Weinberg - Review
#1.03 Dämonen

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Geister, Dämonen und eine Beerdigung. In der dritten Folge "Dämonen" wird die Stimmung in Kaltenzell nur noch düsterer. Es gibt einen ersten Verdächtigen im Mordfall Sophia, inwieweit man den Vermutungen des Bürgermeisters aber trauen kann, ist mehr als fraglich.

Foto: Stella Herberg, Weinberg - Copyright: TNT Serie/Martin Rottenkolber
Stella Herberg, Weinberg
© TNT Serie/Martin Rottenkolber

Der größte Teil der Folge beschäftigt sich damit, dass der Held mehr über den mysteriösen Tod von Adrians Schwester Marie vor zehn Jahren zu erfahren versucht. Und um es schon einmal vorweg zu nehmen: Er kommt nicht sonderlich weit. Wie ich in meiner letzten Review bereits vermutet hatte, handelte es sich bei dem Geist, den unser gedächtnisloser Protagonist in der Ruine sieht, tatsächlich um Adrians Schwester. Alles was wir bisher wissen, ist Folgendes: Frau Schreiber war zum damaligen Zeitpunkt Adrians und Maries Kindergärtnerin und als sie die beiden einmal kurz aus den Augen verlor, muss es zu dem Unglück gekommen sein. Der Großteil von Kaltenzell scheint von einem Unfall auszugehen, allerdings wird auch die Theorie des "Krappenmanns" genannt. Eine Gestalt, die ihre Opfer mit einem Haken in die Tiefe des Flusses zerrt. Ich persönlich glaube nicht unbedingt an die mysteriöse Gestalt und stimme der Psychologin vollkommen zu, wenn sie sagt, dass mit dieser Legende die "inneren Ängste" der Menschen zum Ausdruck gebracht werden sollen. Diese Vermutung bestätigt sich im Übrigen, als der Held von Adrian an Maries Grab die Bestätigung bekommt, dass es kein Unfall war. Zwar antwortet der ansonsten stumme Bürger Kaltenzells auf die Frage, wer Marie getötet hat mit "der Krappenmann", ich schließe aber aus seiner anschließenden, wieder an Panik grenzenden Reaktion, dass er die Person, die er bei diesem Namen nennt, kennt, aber Angst davor hat, sich jemandem anzuvertrauen.

Viel interessanter finde ich an dieser Stelle, was Adrian damit meint, als er sagt "Ich war ihr kleiner Prinz". Redet er von Sophia, von Marie oder von jemand ganz anderem? Eine weitere Frage, die wir in unseren stetig länger werdenden "Weinberg"-Fragenkatalog mit aufnehmen können. Die Frage, die unseren Helden während dieser Folge besonders beschäftigt, ist, wieso er den Geist von Marie überhaupt sieht und ob sie ihm vielleicht etwas mit ihrem Erscheinen sagen will. Er weiß sich nicht mehr zu helfen und versucht auf eigene Faust, Kontakt mit ihr aufzunehmen. Er hockt also plötzlich auf dem Boden seines Zimmers in der Pension und versucht umringt von Kerzen Maries Geist zu beschwören. Leider wirkte das Ganze so lächerlich wie es klingt. Allerdings passiert es dann tatsächlich: Der Protagonist wird von seinen Mini-Visionen heimgesucht und sieht Marie kurz, allerdings kann er nicht mit ihr reden. Es klopft an der Tür und Frau Zepter will wissen, was er tut. Als sie von seinem Vorhaben erfährt schlägt sie ihm vor, dass er sich damit doch besser an die Friseurin Bärbel wenden soll. An dieser Stelle habe ich mich gefragt, wieso in diesem seltsamen kleinen Örtchen Kaltenzell eigentlich niemand auch nur ein wenig verdutzt ist , wenn es um Menschen geht, die mit Geistern sprechen wollen oder - wie in Bärbels Fall - angeblich können. Man könnte ja eigentlich davon ausgehen, dass die einzige Erscheinung, an die sie glauben, die von Jesus ist. Ein weiteres Mysterium dieses kleinen Ortes an der Ahr, das Kaltenzell irgendwie noch unberechenbarer erscheinen lässt.

