Seriencamp 2015 in München
A Camp, Girls Rock Camp, BarCamp… Camps, wohin man blickt! Warum also kein Seriencamp? Der Bau beim Museumsareal der 1966 gegründeten Hochschule für Fernsehen und Film München wurde nun für vier Tage genau dazu. Unter der Flagge von Hauptsponsor Sky fanden in den Räumlichkeiten rund 20 Serienscreenings kostenfrei statt.
Zudem wurden auch an allen vier Tagen Panels angeboten. Als Plattformen zur Diskussion gab es für Interessierte zum Beispiel "Soundtrack in Serie". Hier diskutierte der Film- und Serienkomponist Stephan Massimo ("Sternenfänger" mit Nora Tschirner, verschiedene Musiken zu "Tatort"-Filmen) mit dem Publikum, das teilweise aus Nachwuchskräften bestand, über Soundtracks. Sein eigenes Beispiel: "Die Wanderhure". Im Vergleich mit "Game of Thrones", wo man auf eine Wiederholungsmelodie wie bei der "Lindenstraße" setzt (ein Ohrwurm, der im Fall der deutschen Serie mehr auf Wiederholung, als auf Qualität baut), entwickelte sich das epische Orchester über die drei Teile hinweg, passend zu Iny Lorentzs Figur, die immer selbstbewusster wurde. Während des Panels ließ man verschiedene Songs, Trailer und Szenen, wie beispielsweise aus "Lost" auf sich wirken.
Die Zuhörer, die in das Kino 2 rein- und rausschlüpfen konnten, fragten das Mastermind von über 400 Soundtracks, das seine Arbeitsweise auch dank technischer Erneuerungen ständig verändert und meistens auf Drehbücher und Rohschnitte komponiert, ob er sich jemals eine Musicalfolge wie bei "Buffy - Im Bann der Dämonen" oder "Scrubs - Die Anfänger" im deutschen Fernsehen vorstellen könnte. Der selbsterklärte Musicalhasser betonte, wichtig sei, immer Neues zu wagen – gäbe es eine Musicalfolge des "Tatorts", wäre das nur ein müder Abklatsch. Beeindruckt war er dann aber doch von "Ally McBeal" und deren Einbindung von wiederkehrenden Songs – oder Robert Downey Jrs Performance mit Sting. "Damals hatte man noch Spaß in Amerika!" Seit 9/11 sei die "Leichtigkeit durch".
Seriesly AWESOME baute am Samstagabend mit dem Publikum eine eigene Serie. Die Macher dieses Blogs hielten zuvor eine humoristische Einlage zum Thema "Spoiler Alert" – ein Fluch, den jeder Serienjunkie auf die eine oder andere Weise kennt! Zu den "The Big TV Theories"-Veranstaltungen gab es, wie bei jedem guten Fernsehabend Chips, auch wurden Poster von "Doctor Who" und Turnbeutel mit Naschkram von "Mann/Frau" verteilt. "Dressed for Success, Dressed for Killing" über Mode in Serien wie "Mad Men", fiel krankheitsbedingt leider aus.
Für rund 50 Euro (für Studierende der HFF die Hälfte) stand der Freitag, der 16. Oktober, unter dem Stern des Professional Days. Die meisten Workshops hatten den Schwerpunkt zum Stand der Serien in Deutschland, wie beispielsweise die Vorstellung innovativer Neustarts wie der ZDFneo-Produktion "BLOCKBUSTAZ" sowie eine illustre Runde namens "Inside the 'Writers' Room'". Natalie Spinell hat als Abschlussarbeit einen Serienpiloten gedreht – eine Premiere an der HFF – und möchte mit "Urban Divas" in die legendären Fußstapfen von Helmut Dietl treten. Das große Interesse der deutschen Sender an eigenproduzierten Serien – wie VOX mit der Buchverfilmung von "Club der roten Bänder" – ist momentan sicher nicht nur dem Publikum geschuldet oder dass mehr Geld für Qualität da wäre. Denn Serien wie "Deutschland 83" lassen sich auch wunderbar ans teilweise anspruchsvollere Ausland verkaufen.
Doch auch internationale Gäste waren vor Ort: Produzentin Rola Bauer ("Spotless") hielt eine Keynote, Danny Brocklehurst sprach über die Entwicklung von "The Five" und Sky Italia stellte eine Case Study zu ihren erfolgreichen Eigenproduktionen vor. Denn eine kulturelle Vielfalt stand beim Seriencamp an allen vier Tagen im Vordergrund, wie mit dem britischem "The Fall" sowie dem skandinavischen "Jordskott"! Deutscher Vertreter: die Preview zu den genialen, brandneuen "Tatortreiniger"-Folgen. Und vor allem das Sky-Highlight "The Last Panthers" in der Deutschlandpremiere zu sehen, lässt die Zuschauer natürlich die Entscheidung leichter fällen, ob sie diese Serie im heimischen Wohnzimmer künftig "bingewatchen" sollen oder nicht.
Sehr außergewöhnlich: Die Dokumentation "Showrunners" (u. a. mit Joss Whedon). Etwas ungünstig: Den Start der sechsten Staffel der "Pretty Little Liars" in einer Doppelfolge Sonntagmittag, denn hier hörte SUPER RTL damals nicht auf – und nicht jeder hatte Gelegenheit, per TNT Glitz, DVD oder Video on Demand nachzuholen! Andere bestens bekannte Lieblinge waren "The Walking Dead" und Nick Jonas in "Grandsons of Anarchy".
Das kleine Festival schloss am Sonntagnachmittag ganz passend mit einer Folge zum Plagiatswahn von "Walulis sieht fern". Denn bei aller Orientierung zum Ausland hin, der Diskussion zu neuen Arten, Serien zu schreiben - viele der Festivalfernen Serien aus Deutschland beziehen sich nämlich auf genau dieses Kopieren, siehe der "Breaking Bad"-Verschnitt "Blochin". Antihelden als Helden? Gut. Doch statt Abkupfern sollten auch neue Ideen, wie am Professional Day vorgeführt, im Vordergrund stehen. Das hat das Seriencamp jetzt erarbeitet und gezeigt – seien wir gespannt, wie eine nächstjährige Fortsetzung aussehen könnte. Um einen Titelsong zu zitieren: "Es wird viel passieren...".
Simone Bauer - myFanbase
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