissensbisse junger Eltern werden deutlich, wenn die Reagan und Chris darüber diskutieren, wer denn nun nachts aufgewacht ist und wer die Augen geschlossen hatte. Oder auch, wenn Reagan am Telefon Amys Stimme hören möchte und sich am Ende zwischen Ava und ihrer eigenen Familie entscheiden muss. Gleichzeitig bleibt aber auch der Spaß nicht auf der Strecke – in vollen Zügen genießt das Paar seinen Beziehungsjahrestag, singt, lacht und feiert, ganz ohne schlechtes Gewissen. Zu den süßesten Momenten gehört die Schlussszene, als Mutter, Vater und Baby im Freien auf einer Decke liegen und Reagan ihrer Tochter versichert, dass sie trotz später Arbeitsdienste immer für sie da sein wird und später einmal im Altenheim stolz ihren anderen Mitbewohnern erzählen wird, dass sie Besuch von ihrer Tochter Amy erwartet.

Fazit

Wie die meisten Comedypiloten kommt auch "Up All Night" nicht ganz ohne Schwachpunkte aus, wozu im Moment vor allem der lahme Ava-Plot gehört. Auf der Plusseite hat die Serie einen starken Cast mit viel Chemie zwischen den Hauptdarstellern und skizziert das Elterndasein voller Realismus, Humor und Liebe zum Detail, ohne das Bedürfnis zu verspüren, Mücken zu Elefanten aufzubauschen. Dranbleiben könnte sich hier lohnen.


Eva T. - myFanbase

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