Foto: Jenny Schily, Laura Tonke & Arnd Klawitter, Weinberg - Copyright: TNT Serie/Martin Rottenkolber
Jenny Schily, Laura Tonke & Arnd Klawitter, Weinberg
© TNT Serie/Martin Rottenkolber

Nun macht sich der Held also das erste Mal auf zu Bärbel, doch diese lehnt seine erste Bitte nach einer Kontaktaufnahme mit den Toten ab und warnt ihn: "Ihre Seele tanzt vor einem Abgrund". Und schon fragt sich diese leise Stimme in meinem Hinterkopf mal wieder, ob der Held nicht doch etwas mit dem Tod von Sophia zu tun haben könnte. Als der Gedächtnislose nach den Ereignissen auf Sohias Beerdigung erneut um Bärbels Hilfe bittet, willigt sie ein und nimmt ihn mit zu einer Séance vor den Mauern des "Krappennests". Was man zu Beginn des Spektakels noch belächelt, führt innerhalb von Sekunden erst zu Stirnrunzeln und dann zu offenen Mündern. Als der Held seine Augen öffnet, hält er plötzlich die Hand der toten Sophia und auf der anderen Seite die von Sophias Geist. Damit aber noch nicht genug: Die Folge endet mit einem wieder mal gelungenen Cliffhanger. Marie öffnet ihren Mund und sagt: "Er war da". Wer war da? Der Krappenmann? Adrian? Ein Bewohner von Kaltenzell? WER?! Ich befürchte wir müssen bis zur nächsten Folge auf eine Antwort warten... oder sogar bis zum Finale?

Das zweite große Thema der Folge war zweifellos die Trauer von Sophias Vater, die langsam aber sicher in Wut umschlägt. Zunächst stellt er Ulf beim Fußballtraining zur Rede und will wissen, ob er von den Erotik-Videos, die Sophia gedreht hat, gewusst hat. Als dieser ihm nicht recht sagen will, was Sache ist und ihm den Spiegel vorhält, indem er ihm sagt, dass Sophia ihre Eltern dafür gehasst hat, dass sie so kontrolliert wurde, zeigt sich zum allerersten Mal seine aggressive Seite: Er packt Ulf am Kragen und droht im Schläge an; wer weiß, was passiert wäre, wenn die beiden alleine gewesen wären. Gerds Wut steigert sich im Laufe der Folge ins Unermessliche: Erst erfährt er von den Videos, dann geht ihn Ulf so schroff an und schließlich erfährt er kurz vor Sophias Beerdigung, dass Adrian Donatius der erste Verdächtige ist. Als die Familie Donatius schließlich auf der Beerdigung seiner Tochter auftaucht und auch nach der Bitte, diese zu verlassen, keine Anstalten macht sich zurückzuziehen, platzt es aus Herrn Fink heraus: "Ich ertrage es nicht, dass der Mörder meiner Tochter hier bei uns steht". Er schäumt förmlich vor Wut und kann nur mit Mühe beruhigt werden.Die gesamte Folge lang habe ich mir die Frage gestellt, ob es sich bei seinem Verhalten um Trauer oder nicht sogar Reue oder etwas ähnliches handelt. Hat er vielleicht geahnt, dass seine Tochter in Gefahr schwebt und bereut es nun, dass er ihr nicht helfen konnte? Oder ist er wirklich der trauernde Vater, der die Phasen der Trauer nur intensiver durchlebt als seine Frau? Durch Zepters falsche Anschuldigungen gegenüber der Polizei und Lisas Tratschen beim Friseur verurteilt Sophias Vater Adrian ohne überhaupt irgendwelche Beweise zu haben. Um ehrlich zu sein kann ich mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen, dass Sophias Vater direkt etwas mit dem Tod seiner Tochter zu tun hat, ganz ausschließen mag ich es aber noch nicht.

Es gibt für mich zum jetzigen Zeitpunkt noch keinen richtigen Sympathieträger in der Serie. Dadurch, dass so ziemlich jeder verdächtig ist, hat man keine Figur, mit der man mitleidet oder der man es wünscht, nicht Sophias Mörder zu sein. Der einzige, der sich annähernd in diese Richtung bewegt, ist Adrian. Allerdings kann ich im Moment schlecht einordnen, ob es Mitleid ist, das überwiegt: Er ist der seltsame Junge, den alle bis auf den Helden merkwürdig und unheimlich finden, und das begründen sie damit, dass er nicht spricht. Was hat der Junge am Tag, an dem seine Schwester starb, Schreckliches miterleben müssen, so dass er seitdem keinen Ton mehr sagt? Adrian traut dem Helden offensichtlich so sehr, dass er ihm gegenüber seine Scheu vor dem Sprechen ablegt und versucht, mit ihm zu kommunizieren. Genau wie zum Tod seiner Schwester scheint er auch mehr über Sophias Mord zu wissen und hinterlässt Hinweise. Ich lege mich an dieser Stelle fest und sage, dass, obwohl wir Adrian am Ende der ersten Folge blutverschmiert neben Sophias Leiche gesehen haben, er nichts mit ihrem Mord zu tun hat und diesen vielmehr aufklären will. Da ihm aber offensichtlich die Mittel dazu fehlen, verbündet er sich mit dem einzig anderen seltsamen und undurchschaubaren Menschen in Kaltenzell: dem Helden. Es scheint so, als würde er die Geheimnisse der Kaltenzeller kennen, außer denen des Neuankömmlings.

