FedCon XXI - Samstag, 19. Mai 2012
William Shatner
Captain Kirk! Leibhaftig auf der Bühne. Mit zwei großen Brüdern, die "Star Trek"-Fans sind, bin ich mit dem Franchise aufgewachsen. Captain Picard stand in Lebensgröße im Zimmer eines meiner Brüder, wenn "Star Trek" im Fernsehen lief, nahmen sie keine Anrufe ihrer Freunde entgegen, geschweige denn dass ich das Programm hätte umschalten dürfen. Ich wusste von dem Aufschrei der Fans, als Picards Befehl "Engage!" plötzlich mit "Energie!" anstatt wie vorher mit "Beschleunigung!" übersetzt wurde und auch die Originalserie lief bei uns rauf und runter, so dass ein Szenenfoto von Captain Kirk inmitten der Tribbles in einem Zeitalter ohne Internet oder FedCon das Geburtstagsgeschenk für meinen Bruder war, auf das ich jahrelang besonders stolz war. Zumal es wirklich nicht schwerfiel, die Episode mit den Tribbles schon als Kind zu lieben. Und nun stand William Shatner leibhaftig vor mir auf der Bühne und ich konnte im Grunde nur an eines denken: Denny Crane! Kein Wunder, die Zeiten dieser schrägen Figur aus "Boston Legal", die William Shatner so grandios verkörpert hat, liegen eben noch nicht solange zurück, so dass er optisch einfach vielmehr an Denny Crane erinnert, während von dem schönen Captain Kirk nicht mehr allzu viel zu erahnen ist. Beeindruckend ist nichtsdestotrotz, wie topfit dieser mittlerweile 81-Jährige noch ist. Die meiste Zeit blieb er auf der Bühne in Bewegung, wanderte immer auf die Seite der Bühne, von wo aus die Frage gestellt wurde, machte hier und da einen Witz, lachte selbst herzlich über skurrile Situationen, und teilte in erster Linie unheimlich interessante Gedanken mit dem Publikum und sprach wie ein Mensch, der so viel erlebt und erreicht hat, aber noch längst nicht müde ist. Ein beeindruckender Mann!
Die Standing Ovations zur Begrüßung wollten gar kein Ende nehmen, als es aber doch soweit war, begann Shatner zunächst damit, was er über Jahrzehnte über Conventions gelernt habe. In dem Buch "Get a life" hat er seine Gedanken niedergeschrieben, wobei der Buchtitel natürlich mit einem Augenzwinkern zu verstehen ist. Zudem hat er gerade eine gleichnamige Dokumentation fertiggestellt, und hier bezieht sich der Titel darauf, was Fans und vor allem Conventionbesucher sich gerne mal von Außenstehenden anhören müssen. Menschen, die niemals kennengelernt haben, wie es ist, Fan zu sein, neigen dazu, die Spezies "Fan" ein wenig belächeln, weil sie nicht verstehen, was vor sich geht. Shatner erklärte aber, dass er ganz genau gelernt habe, was bei einer Convention wirklich vor sich geht. Gleichgesinnte kommen zusammen, um einander zu sehen, sich austauschen zu können, miteinander Spaß zu haben, Ideen zu entwickeln, sich selbst darzustellen, ihre Gedanken mit anderen Fans genauso wie mit den Stars aus den jeweiligen Filmen oder Serien zu diskutieren. Conventions sind sozusagen Club-Versammlungen. Und gerade im Bereich der Science Fiction ist es sogar noch viel mehr als das, es ist die Entwicklung moderner Mythologie.
Interessanterweise zielte die erste Frage nicht auf "Star Trek" ab, sondern auf "Boston Legal". Wieviel William Shatner stecke in Denny Crane. Shatner witzelte, Denny sei ein seniler alter Mann gewesen und wir würden im Laufe des Panels schon herausfinden, wie sehr sie einander ähneln. Etwas ernster aber meinte er dann, er glaube daran, dass das kontinuierliche Auswendiglernen und Sprechen des gelernten Textes Training für das Gehirn sei, das Senilität und Verfall vorbeugt. Durch die Rolle konnte er also vielmehr erforschen, wie dramatisch dieser Verfall für einen Menschen ist, ohne es selber erleben zu müssen. Abgesehen davon stecke er immer 100 Prozent seiner selbst in seine Rollen. Ein Schauspieler oder Entertainer könne immer nur sich selbst bieten und hoffen, damit sein Publikum zu erreichen.
