Willkommen in Gravity Falls -
Review des Piloten

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Trotz meines mittlerweile doch schon fortgeschrittenen Alters muss ich gestehen, dass mich in letzter Zeit oftmals gerade Comedy-Serien für Kinder mehr begeistern können, als es die meisten der für Erwachsenen geschriebenen Stoffe des gleichen Genres tun. So kann ich mich köstlich bei "Phineas und Ferb" amüsieren, ich werde ganz nostalgisch bei den alten Folgen und auch Filmen der "Muppet Show" und auch epischere Werke wie "Avatar – Der Herr der Elemente" können mich richtig begeistern. Dabei handelt es sich aber nicht um Nostalgie, denn all diese Kleinode habe ich entweder erst als Erwachsene kennengelernt, oder sie sind sogar noch brandneu, wie auch die Disney-Serie "Willkommen in Gravity Falls", um die es hier ja in erster Linie gehen soll.

Von "Willkommen in Gravity Falls" ist auch in den USA erst eine Staffel mit 20 Episoden ausgestrahlt wurden (eine zweite ist aber bereits geordert), und nun, ab dem 24. Februar 2014 sendet auch die deutsche Ausgabe des Disney Channels (glücklicherweise seit Januar im Free-TV empfangbar) dieses Kleinod der Kinder-Comedy-Unterhaltung. Auf den ersten Blick hat diese Serie schon mal alles, was mein Herz begehrt. Ein schräges, aber nicht zu bedrohliches Setting, liebenswert skurrile Charaktere, die ganz viel Herz haben und Comedy vom Allerfeinsten.

Inhaltlich dreht sich "Willkommen in Gravity Falls" um die beiden Zwillingsgeschwister Dipper und Mabel, im Original gesprochen von Jason Ritter und Kristen Schaal. Die werden in das kleine verschlafene Städtchen Gravity Falls in Oregon, zu ihrem Onkel Stan geschickt, um bei ihm die Ferien zu verbringen. Sie entdecken schnell, dass in Gravity Falls einige Geheimnisse verborgen liegen und werden mit merkwürdigen Kreaturen konfrontiert. Dabei ist die Serie optisch und auch vom Humor her eine wilde Mischung aus pittoresker Kleinstadtgeschichte, nicht unähnlichen dem Umfeld einer Kultserie wie "Twin Peaks" (an die gleich zu Beginn ein malerisch animierter Wasserfall erinnert, was sicher kein Zufall ist), und Gruselmysterie-Serie wie "Akte X". Nur eben für Kinder, mit herrlich liebenswerten Hauptfiguren, die aber nicht so lieb und nett sind, wie es sich manche Eltern wünschen, sondern einen eher dazu einladen, mit ihnen als Freunde Zeit zu verbringen. Eben auf die junge Zielgruppe ausgerichtet, aber keine überkandidelten Helden aus dem Actioncomic, einfach Kinder. Spätestens als die großartige Mabel am Ende des Piloten ihre Begeisterung für einen Enterhaken in allen Lebenssituationen kundtat, hatte man mich in Bezug auf die Charaktere jedenfalls vollkommen um den Finger gewickelt.

Denn so mancher Erwachsener mag das nicht hören wollen, aber was die erfrischend natürlich Darstellung von allen Figuren, die nicht dem Standardbild des männlichen Otto-Normaljunge entspricht, haben die Kindersendungen denen für die älteren Semester schon lange den Rang abgelaufen. Da dürfen Mädchen einerseits irrationale Wesen mit Schwärmfaible für Vampire sein, aber gleichzeitig viel mehr bad ass als ihre männlichen Pendants. Und das ohne viel Aufhebens darum zu machen, es ist einfach so. Und wenn in "Willkommen in Gravity Falls" ein Bruder seine Schwester dafür anhimmelt, dass sie einfach cool ist, obwohl sie gleichzeitig dennoch wie man so schön sagt ein richtiges Mädchen ist, dann macht das Spaß und bietet ohne auch nur einmal den Zeigefinger bedrohlich zu heben, die Vorlage für großartige Mädchenvorbilder.

Ein weiterer Aspekt, den "Gravity Falls" gemeinsam mit den anderen Vertretern der gehobenen Kinder-Unterhaltung vereint, ist dass der Humor dieser Serien eben nicht über billiges Abfeiern von Vorurteilen generiert werden kann, denn das geht hier einfach nicht. Keine schlüpfrigen Witze über Erwachsenenthemen, mit denen es sich so manche Serien aus dem Hause Chuck Lorre (aber nicht nur die) so leicht machen, denn schließlich lachen einige Zuschauer auch weit nach der Pubertät noch allein deshalb, wenn man einmal gewisse Körperteile einfach nur beim Namen nennt. Versteht mich nicht falsch, gut gemachter bissiger Humor ist toll, eine Serie wie "Archer" werde ich wohl meine Kinder nie vor ihrem 18. Geburtstag schauen lassen obwohl ich sie abgöttisch liebe, aber das alleinige erwähnen solcher angeblich politisch unkorrekten Dinge macht diese noch lange nicht lustig. Da empfinde ich es als doch wesentlich kreativer, ohne eben solche einfachen Provokationen bissigen, intelligenten und kreativen Humor zu erzeugen. Und davon hatte diese erste Folge von "Willkommen in Gravity Falls" einiges zu bieten. Und das, obwohl ich mir sicher bin, dass durch die Synchronisation sicher die ein oder andere Nuance verloren gehen und ich auch weiß, dass gerade Kristen Schaal im Original sicher eine Wucht ist. Aber im Hause Disney hat man in den letzten Jahren durchaus einiges an Fingerspitzengefühl auch in Bezug auf die Synchronisation bewiesen, gerade "Phineas und Ferb" sind hier ein sehr gutes Beispiel.

Ebenfalls erwähnen muss man die gelungene Animation der Serie. Auf den ersten Blick fallen da natürlich die sehr runden und irgendwie kindlich gezeichneten Charaktere auf, dahinter verbirgt sich aber eine wahnsinnige Liebe zum Detail, die in den Zeichnungen verborgen sind. Da werden versteckte Symbole eingestreut zu allen möglichen Themen, der Vorspann ist sowohl vorwärts als auch rückwärts abspielbar und am Ende der Episode gibt es zusätzlich noch geflüsterte geheime Botschaften, die wohl das große Geheimnis der Serie langsam aufdecken sollen. Man merkt, hier arbeiten Zeichner und Autoren mit viel Liebe zu ihrer Tätigkeit und bringen diese in jedem kleinsten Detail zum Ausdruck.

Aber auch ohne zu sehr auf diese Details am Rande zu achten, kann man glücklicherweise "Willkommen in Gravity Falls" gemeinsam mit Jung und Alt genießen, denn der Humor trifft den Geschmack von allen Altersgruppen und ist zudem noch in spannende und aufregende Geschichten verpackt, zumindest verspricht dies die erste Episode. Aufgrund der aus den USA herüberschwappten guten Kritiken der Serie und den vielen Möglichkeiten, die das Setting bietet, bin ich da sehr zuversichtlich und freue mich darüber, eine weitere spritzige Comedy-Serie gefunden zu haben, die meine Kinder und ich gemeinsam anschauen können. Und allen, denen diese Elternperspektive noch fremd ist, sei "Willkommen in Gravity Falls" auch wärmstens ans Herz gelegt, denn die Serie braucht sich bisher hinter Vorbildern wie "Die Simpsons" und "Futurama" nicht zu verstecken.

Cindy Scholz - myFanbase

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