Foto: Rainer Sellien, Jonah Rausch & Victoria Trauttmansdorff, Weinberg - Copyright: TNT Serie/Martin Rottenkolber
Rainer Sellien, Jonah Rausch & Victoria Trauttmansdorff, Weinberg
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Adrian ist ein perfektes Beispiel dafür, wie sich Gerüchte und Anschuldigungen in kleinen Gemeinden verbreiten wie ein Lauffeuer. Zepter wusste genau, was passieren würde, als er den Polizisten gegenüber behauptet, dass er Adrian am Tag von Sophias Tod vom Weinfest hat verschwinden sehen. Ihm war durchaus bewusst, dass Lisa lauscht und dass sie ihren Mund nicht halten kann. Und schon sitzt sie beim Friseur und der Tratsch geht los. Plötzlich will jeder schon immer gewusst haben, dass mit Adrian etwas nicht stimmt und dass ihm auch Morde zuzutrauen sind. In dieser Situation können die Eltern eigentlich immer nur das Falsche tun: Gehen sie nicht zu Sophias Beerdigung machen sie ihren Sohn nur noch verdächtiger, was aber passiert, als sie sich dann doch entschließen zu gehen, haben wir in der Folge gesehen: Ein (vielleicht unschuldiger) junger Mann wird vor der versammelten Dorfgemeinschaft bloßgestellt und darf sich nun wohl auf einen Spießrutenlauf in Kaltenzell gefasst machen. In mir löst das Ganze einen Beschützerinstinkt gegenüber Adrian aus, denn meiner Meinung nach versucht er durch sein wiederholtes Ausbrechen aus dem elterlichen Haus Kontakt mit jemandem aufzunehmen, von dem er das Gefühl hat, das er ihn versteht. Er wird vom Helden nicht für seine seltsame Art verurteilt und kann sich ihm mitteilen. Das er seine kryptischen Sätze loswerden kann, scheint für ihn eine Art Beruhigung zu sein und ihm fallen Steine vom Herzen.

Randnotizen

  • Was ist eigentlich mit Lisa los? Zuerst macht sie Selfies mit Sophias Krone und dann klaut sie auch noch die Schärpe der Weinkönigin aus dem Grab. Hat sie noch nie etwas von der Totenruhe gehört?
  • Läuft man an der Ahr neuerdings mit Dirndln rum? Frau Schreiber scheint einen neuen Trend ins Leben zu rufen. Das sollte ich mir für meinen nächsten Heimaturlaub merken.
  • "Was sollen denn die Finks denken?" - Diese Frage kommt mir nur allzu bekannt vor. In einem kleinen Dörfchen geht der Klatsch und Tratsch schon bei den kleinsten Kleinigkeiten los (nur so am Rande der Randnotiz: Matt war doch noch auf der Beerdigung. Da hat das schlechte Gewissen wohl doch nachgeben müssen.).
  • Eine Puppe, die in der Badewanne vor sich her schwimmt und ein Kind, dass mehr oder weniger gut Flöte spielt: Ich bin mir ja nicht sicher, ob dem Spannungsaufbau diente oder ob das eine tiefere Bedeutung hat...


Alles in allem hat mir die dritte Folge schon besser gefallen als die zweite. Ich mag es, wie Kaltenzell immer merkwürdiger wird, und dass unser Held immer mehr die Initiative ergreift. Außerdem habe ich das Gefühl, dass Adrian bald eine Bombe platzen lassen könnte, vielleicht wartet er nur auf den geeigneten Moment. Was aber auch in dieser Folge auffällt ist, dass es bisher nur einen Menschen zu geben scheint, der Sophia so wirklich vermisst: Matt. Leider wird hier schon eine Möglichkeit verpasst einen Charakter zu schaffen, mit dem man mitleiden kann. Man ist umgeben von jeder Menge mysteriösen und unheimlichen Menschen in Kaltenzell, es wäre doch schön, wenn man mal jemandem begegnen würde, der echte Gefühle hat. Aber vielleicht kommt da ja noch was, ich gebe die Hoffnung noch nicht auf.

Fazit

"Dämonen" hält was es vom Titel her verspricht: Der Held setzt sich mit Maries Geist auseinander und begegnet dabei interessanten Gestalten und Sophias Vater muss mit seinen eigenen Dämonen kämpfen. Eine Folge, die jede Menge neuer Fragen und Verdächtige mit ins Spiel bringt und die Kaltenzell nur noch gruseliger erscheinen lässt. Die Folge endet mit einem tollen Cliffhanger, der mich gespannt und erwartungsfroh zurücklässt. So soll es sein!

Nicola Porschen - myFanbase

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