Auch die nächste Frage blieb beim Thema Denny Crane. Es ging darum, ob er viel zur Entwicklung seiner Rolle beigetragen habe. Shatner erklärte, dass David E. Kelley ein so herausragender Autor sei, dass man seine Drehbücher nicht leichtfertig verändere. Allerdings hatte er Einfluss auf eine der liebenswert skurrilen Besonderheiten Denny Cranes. Nämlich der, dass der alternde Anwalt seinen Namen so oft nennt. Kelley hat dies in einer Szene so geschrieben und Shatner versuchte zu verstehen, warum Denny so oft seinen Namen sagen sollte, und erinnerte sich dabei daran, dass Eidechsen ihre Zunge so oft herausstrecken, um die Luft um sie herum und damit die Lage abzuchecken. Shatner sah da eine Parallele und sprach mit Kelley darüber, dass es bei Denny Crane so sein könnte, dass er mit der ständigen Nennung seines Namens in dieser bestimmten Szene ebenso die Lage abchecken könnte. Kelley gefiel dieser Gedanke so sehr, dass diese Marotte die gesamte Zeit der Serie über ein typisches Merkmal für Denny Crane wurde. Obwohl Kelley nicht oft zum Set kam, sah er sich die Aufnahmen immer direkt am nächsten Tag an und reagierte mit der Entwicklung der Figuren auf die Darstellung der Schauspieler. Shatner sieht dies als eine der besten Qualitäten, die ein Autor haben kann, und empfindet entsprechend die Arbeit an "Boston Legal" als die elektrisierendste seiner gesamten Karriere.
Ob Shatner gerne noch einmal in die Rolle des Captain Kirk schlüpfen würde? Liebend gerne, sagt er, aber er sieht keine Möglichkeit dafür. Mit J.J. Abrams hatte er ein gemeinsames Mittagessen vor der Produktion des Films, aber ihn als Kirk in den Film hineinzuschreiben, war nicht machbar. Leonard Nimoy wiederum hatte einen Gastauftritt und Shatner sagte zu ihm "I told Leonard, you know you're old when you go back in time and you're still old. ...he didn't laugh too hard on this.”
Ein herrlicher Moment mit umso mehr Lachen entstand, als ein zehnjähriger Junge namens Nico die Frage stellte, welches seine Lieblingsepisode gewesen sei. Shatner hatte zwar jetzt keine einzelne Episode parat, knüpfte aber an das beeindruckende Phänomen an, das er zuvor bereits erwähnt hatte, dass ihm in seinem Leben immer wieder junge Menschen begegnet seien, die ihm gesagt haben, "Star Trek" habe sie zu ihrer Berufswahl – Luftfahrt, Raumfahrt, technische Berufe – inspiriert. Der kleine Nico schien nicht komplett alles, was Shatner sagte zu verstehen und war auch nicht mehr ganz so nah am Mikro, als Shatner ihn nach seinem Namen fragte. Es kam nur "Ico" an, und Shatner bat ihn, sich vorzustellen, wie es wäre, wenn Zeitreisen möglich wären. Plötzlich wiederholte der Junge seinen Namen nochmal laut und deutlich, was einen vermuten lässt, dass er gar nicht so viel verstanden haben dürfte, was Shatner da erzählte. Über diesen spontan witzigen Moment mussten alle, einschließlich Shatner, herzlich lachen.
Zum Schluss sprach er nochmal auf das Mysterium an, das der Weltraum darstellt, und das Abenteuer, gemeinsam Antworten auf unsere Fragen zu finden. Dafür gibt es u.a. Conventions und dort kommt die Gemeinde der SciFi-Fans zusammen.
Nicole Oebel - myFanbase
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